292
handene Restbetrag liegt somit für die künftige
ordnungsmäßige Erhaltung der Grabstätte bezw. zum
Ankauf derselben bereit.
Am Abend des 28. Oktobers hielt der Verein
für hessische Geschichte und Landeskunde
in der Aula der Oberrealschule in Kassel seine
erste Monatssitznng im Winter 1895/96 ab. Der
Vorsitzende des Vereins. Bibliothekar Dr Brunner,
begrüßte die zahlreiche Versammlung, bat um eifrige
Betheiligung im neuen Vereinsjahr, sei es als
Gebende oder Empfangende, und gab einen Rück
blick aus die Ereignisse des abgelaufenen Vereins
jahres. Die Bibliothek des Vereins hat infolge
der anderweitigen Inanspruchnahme der bisher
benutzten Räume durch die Kasseler Stadtverwaltung
in den oberen Räumen der Ständischen Landes
bibliothek Unterkommen gesucht und gefunden,
während die Stadt im Erdgeschoß des Bose-Museums
für die anderen Sammlungen Räume zur Ver
fügung stellte. Verschiedene Geschenke wurden dem
Verein wieder zu Theil, u. a. eine Photographie
Du Ry's, die Hofphotograph Rothe stiftete und
eine solche des verstorbenen Reichsgerichtsraths Otto
Bähr, des um die hessische Geschichte so hoch
verdienten Mannes, eine Gabe der Tochter des
Verblichenen, Frau Kommerzienrath Pfeiffer.
Der XX. Band der neuen Folge der Zeitschrift
des Vereins, der mehrere werthvolle Abhandlungen
enthält, ist im Druck fertiggestellt und gelangt mit
den Mittheilungen alsbald zur Ausgabe. Der
Vorstand des Vereins ist mehrfach auf Denkmäler
hingewiesen, welche in Verfall zu gerathen drohen,
und es ist zu hoffen, daß die Bemühungen, dem
weiteren Verfall Einhalt zu thun, von Erfolg be
gleitet sind. In den Besitz der Landesbibliothek
ist ein bisher unbekannter Brief Jakob Grimm'S
aus dem Jahre 1815 gelangt. Den Vortrag
des Abends hielt Dr. inoä. Wilhelm Lauge
über „die ältere Geschichte des Schlosses
Schartenberg" und erntete für seine fesselnden
Ausführungen lebhaften Beifall.
Tie große Kunstausstellung im Meßhause
zu Kassel wird am 4. November geschlossen werden,
und darum wollen wir nicht verabsäumen, noch
den Erfolg derselben, welcher sich in einer leb
haften Antheilnahme des Publikums kundgab, fest
zustellen, sowie im Wesentlichen der Vertretung
hessischer wie solcher Künstler zu gedenken, welche
mit Kassel und seiner Kunstakademie in Verbindung
stehen. Ta müssen wir zunächst drei an der
letzteren wirkende Lehrer nennen: die Professoren
Knacksuß, Neumann und Wünneberg. Ter
Name des Ersteren ist in letzter Zeit öfter in der
Oeffentlichkeit genannt worden, indem dieser Künstler
sich der ganz besonderen Gunst Sr. Majestät des
Kaisers erfreut. Hier auf der Ausstellung be
gegnet uns Professor Knackfuß mit einem recht
anmuthenden Genrebild: die Darstellung einer im
Freien zur Quadrille antretenden Landparthie-
Gesellschaft. Mit landschaftlichen, bezw. maritimen
Schilderten, in bekannter flotter Manier gemalt,
ist Professor Neumann vertreten: Professor Wünne
berg mit einer vom Kunstverein zur Verloosung
angekauften Skizze. Der schon an anderer Stelle
ausgesprochene Wunsch, auch einnial von diesem
seit zehn Jahren als Lehrer hier thätigen Künstler
ein fertiges Werk dem hiesigen Publikum vor
geführt zu sehen, dürfte gewiß berechtigt erscheinen.
Hans Kolitz, der Sohn unseres Akademie-
direktors, lieferte ein vortreffliches Architektur
bildchen (Motiv aus dem Fritzlarer Dom). Von
in anderen Kunstorten wirkenden hessischen Künstlern
sind zu nennen als Aussteller: Fritz Grebe
(Berlin), welcher die Farbenfreudigkeit der nor
wegischen Landschaft so virtuos wiederzugeben ver
steht, Adolf Lins (Düsseldorf), der Schöpfer so
vieler humorvoller Genrebilder aus dem Dorf
leben, H. Otto in Düsseldorf, welcher s. Z. mit
einem größeren Genrebild das Bose-Stipendium
errang, und Giebel-München. Ihnen schließt sich
der in Düsseldorf ausgebildete, jetzt auch unter die
„Modernsten" gegangene Landschafter Emil Zim
mermann an, welcher z. Z. in Willingshausen
in der Schwalm lebt. Er war bekanntlich auch
der Arrangeur des Festzuges in Treysa anläßlich
des Ausfluges der Theilnehmer des hier stattge
habten Kongresses der deutschen anthropologischen
Gesellschaft. Sowohl auf dem Gebiete der Genre
malerei, wie dem der Bildnißmalerei sind Johannes
Kleinschmidt und Theodor Matthei (Kassel)
mit ganz hervorragenden, allgemeine Anerkennung fin
denden Werken vertreten. Frau Pi schon-Berlin,
die Tochter des Geheimen Justizraths Hupseld,
stellte ein sehr gelungenes Bildniß des letzteren,
sowie ein weiteres des verstorbenen Geh. Rath
Dr. v. Wild aus. E. Neu mann jun., Sohn des
oben genannten Akademielehrers, ist in München
unter die „Modernsten" gegangen, bis jetzt aber
nur deren Auswüchse nachahmend. Ihm am nächsten
stehen Hermann Metz, vom Rhein und Hans
Meyer, die aber dieser Richtung, namentlich der
letztere, zumeist noch in einer Weise huldigen, die
verständlich bleibt. Frieda Menshausen be
kundet sich wieder als virtuose Pastellmalerin
(Bildnisse). Weiter sind noch eine ganze Reihe
verdienstliche Arbeiten Kasseler Künstler ausgestellt.