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Melsunger Stadtbuch, „war solche große Wasser
flut!), daß mau nit allein mit Schifflein an
Johan Braudaun Hausecken fahren können (dies
ist wahrscheinlich das schone Eckhaus ain Markte
und der Brückenstraße), sondern es ist auch das
Wasser bei dem Brückenthor über dem Schnitz,
welcher bei der großen Wasserflut!) 1552 am
10. Januar geschehen, einen ganzen Schuh laut
Zeichens übergangen, es hat auch diese Flnth nit
allein die oberste Schneidemühle und Lohmöhle
und viel Bäume und Zäune hinweggeführt, sondern
auch einen großen Riß an der Brücken gethan.
Dasmal sind regierende Bürgermeister gewesen
Caspar Hilgenberg!, Conradt Möller, Curdt
Erningk, Johan Thias."
Rath und Ausschuß kamen zusammen und
beriethen über die Ausbesserung des Brücken
schadens. Aber das Bürgerthum war damals
die Bevormundung durch die Regierungsbehörden
schon so gewohnt geworden, daß man sich zu
keinem besseren Entschlüsse aufschwang, als den
Vogt von Merxhausen und den von der Haida
bei Morschen holen zu lassen, damit sie als
„Baumeister zur Brucken" den Schaden be
sichtigten. Der Strom war geduldig und richtete
mittlerweile kein größeres Unheil au. Mit
Weiden und anderen Stoffen füllten dann Acker
leute die Löcher in dein Baue aus, fuhren Steine
auf die Brücke und ließen sich dabei das Bier
des städtischen Brauhauses wohl schmecken. Die
Beschädigung mußte immerhin bedeutend sein,
das sehen wir aus den Kosten und Anstrengungen
bei der Wiederherstellung. Zimmerleute mußten
ein Balkengerüst an der Brücke aufschlagen, für
eiserne Stäbe und Klammern gab man allein
44 Thlr. 12 Albus aus, und ein Pflasterer
arbeitete mit einem Handlanger fünf Wochen und
vier Tage, um das Plaster auf und vor der
Brücke wieder herzustellen. Die Stadt war durch
das Kriegseleud schon in arge Schulden gerathen,
aber mehrere Kasseler Gläubiger hatten ein Ein
sehen und erließen ein Ansehnliches an den Zinsen.
Die erneuerte Brücke war der Macht des
Wassers noch immer nicht gewachsen. Schon
1647 mußte sie durch Eisbalkeu geschützt werden.
Und seit 1648 sind trotzdem fast jedes Jahr Aus
gaben für Ausbesserungen an der Brücke ver
zeichnet. 1675 stand es so schlimm, daß am
28. Mai der Wegemeister schleunigst die hölzerne
Brücke, welche löchricht und schädig war, wieder
herstellen mußte; die gnädige Herrschaft hatte
nämlich ihre Durchreise angekündigt. Die Un
brauchbarkeit der steinernen Brücke rührte daher,
weil der letzte Brückenbogen, unmittelbar an der
heutigen Vorstadt, schadhaft geworden war.
Hieran hat man lange gebaut. Schon in einem
Aktenstücke vom 27. Mai 1678 wird angeführt,
daß man 1675 bis 1677 an der steinernen Brücke
gebaut, dazu eine starke Summe Geldes geborgt
und mit Gottes Hilfe den Bau vollendet hätte.
Allein Risse und Einsturz wiederholten sich fort
während. Noch 1715 wurden 16 Eichenstämme
aus dem alten Schöneberge für den Brückenbau
angewiesen. In dieser Zeit müssen auch die be
nachbarten Aemter Fuhren für die Herstellung der
Melsunger Brücke übernehmen, bedürfen aber
öfterer Mahnung. Erst 1733 scheint der Brücken
pfeiler solche Festigkeit erlangt zu haben wie seine
Brüder. 1746 kam der Obersalzgräse Waitz in
Kassel auf den Gedanken, auch Wehr und Schleuse
von Stein zu bauen. Diese Arbeit vollführte
aber die hessische Regierung allein.
Trotz der neuen Eisenbrücke, welche jetzt den
Bahnhof mit der Stadt Melsungen verbindet,
gehen noch immer Tausende über die alte Stein
brücke. Aber wer denkt dabei au die Sorgen
und Schweißtropfen, welche diese Anlage der Vor
zeit gekostet hat?
Gerd von Falkenberg
und die Niederwerfung Tillinghausens im Jahre 1530.
Von Dr. Wilhelm Chr. Lange.
(Fortsetzung.)
M er rechtmäßige Eigenthümer dieser Aktenstücke,
Jpjj Dillinghausen selbst, wurde „über Berg und
Os Thal" nach der Blankenau geschleppt, — wir
kennen Gerd's Haus schon als Aufbewahrungsort
für Gefangene, — und dort in einen Keller gesperrt,
wohl der Heimlichkeit wegen; der „Prinzipal" Georg
Ziegenmeier mußte ihm zu mehrerer Sicherheit Ge
sellschaft leisten, d. h. ihn bewachen. Gerd, der Viel
beschäftigte, hatte andere Sachen zu thun, denn zu
nächst handelte es sich bei ihm um den springenden
Punkt, den klingenden Erlös der mühevollen
Unternehmung einzuheimsen. Der Gefangene hatte