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war er sehr erzürnt darüber und setzte jenen scharf
zurecht. Er wolle hoffen, schrieb er, daß er künftig in
ähnlichen Fällen eine bessere Justiz übe, den gleichen
Scheffel brauche und denen vom Adel oder anderen
großen Herrchen nicht durch die Finger sehe, oder
wenn ein Armer einmal über zwerch trete, diesen
gleich stocken und plocken, und so, wie man zu
sagen' pflege, die Mücken auffange, die Wespen
aber frei und ledig schwärmen lasse. Denn er
habe ihm vornehmlich zum Schutz der Armen und
zur Handhabung der fürstlichen Gerechtsame das
Amt vertraut, nicht aber um diesen oder jenen zu
savorisiren.
Aus Keiwcrth irnö Ivenröe.
Verein für hessische Geschichte und
Landeskunde. Am 16. Juli Abends 6 Uhr fand
unter dem Vorsitz des Bibliothekars Dr. Brunner
im Lesesaale der Ständischen Landesbibliothek
zu K a ss e l eine außerordentliche Monatsversammlung
des Vereins für hessische Geschichte und
Landeskunde statt. Es wurde einmüthig be
schlossen, den bisherigen Vorstand, bestehend aus
den Herren Bibliothekar an der Landesbibliothek
Dr. Brunner (Vorsitzender), Landesbrandkassen
direktor Landesrath Dr. Knorz (stellvertretender
Vorsitzender), Bibliothekar an der Landesbibliothek
Dr. Scherer (Schriftführer), Inspektor des
Naturalien-Museums Professor Lenz (Kassirer),
Major z. D. von und zu . Loewenstein
(Bibliothekar) und Direktorialassistent am Museum
Dr. Bo eh lau (Konservator) wiederzuwählen. So
dann wurden von bem Vorsitzenden Mittheilungen
über das Programm der bekanntlich in den Tagen
vom 3. bis 5. August in Gersseld stattfindenden
Jahresversammlung gemacht, welches wir
hier folgen lassen:
Montag, 3. August Nachmittags: Empfang der
Gäste. — 6 Uhr: Sitzung des Gesammtvor-
standes. — Abends 8 Uhr: Geselliges Beisammensein
im Schüßler'schen Garten.
Dienstag, 4. August. 8 Uhr: Besichtigung der Stadt.
— 10 Uhr: Hauptversammlung im Nöll'schen Saal.
Berichte. Geschäftliche Verhandlungen, u. A. Beschluß
fassung über den vom Gesammtvorstand vorgelegten
Entwurf neuer Satzungen des Vereins. Vortrag
des Sanitätsraths Dr. Schneider (Fulda): „Bei
träge zur Geschichte des Ebersberges und
der Herrschaft Gersfeld in der Rhön". —
Frühstück ebendaselbst. — Nachmittags 2% Uhr:
Festzug. — 3 Uhr: Festessen im „Adler". — 6 Uhr:
Konzert und gesellige Vereinigung in Schüßler's
Garten.
Mittwoch, 5. August: Vormittags 7 Uhr: Ausflug
zu Wagen über den Ebersberg und POppen
hausen nach der Milseburg. — Rückfahrt mit
der Bahn nach Fulda oder mit Wagen nach Gersfeld.
Ursprünglich war als Ort für die diesjährige
Jahresversammlung Gudensberg in Aussicht
genommen, man entschied sich schließlich aber, weil
die Abhaltung in Gudensberg aus unvorhergesehene
Schwierigkeiten stieß, für das bis 1866 bairische
Gersseld in der Rhön, dessen Geschichtsverein sich
erst seit einem Jahre dem hessischen Geschichtsverein
angeschlossen hat, um auf diese Weise die Bande
gegenseitiger Beziehungen enger knüpfen zu helfen.
Da eine Rhönfahrt stets viel des Schönen bietet
und die Stadt Gersseld zudem außerordentliche
Vorbereitungen trifft, um die Gäste aus dem
Hessenlande würdig zu empfangen, wird vermuthlich
aus zahlreiche Betheiligung zu rechnen sein.
Der Hessische Geschichtsverein zu Mar
burg unternahm am 24. Juli einen Ausflug
nach dem landschaftlich schön gelegenen und geschicht
lich interessanten Frauenberg. Oben angelangt
wies der Vorsitzende, Archivrath Dr. Könnecke,
aus die Gefahren hin, welche dem Vielen lieb ge
wordenen Berge und dem zu demselben hinführenden
ursprünglichen alten Burgwege drohen, wenn nicht
baldigst den in absehbarer Zeit seinen Einsturz
bedingenden Steinbrnchsarbeiten an seiner Südseite
eine andere Richtung gegeben werde. Hierauf hielt
Oberlehrer Dr. Winzer seinen angekündigten
Vortrag: „Die Kolonisirung des Frauen
bergs", welche im Jahre 1687 von Marburg aus
durch den Professor und reformirten Prediger
Gautier in's Werk gesetzt wurde. Eine
ausführliche Darlegung der Kolonisation des
Frauenbergs soll demnächst erfolgen. Archivrath
Dr Könnecke dankte dem Redner und gab einige
Daten zur Vorgeschichte der Burg, welche 1252
begründet und 1489 verlassen worden zu sein scheint.
Nach einer Besichtigung der Burgruine und einigen
Erläuterungen des Professors Dr. von Sybel
wurde letzterer sowie der Vorsitzende des Ge
schichtsvereins und Rentner Littmann, Vor
sitzender des Verschönerungsvereins, beauftragt, an
betreffender Stelle das Weitere zur Erhaltung des
Frauenberges und seines ursprünglichen Burgweges
einleiten zu wollen.
Rhönklub. Kurz nach Schluß der Tagung
des Geschichtsvereins wird Gersseld eine zweite
Versammlung in sseinen gastlichen Mauern sehen,