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Die ehemalige Burg Wallrao über Schmalkalden.
Von Otto Gerl and.
>SchluÜ ) (Nachdruck verboten.)
enden wir uns nun zur Einrichtung der
Burg selbst. Sie hatte, wie wir gelegent
lich eines Streites zwischen dem Grasen
Heinrich XII. und den Kindern des Grafen
Wilhelm II. von Henneberg aus dem
Jahre 1444 erfahren, zwei Eingänge, das Haupt
thor nach der Stadt zu und eine Hinterpforte
an der südöstlichen Seite; diese letztere ist in
ihren Ueberresten, dem Thorbogen und einer, der
alten Besestignngskunst entsprechend, von allsten
gesehen rechts, um einem Angreifer die nicht
durch den Schild gedeckte Seite treffen zu können,
angebrachten Schießscharte, noch erhalten in der
die beiden nach der Queste zu gelegenen Zwinger
trenlienden Mauer an deren südlichem Ende. Die
vor diesem Thor befindliche Zugbrücke ist erst
bei Anlage des Schlostgartens beseitigt worden.
Nach der Stadt zu wird die Burg keinen Graben
besessen haben, weil sie hier durch den steilen
Absturz des Bergkegels, der gerade dort seine
höchste Erhebung hatte, genügend geschützt war.
Der dortige, selbstverständlich durch ein Thorhaus
überbaute Haupteingang wird also wohl nur
mittelst eines Fallgatters und mittelst eisen
beschlagener Thorflügel gesichert gewesen sein. Eben
so bedurfte die Burg auf der Nord- und Südseite
nicht der Anlage eines Grabens, weil auch dort
der Berg steil genug abfiel, um hinlänglichen
Schutz zu gewähren. Der Südabhang nach dem
Stillethal zu war dermaßen mit Dorngestrüpp
besetzt, daß bei Anlage des Schlostgartens im
Jahre 1602 je ein Paar Handschuhe für die
mit dem Ausreisten der Dornen beauftragten sechs
Arbeiter beschafft werden mußte. Die am
meisten gefährdete Stelle der Burg war eben die
von der Queste überhöhte Ostseite, deshalb war
dort ein doppelter Graben angebracht und der
Ausgang zur Burg vom Schmalkaldethal her an
der Stelle, wo der Sattel zwischen der Queste
und der Schloßkuppe beginnt, mit einem niedrigen,
jetzt als Schuppen dienenden, mit Schießscharten
versehenen Werk gesperrt. Nicht ganz in der
Mitte der die beiden Gräben trennenden Mauer,
sondern etwas mehr nach Süden zu war ein
Thurm, der noch vorhandene Wallrabsthnrm
angebracht, der, mit Verließen versehen, von
seinem obersten Geschoß aus einen Ueberblick über
beide Ausstiege zum Schloßberg gewährte und
die Bestreichung des zwischen der Queste und dem
äußeren Graben herführenden Wegs, sowie des
von diesem zum äußeren Graben und des von
da zum inneren Graben führenden (bereits er
wähnten) Eingangs ermöglichte. Nach Geisthirt
soll, um dies hier zu erwähnen, dieser Thurm
erst 1592 erbaut sein; seine ganze Lage, Ein
richtung und Konstruktion sprechen ihm aber ein
viel höheres Alter zu*), und es kann sich daher
Geisthirt's. Nachricht nur darauf beziehen, daß
der Thurm gelegentlich des Baus der Wilhelms
burg zu einem modernen Gefängniß umgebaut
worden ist. In den genannten Zwingern müssen
wir uns allerhand Wirthschaftsgebäude unter
gebracht denken.
Die Burg selbst scheint Anfangs nur aus der
Wohnung für die Herrschaft (dem Palas), die
stets nach Süden zu gerichtet war, und den er
forderlichen Nebengebäuden, zur Unterbringung
der Begleitung und der Dienerschaft, zur Wohnung
des Burgvogts, zur Aufnahme der Rüstkammer
und dergl. bestanden zu haben, da der Wart
thurm, der Bergfried, erst 1311 erbaut worden
ist.**) Bei der hohen Lage der Burg mag man
einen besonderen Wartthurm früher nicht für
nöthig gehalten haben. 1311 wurde nun der
mit einem Verließ und mit 8 Fuß dicken Mauern
versehene Thurm erbaut. Er muß auf der west
lichsten Spitze der Schloßkuppe gestanden haben,
wo sich die beiden Abhänge nach der Stille und
nach der Schmalkalde zu berührten, da man von
diesem Punkt aus auch am besten alle drei sich
hier vereinigenden Thäler und die zu ihnen von
den Bergen hinabziehenden Wege überschauen
*) Vergl. hierüber Laske in Laske und Gerland' s
„Schloß Wilhelmsburg bei Schmalkalden".
**) Bei seiner Niederlegung fand man einen Stein mit
der Jahreszahl 311, was selbstverständlich, da im Jahr
311 von den Deutschen noch keine Thürme gebaut wurden,
nur eine Abkürzurg oder auch Verstümmelung der Zahl
1311 sein kann.