gleichem Maße für die Oper, er erhob das
Orchester wieder zu der alten Höhe und zog
Sänger und Sängerinnen von Ruf heran, deren
Namen zwar nicht so bedeutend wie die der
vorigen Periode waren, die sich aber doch ein
lang andauerndes Gedächtniß bei dem Kasseler
Publikum bewahrt haben, wie die Tenoristen
Dams und Derzka, der Bassist Deitmer
und die Coloratursängerin Pi stör. Die erste
dramatische Sängerin Meißelbach war noch
aus der Truppe Bethmann's übernommen worden.
Später erfreuten sich großer Beliebtheit die
Primadonna Demoiselle Löw, die Coloratur-
süngerin Fräulein Eder und die Soubrette
Fräulein Mol endo, welche nach einer Reihe
von Jahren als Frau Podesta im Fache der
komischen Alten thätig war, und der sowohl als
Sänger wie als Darsteller gleich vortreffliche
Baritonist Bieberhofer.
Nachdem Spohr bereits 1839 von den Ge
schäften eines Mitgliedes der Theaterdirektion
entbunden worden war, trat 1846 auch Feige
von der Leitung zurück, und diese wurde in die
Hände des Kammerherrn von Heeringen gelegt.
Der neue Intendant erwarb sich von vornherein
dadurch ein großes Verdienst um das Kasseler
Hoftheater, daß er die Shakespeare'schen Stücke,
welchen die vorhergegangene Zeit nicht sonderlich
günstig gewesen war, zahlreicher in das Repertoir
aufnahm und hierdurch den Darstellern eine
Fülle dankbarer Rollen erschloß. In die ersten
Jahre der Intendanz des Herrn von Heeringen
fallen die politischen Wirren, über welche, so
ernst dieselben waren, doch der Theaterhumor
nicht verloren ging, wie aus den Spässen Birn-
baum's auf der Bühne zu folgern ist. Neben
dem klassischen Drama wurde dem Lustspiel und
der Posse eine gleich sorgsame Pflege gewidmet,
zumal die Kräfte auch für diese Kunstgattungen
in ergiebigstem Maße vorhanden waren. Außer
den bereits genannten Mitgliedern sind vom
Schauspielpersonal in dieser Zeit die Damen
Thäte und Gay zu nennen, sowie Fräulein
Lemcke, welche als jugendliche Liebhaberin
engagirt wurde, bald aber ihr bedeutendes Talent
im ersten Rollenfach entfaltete. Auch Marie
Seebach begann damals am Kasseler Hof
theater ihre künstlerische Laufbahn. Als jugend
liche Liebhaber gefielen Gabillon undKöckert.
Julius Braun Hofer, ein feingebildeter Dar
steller, war als erster Liebhaber im Lustspiel
ausgezeichnet, für das eigentliche Heldenfach aber
fehlte ihm die Kraft. Als erste Sängerin wurde
zu Anfang der fünfziger Jahre Fräulein Louise
Meyer hochgeschätzt, welche von ihrem ersten
Engagement an einer kleinen Bühne nach Kassel
gekommen, sofort Triumphe feierte. Von hier aus
erhielt diese Künstlerin einen Ruf an das Hofopern
theater in Wien, woselbst sie engagirt und eine
Berühmtheit wurde, welcher selbst der gerade
nicht sehr zu Lobeserhebungen geneigte Eduard
Hanslick in seinem Werk über die deutsche Oper
in ganz außerordentlicher Weise gedenkt. Auch
die beliebte Sängerin Lieb hart fand von Kassel
aus Engagement in Wien. Ueberhaupt ist es
bemerkenswerth, daß von Ludwig Löwe an bis
auf die neuere Zeit viele Mitglieder des Kasseler
Schauspiels wie der Oper an den Wiener Hof
theatern bereitwilligste Aufnahme fanden und in
der Folge dort hervorragende Stellungen ein
nahmen. Eine zweite Glanzperiode für die
Oper trat unter der Intendanz des Herrn von
Heeringen ein, als Theodor Wachtel, Rüb-
s a m e n, Hochheimer und die Damen M a s i u s,
Rübsamen-Veith und die Soubrette Amalie
Kraft engagirt waren. Mit dieser Besetzung
z. B. einer Äufführung des „Teil" beizuwohnen
war ein Kunstgenuß, wie ihn selten ein Theater
geboten hat. Es lag jedoch in der Natur der
Sache, daß dieses ausgezeichnete Ensemble nicht
lange beisammen blieb, denn, durch die hiesigen
Erfolge verwöhnt, trieb die meisten Künstler
wie es unter ähnlichen Umständen noch heute
der Fall, Unzufriedenheit mit den bestehenden
Verhältnissen oder die Sucht nach dem Metall,
an welchem Alles hängt, nach welchem Alles
drängt, wieder hinaus, aber von allen den eben
Genannten hat nur Wachtel goldene Ernten
gehalten, die Uebrigen haben nach dem Kasseler
Engagement nicht viel mehr von sich hören lassen.
Der Grund hiervon ist leicht in dem Umstand
zu finden, daß die Stimmen damals wie auch
noch heute an einem Hoftheater geschont und
keiner Ueberanstrengung Preis gegeben werden,
wogegen ans den Bühnen, welche unter einer
Privatleitung stehen, die Sänger häufig genug
in der gewissenlosesten Weise lediglich zur Aus
beute dienen und in verhültnißmäßig kurzer Zeit
einem sichern Ruin entgegengehen. Von hervor
ragenden Kräften in der Oper engagirte Herr
von Heeringen in der Folge noch den Bassisten
Lindemann und den Tenoristen Bachmann;
Schulze, welcher fürRübsamen als ersterBariton
eintrat, übernahm später die Buffopartien, in
denen er noch jetzt erfolgreich thätig ist. In
der Leitung der Kapelle war mittlerweile ein
Wechsel eingetreten, Spohr hatte den Taktstock
1857 niedergelegt, nachdem ein Jahr früher
Jean Bott, sein berühmter Schüler, aus der
Stelle eines Konzertmeisters geschieden war. Noch
vor Spohr's völligem Ausscheiden aber war schon
neben dem alten Meister dessen Nachfolger, Hof
kapellmeister Reiß, angestellt worden, welcher
mit ebensoviel Eifer als künstlerischer Befähigung