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hängerin des Hessenthums einen warmen Nachruf,
dem wir folgende Angaben entnehmen:
Emilie Wepler wurde am 8. Februar 1818 zu
Kassel als die Tochter des Landrichters Heinrich Georg
Wepler geboren. Ihre Mutter war eine geborene Nahl,
Tochter des seiner Zeit rühmlichst bekannten Historien-
und Portraitmalers und Kasseler Akademiedirektors
Johann August Nahl, Zeitgenosse Göthe's, der ihn
in seinen Werken, bei einer Preisaufgabe, die von
Weimar ausgeschrieben wurde, lobend erwähnte. Der
Urgroßvater der Verstorbenen und Vater des Johann
August Nahl, war der berühmte Bildhauer gleichen
Namens, von dem das Standbild des Landgrafen
Friedrich II., welches den Friedrichsplatz schmückt,
stammt. Die Dahingeschiedene, einer hochbegabten
Künstlerfamilie entstammend, Tochter einer geistreichen,
für Schauspiel- und Dichtkunst begeisterten Frau,
wurde so schon von frühester Jugend an dahingedrängt,
für das Edle und Schöne ihren Sinn zu bilden.
Sie genoß eine gediegene Ausbildung, wie sie nur
den Töchtern höherer Stände zu Theil wurde.
Leider wurde ihre glückliche Jugend, die sie im Hause
ihrer gut situirten Eltern verlebte, getrübt durch den
pekuniären Ruin, in den ihr Vater durch den Sturz
des Lombards (Leihhauses) gerielh, an welchem er,
neben seiner amtlichen Funktion als Landrichter, die
Stellung eines Direktors bekleidete. Er büßte nicht
allein bei dieser Gelegenheit das nicht unbeträchtliche
Vermögen seiner Gattin ein, sondern mußte selbst
mit einem Theil seines Gehaltes für gutgesagte Ver
pflichtungen Deckung leisten. Es kamen für die
Dahingeschiedene von jetzt an trübe Tage, da sie
mit Armuth und Noth zu kämpfen hatte, aus welcher
sie erst theilweise befreit wurde, als ihr der verstorbene
ehemalige Kurfürst Friedrich Wilhelm I. von Hessen
huldvollst einen Jahresgehalt gewährte, welchen auch
die Kinder des verstorbenen Fürsten nach dessen Tode
ihr weiter verliehen. Die Hauptwerke der Verstorbenen
sind: „Plato und seine Zeit", ein Werk, das, wenn
ihm auch tiefere männliche Gelehrsamkeit mangelt,
doch mit voller Begeisterung geschrieben wurde. Ein
weiteres Werkchen, das sie 1882 herausgab, be
titelte sich: „Hessische Erzählungen und Gedichte".
Schon 1875 erschien im Selbstverlag der Verfasserin
die Biographie des letzten Kurfürsten von Hessen.
Ebenso erschien schon früher: „Wilhelmshöhe und
sein Erbauer". Noch sei bemerkt, daß die Verblichene
es verstand, einen treuen, ausgedehnten Freundeskreis
an sich zu fesseln und dessen Anhänglichkeit sich bis
in ihre letzten Lebenstage zu bewahren. R. 1. p.
Direktor a. D. Dr. Friedrich Münscher.
Derselbe, ein Sohn des in Marburg verstorbenen
Professor der Theologie Dr. Wilhelm Münscher war
dortselbst am 2!. Mai 1805 geboren. Auf dem
Marburger Pädagogium und dem Gymnasium zu
Hersfeld erwarb er sich seine akademische Vorbildung,
studierte dann von 1824 bis 1827 in Marburg
und Göttingen Theologie und Philosophie, wo er ein
eifriges und sehr angesehenes Mitglied der Burschen
schaft war, wurde 1833 ordentlicher Gymnasiallehrer
in Hanau und 1849 Direktor des dasigen Gym
nasiums. 1850 erfolgte seine Versetzung als Gym
nasialdirektor an das Gymnasium zu Marburg, wo
er der Nachfolger A. F. C. Vilmars wurde. Die
Leitung des Marburger Gymnasiums führte der Ver
blichene, wie bekannt, mit reichem Segen, in welches Lob
gewiß alle seine zahlreichen Schüler freudig einstimmen.
Als Vorstand des Gymnasiums erwarb er sich in
hohem Grade das Vertrauen und die Liebe seiner
Kollegen, die von ihm eine sich stets gleichbleibende
wohlwollende Behandlung erfuhren. In einer von
ihm verfaßten Geschichte der unter seiner Leitung
stehenden Gelehrtenschule, schilderte er die Zeit von
1856—68 als eine besonders blühende für dieselbe.
Es war ihm vergönnt, sein 50jähriges Doktorjubiläum,
sein 50jähriges Dienstjubiläum, sowie 1874 sein
25jähriges Direktorialjubiläum zu feiern. Zur Er
innerung an dieses letztere Fest wurde eine Münscher-
stiftung zur Unterstützung hilfsbedürftiger Schüler
des Marburger Gymnasiums gegründet. Bei diesen
Festlichkeiten ward ihm eine Liebe und Hochachtung
entgegengebracht, wie sie wohl nur selten einem
Jubilar zu Theil wird. — Mit hohen Orden ausge
zeichnet, trat er am 1. Juli 1884 in den wohl
verdienten Ruhestand, wobei ihm das Prädikat „Ge
heimer Regierungsrath" allerhöchst verliehen wurde. —
Sein langes Leben hatte ihn einen Einblick in die
Geschicke unseres engeren Vaterlandes thun lassen,
wie er nur wenigen vergönnt ist, und konnten feine
Erinnerungen, die ja bis in die westfälische Zeit
reichten, als hochinteressante Mitteilungen gellen.
Noch bis vor wenigen Jahren ein flotter Schlittschuh
läufer und ständiger Badegast der vereinten Schwimm
anstalt, hatte er sich einer wohl seltenen Gesundheit
zu erfreuen. Erst das letzte Jahr zeigte eine Ab
nahme seiner Kräfte, nun ist er von uns gerufen.
Sein Andenken wird ein allzeit ehrenvolles bleiben. —
Er ruhe in Frieden! (Oberh. Ztg.)
(Ueber die vielseitige literarische Thätigkeit des Ver
blichenen, die ja auch in historischer Beziehung nicht
ohne Bedeutung ist, berichten wir bei anderer Ge
legenheit. D. Red.)
Am 30. Mai verschied zu Marburg im 89.
Lebensjahre der Geheime Regierungsrath Gymnasial-