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Ich weiß nicht —
Ich weiß nicht, ob es das Heimweh ist?
Es ruft mich und lockt mich zu einsamer Frist.
Verträumtes Stüdtleiu im Waldesgeheg —
Blühende Wiese und heimlicher Weg!
Und Gärten seh' ich mit schießendem Kraut
Und ein Hüttchen, am Fuße des Hügels erbaut,
Ich sehe mich grüßen im scheidenden Licht
Ein längst von der Erde geschwund'nes Gesicht.
Ich weiß nicht, ob es das Heimweh ist!
Es ruft mich und lockt mich zu einsamer Frist.
Ich seh' einen Kirchhof im schweigendeil Grund.
Dort ragen viel Kreuze in friedlicher Rund',
Dort liegt nleine Jugend, dort träumt es sich fein
Von leuchtender Zukunft und glücklichem Sein.
Von Lieb' und von Lust, voil dem Sieg nach dem
Streit,
Von der Wahrheit, der Kraft, die sich selber befreit.
Ich weiß llicht, ob es das Heimweh ist?
Es ruft mich und lockt mich zu einsamer Frist.
% Keiter-Kellner.
Aus alter und neuer Zeit.
Wie unsere Altvordern Liebesbriefe
schrieben. — Folgendes ini Besitz der Ständischen
Landesbibliothek befindliche undatirte Schreiben,
welches der Schrift nach aus dem letzten Jahrzehnt
des 16. Jahrhunderts stammt, ist ein regelrechter
Liebesbrief. Der ungenannte Schreiber, allem
Anschein nach ein im Dienst des Landgrafen
Ludwig zu Marburg befindlicher hessischer Adliger,
ist von seiner langjährigen Braut verlassen, da
sie ein gleiches Verhältniß zu dem begüterten
Caspar Roltzhausen (Rolshausen) vorzog. Darin
sollte sie jedoch ihr Glück nicht finden, da der
neue Bräutigam schließlich eine andere ehelichte.
Der alte Verehrer richtet nun auf die Kunde,
daß seine frühere Geliebte, deren Namen wir
nicht erfahren, wieder frei geworden, ein langes
Schreiben an diese, in welchem er sie in recht ein
dringlichen Worten auffordert, ihren Groll fahren
zu lassen und wieder zu ihm zurückzukehren. Mit
welchem Erfolg, muß freilich dahingestellt bleiben.
Die Form dieses Briefes, den wir, um einen kleinen
Beitrag zur Geschichte des damaligen Briefstils
zu geben, hier abdrucken, ist nach heutigen Begriffen
gewiß als überaus ungelenk zu bezeichnen, der
Sinn an mehreren Stellen schwer verständlich, weil
Kuinneunng.
Es ist doch eine schöne Welt,
Mein Schatz, laß uns nun gehen
Zur Haide, wo um Strauch und Kraut
Wie einst die Schleier wehen.
Wir hörten dort dem Klingen zu
Der kleinen Haideglocken;
Dazwischen klang vom Stoppelfeld
Der Mücken Tanzsrohlocken.
Und als der Wandervögel Schaar
An uns vorbeigezogen,
Da hattest ängstlich Du mein Haupt
An Deine Brust gebogen.
Wir lauschten, ob denn alles Glück
Vorbei den Zug genommen? —
Indessen war es leis' und still
In unser Herz gekommen . . .
Das ist doch eine schöne Welt,
Mein Schatz, laß uns nun gehen
Zur Haide, wo um Strauch und Kraut
Die Silberschleier wehen.
Walentin Hraudt.
es sich um so intime Dinge handelt, vielleicht
wird er aber doch bei unseren Lesern bezw.
Leserinnen ein wenig Interesse finden.
„Hertzeiniges, hertzlibstes meulgen! Einiges
Hertz! Ich kan euch nicht genugsam klagen, wie
wehe mir mein Hertz duth, daß mir beide so
sollen in zorn gegeneinander stehen. Gott wolt eß
erbarmen und die leut straffen, so nnß uneinß
machenn und gemacht habenn, dann es gehet nitt
recht zu, eß ist nicht muglich und kan von gott
nitt sein, dann ihr kont die leud nicht verachten,
ihr in ungutem nicht gedencken, sondern sind grosse
hernn und verthetiget sie, daß ihr leib und fehl
iretwegen wolt daransetzen. Und ist so hart bei
euch eingewurtzelt die lib, daß ich mid lschmertzenj *)
darüber klage und kan eß aus meinem sin nitt
bringen, dan ich weiß ewer libe, so ihr die in
trewen aus einen setzet, wie die so scharff heldt,
und mitt waß lib und trew ihr dieselben ahn mir
in aller sreundlichkeith mit aller holtseliger begir
erzeiget, auch wohl bei mich leib und leben gesagt
alß bei diese leud. Aber seid hero die kommen,
so stinck ich, so ist alles veracht, alles libs ver
gessen und midt mir auß. Hett gehofft, man hett
mich so schnel nitt übergeben, dann mir wohl bewust.
*) Loch im Papier.