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Im Friedrichsbad, gleichfalls an der linken
Seite der Brunnenstraße, waren im Unterraum
zwei Badezimmer, in einem ein großes zinnenes
Kellerbad, im anderen ein Liegebad von Marmor,
in den oberen Räumen 64 Zimmer für Kurgäste,
davon neun für fürstliche Personen.
Für jüdische Kurgäste war ein besonderes
Gebäude, an der linken Seite der Brunnenstraße
mehr nach der Stadt zu, errichtet.
Der Preis der Zimmer betrug, wie zum Theil
noch zu ersehen, 2 Albus 8 Heller bis 16 Albus.
Zwischen Wilhelms- und Friedrichsbad ver
lauft eine mit zwei Reihen Bäume angelegte
Allee zum Spaziergang für die Kurgäste beim
Brunnengenuß.
Die Trinkquelle, gerade in der Mitte zwischen
den drei Badehäusern und bis dahin in dem
durch Galerien mit Wilhelms- und Friedrichsbad
verbundenen sog. Brunnenhanse gelegen, ward nach
Abtragung des letzteren besonders eingefaßt und
mit einem von ionischen Säulen getragenen
knppelförmigen Dache versehen, so daß dieser
Bau das Aussehen eines griechischen Tempels
hat (vollendet 1792).
Friedrich II. machte sich um den Brunnen
weiter verdient, indem er erst durch den Bau-
meister Karl du Ry (1757)°'), den Ingenieur
Oberstlieutenant Splittdorf (1764), ferner durch
den Kapitän Pauli (1768) verschiedene Ver
besserungen, so Ableitung des wieder eingedrungenen
wilden Wassers und anderer schädlicher Feuchtig
keiten, vornehmen, ferner in den Badehäusern
Galerien anlegen, auch in der Umgebung des
Brunnens weitere Gebäulichkeiten, insbesondere
Stallungen und Remisen zur Unterbringung
von Pferden und Wagen der Kurgäste sowie
ein kleines Theater, aufführen und endlich die
ganze Gegend durch Parkanlagen verschönern ließ.
Landgraf Wilhelm IX. (als Kurfürst Wil
helm I.) erweiterte den Park durch neue An
lagen und erbaute an dem darin angelegten
Teiche ein kleines Lustschloß, Schon bürg
(Mont-Cheri) genannt, mit Kellerbad. Unter
seiner Regierung wurde (27. Februar 1789)
von der Hochfürstlich Hessischen Ober-Rentkammer
zu Kassel ein Reglement, den Gesundbrunnen
bei Hofgeismar betreffend, erlassen, enthaltend
Bestimmungen über Anmeldung der Kurgäste,
Benutzung der Quellen, Taxe dafür sowie Taxe
der Lebensmittel, Vorschriften üher den Gottes
dienst, die Mahlzeiten, die öffentlichen Ver
gnügungen, darunter namentlich die schon da
mals gestatteten Pharao- und Bankspielc u.
dgl. m. 65 )
M ) Zusti, Hess. Denkwürdigkeiten IT, S. 260.
<») Martin n. a. O.. S. 805 fg.
Der Gesundbrunnen zu Hofgeismar, für den
fast das ganze vorige Jahrhundert hindurch ein
hesonderer Brunnenarzt angestellt war, — einige
Jahre waren sogar, wenn freilich nur während
der Sommerzeit, zwei Brunnenärzte daselbst
thätig °°) —, genoß weithin großes Ansehen,
das durch die günstigen Urtheile der Sach
verständigen erheblich vergrößert wurde.
Auch König Jsröme von Westfalen interessirte
sich für den Gesundbrunnen zu Hofgeismar,
wenn freilich er nur daselbst, wie ihm nachgesagt
wird, die Schuljugend der Stadt als gute Sol
daten gemustert haben soll. Die beiden letzten
Kurfürsten von Hessen, Wilhelm II. und Friedrich
Wilhelm I., haben dem Brunnen große Aufmerk
samkeit und Pflege angedeihen lassen und da
selbst oft lind auf längere Dauer ihren Aufent
halt genommen.
Wohl bekannt ist den Meisten der gegen
wärtigen Generation, wie groß die Zahl derer
gewesen, welche aus Hessen und anderen Ländern
zum Brunnen bei Hofgeismar strömten und
dort Genesung suchten und fanden, und wie sich
namentlich an Sonn- und Feiertagen in den
herrlichen Anlagen daselbst ein fröhliches Leben
und Treiben entfaltete. Nicht soll auch ver
schwiegen werden, daß Manche durch die daselbst
gehaltene Spielbank mächtig angelockt wurden.
Zu bedauern ist daher, daß seit den sechziger
Jahren plötzlich die Quellen nachließen (nach
1871 eine neue Bohrung) und damit die Zahl
der Besucher rasch abnahm, so daß heutzutage
nur äußerst wenige Menschen zu ihrer Benutzung
sich einfinden, obwohl die Stadt Hofgeismar in
Folge der Eisenbahnverbindung so leicht zu er
reichen ist. —
Versuche zur Neubelebung der Gegend sind
in verschiedener Richtung gemacht worden, u. A.
ist lange Zeit die Gründung einer Ackcrbauschulc
sowie eines Predigerseminars daselbst geplant
worden. Zweckmäßiger sollte es doch wohl sein,
nicht erst Neues schaffen zu wollen, sondern an
Bestehendes anzuknüpfen; zumal nach dem Urtheile
aller Sachverständigen die Umgebung des Gesund
brunnens viele demselben gleichartige Quellen
enthält.
66) Unter den Brunnenärzten wird als erfahrener
Praktiker genannt: Hosrath Dr. Wüstenberg. Vergl. Böttger
a. a. O., S. 18 fg.
67 ) Ist man doch beim Bohren eines Brunnens im
September 1887 in dem Gartengrundstück in der Nähe
des Pulverthurmes dicht bei der Stadt Hofgeismar (Th.
Euler gehörig) bei einer Tiefe von 22 Meter auf Wasser
gestoßen, welches ganz bedeutenden Gehalt an Eisen und
Kohlensäure besitzt und demnach in seinen Bestandtheilen
dem Waüer des Gesundbrunnens gleichkommt. S. Kasseler
Tageblatt Nr. 266, Hofgeismarer Zeitung Nr. 137.