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Die letzte Strophe des „Johannisfestliedes"
lautet:
Wo ist umher auf allen Auen
Ein Fest, das diesem sich vergleicht?
Wohin das Auge möge schauen,
Die Freude ist's, die sich ihm zeigt.
Die Freude tönt von allen Zungen,
Sie töne lang' im Herzen nach,
Und eh' ihr Laut dort ausgeklungen,
Kehr' uns der Sankt Johannistag.
Nachdenr noch die Nationalhymne gesungen,
läßt die Stadtkapelle muntere Tanzweisen erklingen,
unb die Kinder eilen zum Tanze, an den: sich
kein Erwachsener betheiligeu darf. Nur die zu
Ostern Konfirmirten haben das Recht, lwch ein
mal mitzunlachen. Aber and) die Erwachsenen
brauchen sich nicht mit dem Zusehen zu begnügen,
ihnen winken, wie dies nun einmal zu einem
echten Volksfeste gehört, die verschiedensten Genüsse:
Glücksräder, Kraftmesser, Würfel,- Schieß- und
andere Buden, Karussels, und wie die Volks
belustigungen alle heißen. Für die leiblichen Be
dürfnisse sorgen zwei Konditoreien und etwa
zehil Wirthszelte. So entwickelte sich bald das
bunteste, fröhlichste Treiben. Für die Kinder
endigt das Vergnügen mit dem Eintritt der
Dunkelheit.
Am Montag nach eingenommenem Mittagsmahl
wird die Feier fortgesetzt. Irr der Regel ist es
jetzt auf dem Festplatze, da weniger Menschen
anwesend sind, gemüthlicher als an: Sonntage. —
In der beschriebenen Weise verläuft das
.„Johannisfest," Eschweges größtes Fest. Daß
Wochenlang vorher die Schneider, Schuhmacher
und Näherinnen vollauf zu thun haben, sei nur
beiläufig bemerkt; gilt es doch als selbstverständlich,
daß an diesen: Tage jedes Kind und wäre es das
ärmste, in neuen Kleidern erscheint.
Möge das schöne Fest noch recht viele Jahre
in seiner Eigenart die Kinder erfreuen und dem
Alter das in der Erinnerung zurückzaubern, wo
bei es am liebsten verweilt: die glückliche, selige
Jugendzeit!
-!'&!-
Tief) wanderte am heißen Tage
^ Den Fluß entlang am Waldessaum.
Ta schritt vom Walde her die Sage
Und führte an der Hand den Traum.
Sie sprach zu mir bedächtig leise:
„Willst Du nicht jetzt im Schatten ruh'n.
Und dann, wie sonst wohl Deine Weise,
Nach ,Einstmals' manche Frage thun!
Laß schweifen in die ferne Weite
In ihrer Schönheit Aug' und Sinn,
Der Traum und ich wir halten Beide
Dir unsern Zauberspiegel hin,
Der strahlt die Gegenwart Dir wieder
Im Glanze der Vergangenheit;
Dann wallt und wogt auf Dich hernieder
Des Mittelalters reiche Zeit!" —
Wie steht, von waldbekrüuzten Höhen
Umringt, das Schloß in stolzer Pracht,
Im frischen Wind die Fahnen wehen,
Die gvldnen Löwen halten Wacht!
Ein hoher Tag ist aufgegangen
Der Burg, dem Städtleiu an der Lahn:
Sieh, wie in ritterlichem Prangen
Die Fürsten mit dem Kaiser nah'n! —
Dort schreiten durch des Thores Enge
Des Deutschen Ordens stolze Herrn,
Und fröhlich eilt des Volkes Menge
Zum Feiertag von nah und fern! —
Sie, die im grauen Bußgewande
Dem Dienst der Armuth sich geweiht.
Die Fürstin aus dem Ungarlande,
Die sich in Demuth nicht gescheut
Sich allen Glanzes zu berauben.
Verschmähend jede üuß're Pracht.
Der Nächstenliebe, ihrem Glauben
Das ganze Leben dargebracht -,
Sie soll im Tode jetzt empfangen
Als tiefer Demuth höchsten Lohn
Für alles Leiden, alles Bangen
Der Heiligen Märtyrerkron'! —
Wie herrlich in der Landschaft Rahmen
Strebt himmelwärts der hehre Dom,
Der Sankt Elisabethens Namen
Verkündet in der Zeiten Strom!
Es strömt zu seinen hohen Hallen
Das Volk, bewegt, mit frommem Sang;
Hin, feierlichen Schrittes, wallen
Die Pilger unter Gloüenklang. —
Dort — fröhlich mit dem Wanderstabe,
Dem Ränzel und dem Sammtbarett.
Der Schritt so leicht und leicht die Habe -
Zieht hin ein Hochschüler-Ouartett!
Die wollen Marburgs alma mater
Erkenntnißdürstend sich vertrau'«.
Es half ein weiser Landesvater
Der Wissenschaft die Stätte bau'n. —
Das Fähnlein jetzt von reis'gen Knechten
Da. wo der Weg gen Frankfurt führt —,
Wer hat, daß Ihr für ihn sollt fechten,
Die Werbetrommel denn gerührt?
Heut' nennet Feind Ihr den von Hessen.
Den morgen aus kurmainzer Land! —
In fremder Fehde ward vergessen
Was an die eig'ue Heimath band! —