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„Selbst Friedrich Kind", schreibt HossmeUteu.
„würde außer Stande gewesen sein, einen solchen
Text nochmals zu tiefern und dann — gehört zu
einem .Freischütz' auch einzig .ein Carl Maria von
Weber. Ein solches Zusammentreffen aber rvird
sich wohl niemals wieder ereignen, wie denn über
haupt Kunstschöpsungen dieser Art und dieser
Größe einer Wiederholung nicht fähig, sondern
immer nur einmal vorhanden sind. Friedrich
Kind war ein sehr mäßiger Dichter, aber er hat
nun einmal nach höherer Bestimmung, man möchte
sagen instinktmäßig, im .Freischütz' eine Dichtung
geliefert, wie sie nur sür Weber's hohen Genius
geschaffen sein konnte und mußte! Man denke
sich die Musik irgend eines anderen anerkannten
großen Musikers dazu, und es würde der kühnsten
Phantasie unmöglich sein, sich einen entfernt
ähnlichen Zauber vorzustellen, wie er von Weber
eben in unnachahmlicher Weise über die ganze
Dichtung ausgegossen ist. Wer könnte, wer dürste
es wagen wollen, den anerkannt glücklichen Text
zum Freischütz' nochmals in Musik zu fltzen??
Weber selbst würde dies gewiß am wenigsten
gewagt haben. Auch darin ist der .Freischütz'
einzig in seiner Art und ohne jedes Beispiel, daß
er in keiner Nachahmung, in keiner Veränderung
gedacht werden kann und alle seine wunderbaren
Melodien, gleichsam unvertilgbar, nicht wieder
weggedacht werden können. Ganz ähnlich verhält
es sich auch mit Weber's Preziosa-Musik, welche
gewiß die genialste und dusligste ist, welche jemals
für Romantik und Theater geschrieben wurde.
Airs KeinrcrtH
Geschichtsverein in Kassel. Am 26. April
in der letzten Monatsversammlung im Winter
halbjahr des Vereins für hessische Geschichte
zu Kassel hielt Major a. D. von Stamsord
einen hochinteressanten, mit lebhaftem Beisall ent
gegengenommenen Vortrag über das Thema:
„Wie unsere Aue geworden ist". Bei der
Wahl des Gegenstandes, der gründlichen Bear
beitung wie lichtvollen Darstellung, welche der
Vortragende demselben hatte angedeihen lassen,
versteht es sich von selbst, daß seine Ausführungen
ungemein fesselten. Im Mai werden die Mit
glieder und Freunde des Vereins Gelegenheit haben,
sich an einem Ausflug nach der zwischen Helmars
hausen und Karlshasen prächtig gelegenen Kruken-
burg zu betheiligen, bei welchem Dr. med. Karl
Schwarzkops über die Geschichte der Burg
sprechen wird.
Dennoch waren viele der größten Zeitgenossen
Weber's seine unversöhnlichen Gegner, weil man
einen gleichen Erfolg an einer deutschen Oper noch
nicht erlebt hatte. Weber's Talent wurde oft in
der unwürdigsten Weise herabgesetzt^ aller Erfolg
der Oper nur dem Teysel und der Wölssschlucht
zugeschrieben, da man dem .Freischütz' nicht ver
zeihen wollte, daß er eigentlich keine Oper, sondern
nur ein Liederspiel sei, aber welch' ein Lieder
spiel. Was würden diese kleinlichen Ätenschen
jetzt, dazu sagen, daß heute die Freischütz-Musik nach
mehr als sechzig Jahren biefetbe Jugendsrische
bewahrt hat, denselben Zauber auf alle Herzen des
ganzen Erdballs ausübt, wie zur Zeit, als sie
zuerst die Hörer entzückte, daß sie unverwelklich,
unüberwindlich, unvergänglich ist!"
Hossmeister versprach Leitermayer, nachdem er
sich mit ihm verständigt, einen romantischen Text
zu liefern, und arbeitete innerhalb sechs Tagen
eine dreiaktige Oper „Das Fischermädchen" aus.
„Ich hatte den Stoss rein erfunden", berichtet er
darüber, „und mich weder an Geschichte, noch an
irgend eine Erzählung angelehnt, was immer sehr-
gewagt ist, denn wirklich schöne Stosse
können nicht erfunden werden. Man
darf nur Geschehenes benutzen und ver
arbeiten und hat schon damit seine große
Last. Ein Operntext aber wird stets die undank
barste Dichtung sein und bleiben, denn sie darf
nur die kleinere Hälfte eines Kunstwerkes sein und
muß die obere, geistigere der Musik und dem
Komponisten überlassen." W. B.
xtxtö gfremde.
Der erste hessische Abt von Monte-
cassino. Am 25. März wurde als Abt der
von Alters her durch die Gelehrsamkeit ihrer
geistlichen Bewohner berühmten Benediktinerabtei
von Montecassino ein hessischer Landsmann
inthronisirt. Der neugeschaffene kirchliche Würden
träger stammt aus der hessischen Familie Krug
von der Pelzmühle bei Homb erg a. d. Esze.
Dr. O. Hartwig, Geheimer Regierungsrath,
Halle a. S.
Universitätsnachrichten. Der Professor
der Theologie zu Marburg Gustav Adolf
Jülich er wird dem an ihn ergangenen Ruse nach
Heidelberg keine Folge leisten. — Der Direktor der
landwirthschastlichen Versuchsanstalt zu Marburg
Professor Dr. Dietrich erhielt den rothen Adler
orden 4. Klasse. — Die „Prüfungskommission
sür Archivaspiranten" in Marburg, die einzige