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als die uns von Sr. Majestät ertheilte Antwort,
sind ihrer Zeit von den öffentlichen Blättern zur
allgemeinen Kenntniß gebracht worden.
Wegen des beschränkten Raumes auf dem schmalen
Perron trat Se. Majestät, wie erwähnt, ganz
dicht an uns heran, und so kam es, daß ich in
unmittelbarer Nähe Sr. Majestät gegenüberstand.
Der Ernst des Augenblicks war ans allen Gesichtern
bemerkbar und die von Sr. Majestät an uns ge
richtete Worte" hinterließen einen tiefen Eindruck.
Nachdem der König sich mit Gefolge in den Warte
saal begeben hatte, wurden der Oberbürgermeister
N e b e l t h a n und der Ausschnßvorsteher Herr Ober
finanzrath a. D. Zuschlag ebenfalls zum Eintritt
eingelassen. Nach kurzem Aufenthalt fuhr der
königliche. Extrazug unter brausenden Hochrufen
der Volksmenge wieder ab. Diese Begegnung mit
Sr. Majestät, dem nachmaligen deutschen Kaiser, ist
eine von meinen besonderen Lebenserinnerungen."
„Ach in Marburg ift’8 gar so schön."
Infolge der bei der Redaktion eingegangenen
Zuschriften habm wir über die Entstehung des
Liedes weitere Erkundigungen eingezogen und sind
zu folgendem Ergebniß gelangt:
Das Lied in seinen ersten neun Versen ist in
Veranlassung eines im Winter 1849/50 oder
1850/51 in Pfeifser's Hotel abgehaltenen Masken
balles als Leierkastenlied mit großer bildlicher Dar
stellung zum ersten Male vorgetragen worden.
Diese Ausführung war in Szene gesetzt und vor
bereitet von dem später nach Amerika ausgewan
derten und in Baltimore verstorbenen damaligen
stud. chem. Karl Bickell und dem Studiosen
der Rechtswissenschaft Ludwig Kn atz aus Kassel
(gestorben als Amtsgerichtsrath zu Kassel am
5. September 1892) und August Kulenkamp
aus Allendorf a. W. (gestorben als Rechtspraktikant
in Hanau), sämmtlich Mitglieder des Corps
Teutonia, und zwar wird Bickell das Gedicht und
Knast das Tableau geliefert haben. Die Vater
schaft Karl's von Hagen an dem ursprünglichen
Text wird um so weniger aufrechtzuerhalten sein,
als selbst Corpsbrüder von ihm, die gleichzeitig
mit ihm der Hasso-Nassovia angehörten, diese
bestreiten, auch den Beweis erbringen, daß das
Lied unmöglich in 1853/54 entstanden sein könne.
In diesem Sinne erhalten wir von einem alten
Herrn der Hasso-Nassovia (A. S. in Kassel)
folgende Zeilen: „Daß mein alter Corpsbruder
v. H. unser Lied in der mitgetheilten Form unter
Hinzufügung der beiden letzten Strophen einmal
im Cafe Quentin gesungen und der Einsender
dasselbe damals zuerst gehört hat, bestreite ich nicht,
kann auch nichts darüber aussagen, ob von Hagen
damals die alten Tableaux benutzt oder neue nach
den früheren angefertigt hat, stelle aber auf's Be
stimmteste in Abrede, daß das Lied in 1853/54
entstanden ist. In diesem Semester war
Quentin noch Museumswirth, und das Lokal des
Museums war damals am Ende der Barfnßerstraße
in dem hochliegenden Eckhause rechts, mit Hofraum
davor und geräumigen Garten dahinter, in welchem
in den Sommersemestern häufig Tanzvergnngungen
veranstaltet wurden. Später ist Quentin längere
Zeit Schenkwirth ,im Boppe' gewesen und hat
dann erst das Casé am Steinweg eröffnet. Unsere
Corpskncipe aber befand sich im Wintersemester
1853/54 vor dem Barfüßerthor am Haspel' im
sog. Hendorf bei ,Schorsche Dörr'. Im folgenden
Sommer war die Kneipe der Hasso-Nassovia am
Graben im Runkel'schen Garten und auch im folgenden
Wintersemester war sie noch nicht im Quentin'-
schen Lokal am Steinweg, welches ich zuerst bei der
Feier des 40 jährigen Stiftungsfestes der Hasso-
Nassovia 1879 betreten habe, sondern in der Bar-
snßerstraße vom Markt aus links in der Nähe
von ,Backebarts Wilhelm'. Hat also von Hagen
das Lied im Café Quentin gesungen, so ist das
erheblich später als 1853/54 geschehen, zu welcher
Zeit ich in Marburg war. Ob die Corpskneipe
je bei Quentin gewesen ist, kann ich nicht sagen."
Hiermit glauben wir die Frage nach der Ent
stehung des herrlichen Liedes: „Ach in Marburg
ist's gar so schön" erschöpfend behandelt zu haben.
Dem unzweifelhaft vorhandenen dichterischen
Talent des verstorbenen Karl von Hagen soll mit
den obigen Darlegungen keineswegs zu nahe ge
treten werden, vielmehr folgen wir bereitwillig
mannigfachen Wünschen ans dem Kreise unserer
Abonnenten ans Veröffentlichung von Gedichten,
welche unzweifelhaft der Feder Hagen's entstammen,
und bringen deren zwei hiermit zur Kenntniß
unserer Leser:
In einer Gasse da zog ich ein,
Sie ist so eng und so duster,
Mein Hauswirth gleicht einem Stachelschwein,
Bon Handwerk ist er ein Schuster.
Und gegenüber und rechts und links
Ist immer ein steißig Gestecht,
Da führen sie sämmtlich die Ahle so flink,
Sind sämmtlich Ritter vom Peche.
Ta kommt denn zu Stande so manche Naht,
Manch' Leder wird zäh' gehämmert.
Es schnurret so mancher gewichste Draht,
Das dauert so just, bis es dämmert.
Doch bricht der Abend zur Werkstatt herein.
Und gehen die Meister zur Zeche,
Dann stimmen.sie alle die Kehlen fein,
Die Junker und Knappen voni Peche. —