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Ans Heimach und Fremde.
Der Ministerpräsident Graf Botho zu Eulen
burg richtet an die Bewohner der ihm, als Ober-
Präsidenten, bisher unterstellten Provinz Hessen-
Nassau im Amtsblatte folgende Abschiedsworte:
Kassel, den 12. April 1892.
Bei dem Scheiden ans meinem bisherigen
Wirkungskreise sage ich den Bewohnern der Provinz
Hessen-Nassau ein herzliches Lebewohl und danke
den Behörden und Beamten für ihre bereitwillige
Mitwirkung. Dem Wohle der Provinz bleiben
mein lebhaftes Interesse und meine besten Wünsche
zugewandt.
Der Präsident des Staatsministeriums:
Graf zu Eulenburg.
Zum Nachfolger des Grafen Botho zu Eulenburg
als Oberpräsident der Provinz Hessen-
Nassau ist der Unterstaatssekretär im Ministerium für
Handel und Gewerbe Eduard Magdeburg in Berlin
ernannt worden. Derselbe entstammt unserer heimath
lichen Provinz, er ist ein nassauisches Landeskind, ein Sohn
des nassauischen Hofkammerraths Magdeburg.
Er wurde 184 4 in Diez geboren, studierte
Rechtswissenschaft in Heidelberg, machte im Herbst
1866 die erste nassauische Staatsprüfung, wurde
im Frühjahr 1867 Accessist am Amte in Diez und
ging im September 1867 nach Einführung der
Amts- und Kreisgerichte zur Verwaltung über. Zu
nächst wurde er bei der Regierung in Potsdam be
schäftigt, kam im Jahre 1870 an das Bezirkspräsidium
in Metz, später als Landrath nach Sonderburg,
wurde von dort als Hilfsarbeiter in das Ministerium
des Innern, später zum vortragenden Rath im
Reichsministerium des Innern berufen, bekleidete
mehrere Jahre die Stelle des Regierungspräsidenten
in Kassel und wurde dann als Unterstaatssekretär
in das Ministerium für Handel und Gewerbe mit
dem Titel Wirkl. Geh. Oberregierungsrath berufen. —
In unserem Hessenlande erfreut er sich von jener
Zeit her, als er in der Mitte der achtziger Jahre
als Regierungspräsident in Kassel thätig war,
großer Beliebtheit und ist daher auch seine Er
nennung zum Oberpräsidenten allseitig freudig be
grüßt worden.
In der am 25. April zu Kassel abgehaltenen
Monatsversammlung des Vereins für hessische
Geschichte und Landeskunde theilte u. a. der
Vorsitzende Major a. D. von Stamford mit, daß
die große Anzahl der im Besitze des Vereins befind
lichen Urkunden von Major a. D. von Löwenstein
durchgesehen und geordnet worden sei, sowie daß
die Herausgabe der „Mittheilungen" des Vereins
zu Anfang Mai erfolgen werde. Hiernach hielt
Dr. § mit et tut Diemar den angekündigten Vortrag
über ,das Leben und die Werke des hessi
schen Schriftstellers der Reformationszeit
Hans Wilhelm Kirchhof", des Verfassers des
„W end un mut". Dieses 1563 zu Frankfurt bei
Georg Rab und Weygand Hans Eiben erschienene,
den Brüdern Christoph^Otto,^ Eckbrecht und Hermann
von der Malsburg gewidmete Buch'ist eines der werth
vollsten Erzeugnisse unserer hessischen Literatur des 16.
Jahrhunderts, und zur Kenntniß der Sittengeschichte
jener Zeit unentbehrlich. Auf dasselbe in neuerer
Zeit wieder hingewiesen zu haben, ist das Ver
dienst des Literarhistorikers Karl Goedeke. Im
Osterprogramme des Marburger Gymnasiums von
1867 unternahm es in anerkennenswerther Weise
der Gymnasial-Oberlehrer G. Th. Dithmar durch
Mittheilungen „Aus und über Hans Wilhelm
Kirchhof" den alten Hessen und sein bewegtes
Leben seinen Landsleuten näher zu bringen.
Es folgte dann 1869 eine neue Ausgabe des
„Wendunmut" von Hermann Osterley (Stuttgart).
In dem von dem Oberbibliolhekar Dr. O. Hartwig
in Halle herausgegebenen „Zentralblatt für Bibliotheks
wesen", Heft 2 des Jahrgangs 1892, veröffentlichte
Arthur Wyß eine äußerst gründliche Abhandlung
über Hans Wilhelm Kirchhof, zu welcher Karl
Scherer einen wichtigen Nachtrag lieferte. —
Dr. Hermann Diemar, welcher den Mitgliedern des
Geschichtsvereins schon von früheren Vorträgen auf
das Bortheilhafteste bekannt ist, — wir erinnern hier
nur an seine am 29. Oktober 1888 im Verein für
hessische Geschichte und Landeskunde gehaltene vor
treffliche Rede über „das Wappen als Zeichen
rechtlicher Verhältnisse mit besonderer Berücksichtigung
Hessens" —, wandte sich zunächst der Darstellung
des Lebens Kirchhofs bis zum Jahre 1562 zu und
fand für seine gediegenen, fesselnden Ausführungen
lebhaften Beifall. Die Beendigung des Vortrags
stellte er für eine spätere Gelegenheit in Aussicht.
Dem „Kasseler Tageblatt" vom 26. April ent
nehmen wir folgende Mittheilung: Bekanntlich hat
die Staatsverwaltung von jeher für die Erforschung
und Erhaltung der K u n st d e n k m ü l e r rege
Fürsorge bethätigt, zu welchem Zwecke bereits in den
1840er Jahren ein besonderer Konservator für den
gesammten Staatsumfang bestellt wurde. Nachdem
in neuerer Zeit zum Theil in Folge des Erwachens
eines regeren Interesses für unsere alten Kunst-
schätze das Arbeitsgebiet des letzteren ein weit größeres
geworden ist, sind unter Oberleitung des Konservators
bezügliche Kommissionen für die Regierungsbezirke
eingerichtet und diese seitens des Landesdirektors mit
entsprechender Geschäftsordnung versehen worden. Die
Kommission für den Regierungsbezirk Kassel bilden
die nachstehenden Herren: I. Mitglieder: 1. der
Vorsitzende des Landes-Ausschusses, zur Zeit: Kammer
herr H. v. d. Malsburg zu Escheberg, 2. der Landes-
Direktor v. Hundelshausen zu Kassel, 3. Neumann,