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stattfinden, durch welche eine Art von Mißtrauen
auf den zurückgebliebenen treuen Theil des
Bataillons fiele, welche derselbe meiner Ueber
zeugung nach nicht verdient.
(gez.) Th. Baron von Zobel,
Major und Commandeur."
Diese Meldung traf am 1. August in Frank
furt ein, und sofort sandte Prinz Philipp von
Homburg seinen Adjutanten, den österreichischen
Hauptmann Lukasics, den Meuterern entgegen,
um sie unter Anerbieten voller Straflosigkeit
— Weidner und Vogel ausgenommen — zur
Rückkehr zu ihrer Pflicht und ihrer Truppe zu
veranlassen. Lukasics traf in der Nacht vom
2. zum 3. in Salmünster ein und erfuhr, daß
auch die Quartiermacher der Meuterer soeben
daselbst angekommen seien. Den unter diesen
befindlichen Sappeur Weidner ließ er alsbald
verhaften und nach Frankfurt abführen. Um
7 Uhr Morgens erreichte die Colonne die Stadt.
Lukasics stellte den Leuten das Strafbare ihrer
Handlung vor und sicherte ihnen Straflosigkeit
zu, sofern sie zurückkehrten, — vergeblich, sie
verharrten bei ihrem Vorsatz, nach Fulda zu
marschieren, um ihre Fahne abzuliefern und
dann entlassen zu werden. Sie verhielten sich
außerdem vollkommen ruhig und setzten bald
ihren Marsch fort. Vor Schlüchtern begegnete
ihnen der vom Fuldaer Landwehr-Ausschuß mit
gleichem Auftrag wie Lukasics entgegen gesandte
Großmajor (Oberstlieutenant) von Katzmann,
erzielte aber keinen besseren Erfolg. Abends
10 Uhr rückte die Colonne in guter Haltung
geschlossen unter Trommelschlag in Fulda ein,
die Kranken wurden auf Wagen mitgeführt.
Sie marschierten vor dem Präfekturgebäude auf;
die Fahne wurde dann daselbst eingebracht und
eine Wache davorgestellt.
Die Mannschaft erklärte dem an sie heran
tretenden Stadtcommandanten Obersten von
Buseck, sich unterwerfen zu wollen, und wurde darauf
in die Stadt einquartiert. Exzesse kamen nicht
vor. Am folgenden Morgen versammelte sich
ein Theil der Landwehrmänner mit Geschrei vor
der Präfektur und verlangte seine Entlassung
in die Heimath. Nochmals versuchte der Aus
schuß die Leute zur Rückkehr zu bewegen, doch
mit Ausnahme von 12 blieben die klebrigen bei
dem Entschluß: ihre Waffen erst abzugeben,
wenn sie den rückständigen Sold und einen ehr
lichen Abschied erhalten hätten; im Uebrigen
würden sie sich ruhig verhalten.
Nunmehr vernahm der Ausschuß drei Ser
geanten und per Compagnie zwei Mann, um
über die Gründe des Aufruhrs Aufklärung zu
erlangen. Da stellte sich nun doch ein etwas
anderes Bild heraus als das vom Major von
Zobel in seiner Meldung entworfene. Die
übereinstimmenden Aussagen lauten dahin: Sie
hätten sich unter einander verabredet, nach Hause
zu gehen, weil sie es dort nicht mehr hätten
aushalten können. Seit dem 25. April
wäre ihnen kein Heller Sold mehr
gezahlt, ebensowenig Kleinmontirungsstücke
geliefert. Vorstellungen, die dieserhalb dem Com
mandeur gemacht worden seien, wären fruchtlos
geblieben. Der habe ihnen wohl öfter Ver
sprechungen gemacht, aber trotzdem hätten sie
keinen Sold, dagegen die Offiziere ihre Gage
erhalten. Alle ihre Kameraden, die von Darm
stadt und Würzburg, selbst das Landwehr
bataillon Frankfurt, seien längst in die Heimath
entlassen, nur sie habe man, obgleich der Krieg
seit Langem vorüber sei, zurückbehalten. Die
Bauern, bei denen sie im Quartier gelegen, seien
ihnen grob begegnet und Hütten ihnen nichts
mehr geben wollen, sondern gerathen, nach Hause
zu gehen, da doch ihre Zeit um sei. Pou der
Heimath aus seien sie dazu nie veranlaßt worden,
sie Hütten sich im Gegentheil in Fulda keinen
freundlichen Empfang versprochen. Die Offiziere,
die zum großen Theil selbst vorher nicht Sol
daten gewesen, hätten sie schlecht und brutal
behandelt, die Freiwilligen seien entgegen den
gemachten Versprechungen geschlagen und miß
handelt worden. Die Fahne Hütten sie geholt,
weil sie ohne dieselbe nicht mit Ehren hätten in
die Heimath zurückkehren können. Ihr Ver
brechen sei ja auch nicht so groß, denn sie
Hütten ihre Fahne nicht verlassen.
Als sie diese genommen, sei der Widerstand der
Offiziere auch kein allzufester gewesen. Der
Herr Major hätte bei dem Eintritt von einem
Freiwilligen und zwei Grenadieren diesen gleich
seinen Degen mit den Worten übergeben wolle»:
„er könne unter solchen Umstünden nicht mehr
ihr Commandant sein." Die Annahme des
Degens sei abgelehnt worden, worauf ihn Haupt
mann Saalmüller an sich genommen habe.
Nun hätte der Commandant auch seine Uniform
ausgezogen und ihnen dabei die Zusicherung
gemacht, sie würden morgen ihren Sold erhalten,
wenn sie beim Bataillon blieben. Mit solchen
leeren Vertröstungen, die schon oftmals geschehen
seien, hätten sie sich aber nicht hinhalten lassen.
Ihr Schicksal wollten sie rnhia erwarten.
(Schluß folgt.,