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die zwölf Dukaten zu übersenden. Ich danke Ihnen
für Ihre gütige Mittheilung, und habe die Ehre zu
seyn u. s. w." Diese zwölf Dukaten hat Haßloch
am 16. Februar an Schiller abgesandt unter Bei
fügung folgender Zeilen: „Euer Wohlgeboren habe
ich die Ehre, beikommende zwölf Dukaten zu über
senden; und bitte Sie mir bei das Manuskript eine
Quittung darüber beizulegen." In einer Nachschrift
bemerkt Haßloch: „Dürfte ich noch bitten, mir bald
das Manuscript zukommen zu lassen?" Hieraus ist
ersichtlich, daß Schiller, der praktische Geschäftsmann,
nach dem Grundsatz handelte: Erst Geld, dann Waare.
Allein der zwölf Dukaten sollte Schiller nicht lange
froh werden, denn Haßloch erließ unter'm 23. Februar
ein Schreiben dieses Inhalts: „Ich habe mit
hiesiger Fürstlicher Hoftheateräireotion die Ueberein-
kunft getroffen, daß dieselbe das Nanuserixt der
Jungfrau von Orleans übernehmen, mir aber die
erste Vorstellung überlassen sollte. Allein bey Durch
lesung beikommenden Nanusoriptes finde ich, daß
dasselbe buchstäblich, mehrere Abkürzungen und einzelne
Wörter ausgenommen; bereits als Taschenbuch und
im Nach-Druck bey Kehr gedruckt ist. So wie ich
überzeugt bin, daß Euer Wohlgebohrnen bloße Ab
kürzungen |: die ohnedies jeder Regisseur nach den
Verhältnissen seiner Bühne machen wird:j nicht als
ein eigends für die Bühne bearbeitetes Manuscript
ansehen; so werden Sie auch einsehen, daß ich es
unmöglich wagen kann; meiner Direction ein Stück
als Manuscript vorzulegen, welches sie bereits in zwey
verschiedenen Editionen gedruckt besitzt. Ich nehme
mir daher die Freiheit, Ihnen dasselbe mit umgehen
der Post wieder zuzusenden; und ersuche Sie mich
durch die Umstände entschuldigt zu halten."
Schiller wird hiernach, so nehmen wir an, die
zwölf Dukaten an Haßloch wieder zurückgeschickt haben,
und die Fürstliche Hoftheaterdirektiou zu Kassel war
in der Lage, die „Jungfrau" ohne Honorarentschädigung
an den Dichter zur Darstellung zu bringen. I. W. Ar.
Ein Militär-Exceß im Jahre 1 604 zu
Lieben au.
Das hessische Militär hat sich von jeher nicht
nur durch seine Tapferkeit, sondern auch durch seine
musterhafte Manneszucht ausgezeichnet. Um so mehr
muß es befremden, daß im Jahr 1604 bei dem
Cassel'schen Fähnlein zu Liebenau, des Regimentes
an der Diemel, ein Exzeß vorkommen konnte, wie
der nachstehend aktenmäßig beschriebene, der auch nur
ganz vereinzelt dasteht!
Eingenommene Kundschaft in Sachen contra
Hans von Ahne, so durch den Regiment
Schulzen Christoffel Schrottel, Hauptmann Hans
Schieike, Lieutenant Jorg Molner's, Fändrich Velten-
Lange, Feldweybel Henrich Bischofs, Forirer Henrich
Schacht, Corporal Henrich Jäger, Corporal Michel
Hochbergk, Gefreiter Hans Grimme
Sindt nach benannte Zeugen vermittelst eines leib
lichen Eides, so sie zu Gott und seinem heiligen
Wortt geschworen haben, abgehörtt worden am 25
Aprilis 1604.
Nota testium.
1. Clanes Dräubel, Feltweybel; 2. Dietrich von
Holtzminne, Lieutenannt; 3. Antony Reinhartt,
Forier; 4. Urban Eylbrecht Münster, Schreiber; 5.
Dittrich Schrotter, Feltweybel; 6. Hans Brange,
Führer.
1. Zeuge Clanes Dräubel sagt aus: Mir war —
von meinem Hauptmann Schierke — befohlen worden,
zum Krüger (Wirth) zu gehen und bei Poen — 5
Gld, Strafe, demselben zu verbieten nach besetzter
Wacht Niemand Bier zappen oder langen sollte. —
Das mall saß Hans von der Ahne vor dem Kruge
und habe gesoffen und gesagt: er wolle sauffen, wenn
er Geld habe und sich an Niemandts darum an. —
Darauf der Feltweybel geantwortet: Das möget ihr
thun, — könnt ihr's verantworten! — Wahr sei
auch, daß Hans von der Ahne den anderen Tag bis
zum Anfang des Tumultes gesauffen habe. —
Lieutenannt Dittrich Holzminne sagt aus.- Da sie
bei Austheilung des Proviants gewesen wären, sei
Hans von der Ahne mit Schimpfen und Fluchen
dazugekommen und habe gesagt: sie hätten unrechtes
Maas, es sollte anders sein, oder er wollte das
Fähnlein nehmen und nach Landgraf Moritz gehen
und sollte er darüber an einem Baum gehenckt wer
den. Der Zeuge sagte ihm: Du magst es darnach
anfangen, es widderfahr dir! Lieutenant Holzminne
fertigte hierauf den Schreiber Münster ab, um dem
Hauptmann diese Meuterei zu melden. Der dritte
Zeuge sagt: Wie der Hauptmann gekommen sei,
wäre Hans von der Ahne bei der Wacht vor'm
Kruge gestanden und sei full gewest; habe die Knechte
zusammengeruffen und gesagt: ihr Knechte tretet her
bei! Darüber habe ihn der Hauptmann mit Worten
gestrafet, welche er nicht habe annehmen wollen, son
dern habe gesagt: er wolle vor die Knechte reden
und habe dem Hauptmcmn geantwortet: er wolle
nach Landgraf Moritz laufen, und ihm das Fähnlein
bringen. Das Fähnlein habe Hans von der Ahne,
dann aus dem Logement geholt. Der Hauptmann
sagte hierauf zu den Knechten: Was soll hieraus
werden — und sie mit der Erinnerung gewarnt;
sie wüßten wohl, wie es ihnen ehmals ergangen wäre,
und ob ihnen etwa etwas mangele. Die Knechte
antworteten: sie seien wohl zufrieden und könnten
nichts dazu, was ihr Führer anfange. Hans von
der Ahne sei hierauf nach des Hauptmanns Pferd
gedrungen — vielleicht gemeint denselben bei dem
Kopf zu ergreifen — und uf die Wehr gegriffen
— und habe vor ihm solch groß Getresche
gehabt, daß ihm der Schaum aus dem
Maul geflossen und dem Hauptmaun geboten zu
schweigen, da er vor den Knechten reden wolle.