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seinem Vaterlande zu dienen wünsche, so sei es
doch auf die bisherige Weise nicht möglich. Der
Fürst möge sein Thun nicht ungnädig ansehen,
da es geschehe, um seine Seele zu retten, das zu
bezeugen, er den wahren, lebendigen Gott anrufe.
Es sei aber besser, alle Bequemlichkeit, die dem
Fleisch und Blut lieb wären, aufzugeben, als
wider Gott und sein Gewissen zu handeln. Er
bittet noch um ferneren gnädigen Schutz für sich
und die Seinen und schließt mit Segenswünschen für
das hessische Fürstenhaus, Räthe und Vaterland.
Gudenus trat am Sonntag vor Mariae
Magdalcnae Tag, 21. Juli 1630, in der Liebfrauen
kirche zu Heiligenstadt über, wo er selbst tief er
griffen nach der Predigt vor dem Chore zu dem
versammelten Volke eine ergreifende Rede hielt über
1. Mose 28, 16: Gewißlich ist der Herr an diesem
Orte rc., indem er diese Worte von der katholischen
Kirche auslegte, sodaß viele durch seine Worte zu
Thränen bewegt wurden. Darauf las er mit lauter
Stimme das katholische Glaubensbekenntniß und
empfing das heilige Sakrament des Altars.
Eine Wiederholung der Taufe, welche in der
Neuzeit bei einer Konversion aus der nieder-
hessischen Kirche vorgekommen, mnthete man
diesem Diener derselben nicht zu.
Gleichzeitig konvertirte, wie oben bemerkt, der
Pfarrer Aron Crusemanu zu Eschwege, eine
geistig weit geringere Persönlichkeit, als Gudenus.*)
Crusemanu sagte damals zu Gudenus: „Wir
werden unsere besten Tage auf der Welt gehabt
haben." Das Wort erfüllte sich bald. Cruse-
mann lebte noch 10 Jahre nach seiner Konversion;
er wurde mainzischer Schultheiß zu Fritzlar, wo
er, wie seine Wittwe bezeugte, unter brünstigem
Gebet und standhaft im Bekenntniß des katholischen
Glaubens starb. Seine Frau und Kinder waren
ihm in der Konversion zur katholischen Kirche
nicht gefolgt, während dem Gudenus seine Frau
und Kinder in die katholische Kirche und die
nun folgenden bösen Tage folgten. Ob des
Gudenus Schwager, der Superintendent Stein zu
Kassel, und der Superintendent des Eschweger
Bezirks, Hermann Fabrouius, von den Neigungen
beider Geistlichen zuvor Kenntniß gehabt und ob
und wie sie denselben kraft ihres oberhirtlichen
Amtes zu begegnen gesucht, entzieht sich unserer
Kenntniß. Landgraf Moritz, vor dessen Zorn
und Ungnade sich Gudenus so sehr gefürchtet,
sprach ihn wegen des Uebertritts von aller Geld-
und Ehrsucht ohne Bedenken frei.
*) Von Crusemänn's Konversion wird in Gndcnns'
erstem Briefe an Landgraf Ernst vom 16. Februar 1661
nichts erwähnt.
(Fortsetzung folgt.)
Ernst und Scher; in Inschristen und malerischen Verzierungen
an Gefachen der Häuser im Schwalmgrunde.
Von Metropolitan F. Riebeling zu Wolfsanger.
u unserm Hessenlande und ganz besonders im
lieben Schwalmthal hat von alten Zeiten her
j dies jetzt leider immer mehr abnehmende Sitte
bestanden, die vom dunkeln Gebälke umrahmten,
hell schimmernden Gefache der Wohnhäuser,
Scheuern und Stallungen durch oft sehr geschickt,
mitunter-sogar künstlerisch ausgeführte Inschriften
und Malereien zu verzieren. Ernst und Scherz
wechseln darin mit bunter Mannigfaltigkeit und
sind, ein beredter Ausdruck vom festen Glaubens
leben des Volkes, wie von seinem gesunden, wenn
auch oft derben^Sinne. Da findet man Sinn-
und Denksprüche aller Art, oft heilig ernsten,
aber auch toll lustigen Inhaltes; da erblickt
man große Blumenschilder, bunte Schnörkelei, ja
sogar Menschen und Thiere; da sieht man Sonne,
Mond und Sterne, Häuser und Höfe, Blumen
und Bäume, Pferde und Einhörner. Weise
Lehren finden sich da in Bild und Wort. Sv
zeichnete sich bis vor mehreren Jahren in Zella
an der Schwalm namentlich ein Bauernhof durch
verhältnißmäßig sehr kunstvollen Bilder- und
Schriftschmuck aus. Da galoppirt auf dem
einen Gefach am Pferdestall ein verwegener
Reiter, hoch in die Brust geworfen, den Säbel
über dem Haupte schwingend und die über dem
Bildniß stehenden Worte rufend:
„Ich hab' mhTeirttnal vorgenommen,
Gerade durch die Welt zu kommen."
Am anderen Gefach aber reitet derselbe, aus
Hindernisse gestoßen, recht demüthig und vor
sichtig, dicht auf den Hals seines Rößleins gebückt
unter einem Zaune weg mit den Worten:
„Bald mußt' ich sehn, es wollt' mir nicht glücken.
Ich mutzt' durch die Welt mich drücken und bücken."