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Es ist uns eine angenehme Aufgabe, an dieser Stelle
auf eine kürzlich erschienene Schrift von Dr. Karl
Scherer in Kassel aufmerksam zu machen, die für
uns Hessen, und insbesondere für die Kasselaner, von
ganz besonderem Interesse ist. Sie betrifft die be
rühmte Sängerin Mara, geb. am 23. Februar
1749 zu Kassel, gestorben am 8. Januar 1833 zu
Reval, und führt den Titel »Gertrud Elisabeth
Sch mel in g und ihre Beziehungen zu
Rudolf Erich Raspe und Karl Matthaei*
ein Beitrag zur Lebensgeschichte der Künstlerin in
den Jahren 1766—1774. Sonderabdruck aus der
Vierteljahresschrift für Musikwissenschaft 1893, Leipzig,
Druck von Breitkopf und Härtel 1893. — Der
Verfasser hat zu seiner Schrift die in der Ständischen
Landes-Bibliothck zu Kassel befindlichen Originalbriefe
der G. Elise Schmeling und deren Vater an
Raspe und des letzteren an die Genannten, sowie den
Briefwechsel mit Heyne, Andreae, Dieze, Hegewisch,
Matthaei u. a. benutzt und uns eine sehr fleißig aus
gearbeitete, in schöner Sprache gehaltene Arbeit ge
liefert, die wir den Lesern unserer Zeitschrift auf das
Beste empfehlen können. —
Ueber das neuste Buch von Arthur von Loy:
Ausder Wirklichkeit, Berlin, 1892, Verlag von
Ecksteines Nachfolger, schrieb der Dichter Richardvon
Meerheimb an die Verfasserin, Fräulein Helene
von Düring-Oetken in Berlin, ^früher in
Kassel.
»Dein Werk hat ganz die Wirklichkeit verklärt,
Natur hat Dir ihr schönstes Gut gewährt!•
Am 4. Juli fand vor dem Hause des physiologischen
Instituts in Marburg eine studentische Demon
stration statt, an der sich mehrere hundert Studenten
betheiligten, und die sich gegen den Professor der
Physiologie, Geheimrat Dr. E. Külz, richtete. In
einer am Abend vorher abgehaltenen allgemeinen
Studentenversammlung, in der sämmtliche studentische
Korporationen vertreten waren, war der einstimmige
Beschluß gefaßt worden, eine Eingabe an den Herrn
Kultusminister Dr. Bosse zu richten. Darin wird
darauf hingewiesen, daß das schroffe Auftreten
des Geheimrath Dr. Külz gegen seine Hörer mit der
Stellung eines akademischen Lehrers unvereinbar und
geeignet sei, das gute Einvernehmen zwischen Lehrern
und Hörern zu beeinträchtigen. Der Herr Minister
wird gebeten, die gefährdeten Rechte der akademischen
Bürger zu schützen. Wie das »Marb. Tgbl." weiter
hört, ist seitens der Studentenschaft der Besuch der
Vorlesungen des Herrn Geheimrath Dr. Külz einst
weilen eingestellt worden. Die Demonstranten drohen
für den Fall, daß ihnen nicht willfahrt werde, mit
einem massenhaften Verlassen der hiesigen Hochschule
am Schlüsse des Semesters.
UniversitätsNachrichten. Der Professor,
der Philosophie, Geheimer Regierungsrath Dr.
Julius Bergmann in Marburg, welcher
um seine Entlassung eingekommen war, um sich ganz
seinen wissenschaftlichen Arbeiten widmen zu können,
ist vom 1. Oktober c. an von der Verpflichtung,
Vorlesungen zu halten, entbunden, bleibt aber im
übrigen in seiner bisherigen Stellung zur Universität;
zugleich ist die philosophische Fakultät der Universität
Marburg aufgefordert worden, Vorschläge für die
Berufung eines neuen Ordinarius der Philosophie
einzureichen. —
Unserem Kasseler Landsmanne, dem Professor der
Staatswissenschaften Dr. Wilhelm Seelig in
Kiel, ist der Charakter als Geheimer Regierungsrath
verliehen worden.
An Stelle des ordentlichen Professors für klassische
Philologie und alte Geschichte in Gießen, Dr. Ad.
Philippi, der am 1. Oktober in den Ruhestand tritt,
ist der Professor Dr. Eduard Sch war tz in Rostock
berufen worden.
Die außerordentlichen Professoren in der philo
sophischen Fakultät zu Gießen Dr. Peter von
B r a d k e (für Sanskrit und vergleichende Sprach
wissenschaft) und Dr. E u g e n L e l l m a n n (für Chemie)
sind zu ordentlichen Professoren ernannt worden. — In
Gießen starb im Alter von 81 Jahren der Professor
der Rechtswissenschaft Geheimer Rath Dr. iur et. theol.
Frie drich Wilhelm Hermann Waschersch-
leben, von 1875 bis 1883 Kanzler der hessischen
Ludwigs-Universität. Seine Lehrthätigkeit und seine
wissenschaftlichen Arbeiten erstreckten sich hauptsächlich
auf das Kirchenrecht und die deutsche Rechtsgeschichte.
Seit mehreren Jahren übte Wascherschleben wegen
seines vorgerückten Alters seine Lehrthätigkeit nicht
mehr aus. — Unser hessischer Landsmann Dr.
Ernst von Meyer, außerordentlicher Professor
der Chemie an der Universität Leipzig hat eine
Berufung als Nachfolger des Geh. Rathes Schmidt
an das Polytechnikum in Dresden erhalten und
angenommen. —
In den Tagen vom 24. bis 27. Juli feiert die
Landsmannschaft Germania zu Marburg das Fest
ihres fünfundzwanzigjährigen Bestehens.
Todesfälle. Am 20. Juni starb im 70. Lebens
jahre der Superintendent Dr. theol. K. W. H. Hoch-
huth von Eschwege in Folge einer Lungenentzündung
in Bad Ems. Der Verblichene war am 20. Mai 1823
zu Eschwege als Sohn des heute noch in rühmlichem
Andenken stehenden Metropolitans I. Chr. Hochhuth
geboren. Seine Gymnasialstudien machte er in Hersfeld,
bezog Herbst 1813 die Universität Marburg, war
daselbst Mitglied des Korps Teutonia, unterzog sich
nach absolvirtem Studium der Theologie dem exarnen
rigorosum und erhielt die Würde eines Licentiaten