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Und als sie ihn neben feiner; Tochter da
draußen hingebettet hatten den Herrn Rechts
anwalt, als der Metropolitan zu den zahlreichen
Leidtragenden ergreifende Worte gesprochen und
die Liedertafel „Ueber allen Wipfeln ist Ruh" —
gesungeu hatte, da war alles vorüber, die aus
wärtigen Verwandten waren abgereist, und ver
schüchtert und vereinsamt saßen die beiden trauernden
Frauen schließlich in dein stillen Hause ganz allein.
„Aber, wenn auch Du, liebe Line, wieder in
Dein eigen Heim zurückgegangen sein wirst, und
die Schulserien sind zu Ende, — dann —"
klagte die blasse Wittwe.
„Dann bleibe ich bei Dir, liebe Schwägerin,
dann bin ich bereit, mein Heim und alles, was
ich bin und was ich habe, Dir und den Kindern
zu opfern. Wir werfen unser Soll und Haben,
unser Wollen und Können einfach zusammeil, wenn
Du einverstanden bist, Frauzel, iinb bleiben zu
sammen bis -- and) wir dereinst zur Ruhe
gebettet werden."
Aus alter und neuer Jett.
Landgraf Wilhelm der Weise und das
B a sil i s k e n - Ei. In den von I usti und H a r t -
m a n n 1799 herausgegebenen „Hessischen
Denkwürdigkeiten" Theil II findet sich aus
Seite 50 die nachfolgende Anfrage des Land
grafen Wilhelm IV. von Hesfen wegen eines
B a s ili sken - Ei es veröffentlicht, als ein Beweis
„wie groß noch im sechszehnten Jahrhundert die
Macht des Aberglaubens gewesen sein müsse, daß
dieser Landgraf, ein fönst sehr verständiger kluger
und gelehrter Fürst, der unter den preiswürdigen
hessischen Regenten eine vorzügliche Stelle verdient,
und der den Namen des Weifen nicht mit Un
recht führte, sich nicht nur mit astrologischen
Grillen abgeben, sondern auch nachfolgenden Brief
an Vietorinus Strigelius schreiben konnte". Dieser
Brief lautet:
„Land gravius Wilhelmus ad Victorinuin
Strigelium, 19. Sept. 1578.
Hochgelart er lieber Getreuer. Wir haben bis
dahero vor ein Fabelwerk gehalten, was man von
einem Basilisco sagt, daß nemlich derselbe ans
einem vom Hanen gelegten Ey geboren werden
solle. Nun mögen wir Euch gnädig nicht ver
halten, daß nur gestern unser Hauptmann Simon*)
Uns untertheniglich berichtet, welchergestalt ime
ein Han geschenket worden von groser Art, aber
gar alt, also daß er auch nicht mehr auf ein
Reck fliegen können, sei der Gertner daselbst,
welcher den Hanen zur Aussicht und Verwahrung
gehabt, zu ime kommen und gesagt, daß derselbig
alte Han den ganzen Morgen bis 6 Stunden
lang aufm Nest gesehen, und tvie ein Hun, das
*) Gemeint ist Simon Bing, einer der bekanntesten
Rathgeber des Landgrafen.
da legen wolle, gegaaket habe. Eltdlich sei er
vom Nest gelaufen, hat der Gertner das von ime
gelegte Ey genommen und unsernt Hauptman
noch etwas warmlechtig zubracht, sei dasselbige
gar kugelrund und so gros, wie eilt hnney feye,
weit rötlichter, doch gar glatt, als wans poliret.
Darauf wer er unser Haitptmann zu gefahren und
hätte das Ey zertrennet, den hauen aber in
2 Stücken von einander reysen und beyden Mit
der Brücke liegenden Wachthnnden vorwerfen laßen,
hätte der eine nichts vom Hanen, der andere aber
sein vorgeworfen Theil gehen, wer aber draus
von stunden umbgefallen und gestorben.
Wandt Wir den unsern Hauptmann der Auf
richtigkeit wißen, das er uns in dem allen die
Wahrheit berichtet, so begereit wir gnädiglich, Ihr
wollet Uns euer judicium hinwieder eröffnen,
ob Wale aus solchem Ey, da es ganz blieben und
auskonnnen Wäre eures Erachtens ein Basiliscus
hätte werden dürfen oder nicht. Uns verdrenßt
sehr übel, daß er den Hanen so bald hat um
bringen laßen dan wir vermutet, ein lapidem
Uedorium *) darvvn zu bekommen. Wollen wir
euch also gnediglich nicht verhalten und seynd euch
mit gnaden geneigt, datum 19. September anno 78.
W i 1 h e 1 in u s Land. Hass.“
B ernh. Chrn. D uysing, welchem die „Hes
sischen Denkwürdigkeiten" diesen Beitrag verdaicken,
weiß jedoch nicht, wer dieser Vietorinus Strigelius
gewesen ist und wie derselbe die Wißbegierde des
hessischen Fürsten befriedigt hat. Justi kann
ebenfalls über Strigelins keine weitere Auskunft
geben. ..Der berühmte Theologe dieses Namens",
sagt er in einer Anmerkung, „der an dem streit
süchtigen Matth. Fla ein seinen heftigen Gegner
*) Hahnenstein.