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Schone Tu des frommen Meisters, will die Welt ihn nicht
verschonen.
Und was blöde Menschen wähnen klug zu fügen, klug zu
binden:
Einer kann es all' entwirren, Einer weiß das Recht zu
finden.
Rastlos rinnt die Zeit vorüber, rastlos währt der Stunden
R eigen,
Und was Menschenwitz erfunden, muß sich Gottes Rath-
schluß neigen."
II. Auf St. Peters Zelle.
Wieder sprang am Berg die Ouelle, da der grimme Frost
gewichen
Und von Haus und Hos der Graue sonder Abschied war
geschlichen.
Wieder glühten rothe Feuer, Gruß der Sonne, helle Brände,
Die in dunkle Nacht hinschimmernd loderten am Berg-
gelände.
Erst als klang das Klosterglöcklein, das die Brüder rief zur
Mette,
Glühten all' die Fackeln nieder, deckte stacht die Feuerstätte.
Und schon lang war's still geworden in dem Thal der
Fuldawelle,
Da Rhaban noch kniete betend in dem Chor von Peterzelle.
Hier, wo einstmals Heidenmänner auf zur heil'gen Eiche
lauschten,
Wo in düsterm Buchenforste Wolf und Wölfin Antwort
tauschten,
Baute weiland Abt Rhabanus eine Kirche schön und
prächtig,
Heilig dein Apostelsürsten, dessen Schutz ihm dünkte mächtig.
Und es ward ihm treu vergolten, denn es hatte heim
geladen
Den Verkannten n ieder Hatto, Fulda's Abt von Gottes
Gnaden.
Und hier auf St. Peters Zelle wohnt' er nah der trauten
Stätte,
Immer betend, immer schassend, daß er sich und and're rette.
Eben sann er: „Herr des Himmels, werd' ich Gnade vor
Dir finden?
Was ich wollte, war Dein Ruhn: nur und zu lehren all'
die Blinden.
Zunge Herzen, zarte Knospen, wollt' ich vor dem Froste
schützen
Und auf dunk'len Lebensgängen ihren Starkmuth unter
stützen.
Wonne war mir's, andern Lehrer, selber aus des Wissens
Borne
Ew'ge Wahrheit auszuschöpfen mit des Geistes tiefem Hörne;
Sel'ge Lust sie mit der Weisheit, unergründlich, zu be
rauschen,
Sah ich sie zu meinen Füßen all' den heil'gen Lehren
lauschen.
Gott, der Du der Lilien denkest, die im Felde schön
er sprießen,
'Der Du all' die Vögel schützest, die im Flug die Luft
durchschießen:
Wirst Du meiner auch gedenken und vergesset: meine
Sünden ?
Was ich litt zu Deiner Ehre, wird es nur Vergebung
künden? . ."
Das und and'res sann Rhabanus, wie er Gottes Gnade
fäitde -
Und von: ersten Frührothstrahle glühten fern die Berg
gelände ;
Glühte gold der Kirche Giebel, mld im Hofe sprang vom Rosse
Ebbo, ihm voraus zur Zelle eilte Hatto, sein Genosse. —
Ebbo sprach sich tief verneigend: „Gruß itnb Gunst läßt
Dir entbieten
König Ludwig, Fürst der Deutschen, wie es Gottes Huld
j entschieden.
j Daß Du schwere Unbill littest, ist ihm offenbar geworden,
j Und Geschehn es gut zu machen, stehen offen Winfrieds
Pforten,
: Denn mit ungeteilter Stimme Mainz zum Hirten Dich
j erwählte,
1 Den zu solchem hehren Amte herbes Leid und Unglück
! stählte.
! Königsgunst und Königsgnade sichert Dir dies eig'ne
Schreiben:
! Wirst Tu ihm den Zorn vrgessen, wird er Dir ein
Freund verbleiben."
: Zitternd brach Rhaban das Siegel und erhob den Blick
nach oben:
I „Herr, ich war es nimmer würdig, nie genug kann ich
Dich loben!"
III. Osterfreude.
Ostern war's und hell erklangen von dem Dom die Glocken
nieder,
; Und zum Lobe des Erlösers rauschten frohe Siegeslieder.
Auf dem Stuhl des heil'gen Winfried saß Rhaban, geprüft in
Schmerzen;
Jubelnd drängte sich die Menge; Weihrauch wogt' im Licht
der Kerzen.
Abseits in dem Ehore kniete Hunald, in den Augen Thränen,
Denn die Schuld ließ ihn nicht ruhen und Rhaban vergaß
sein Wähnen,
i Und vergab in Vaterliebe, daß er undankbar ihn schmähte,
j Und noch mehr — daß er beim König Wort und That
I voll List verdrehte.
i Auf dem Haupt die weiße Mitra hielt Rhaban den Stab
in Händen —
> Seine Jünger, Otsried, Hatto, knieten an des Thrones
Enden.
! In den Augen heil'ges Feuer, Rosenfarbe auf den Wangen,
Knieten sie in Himmelswonnen, von der Andacht Glut
umfangen.
i Otsried lallte: „Todbezwinger, groß ist Deine Macht auf
Erden,
> Laß mich, Heiland, Dich zu singen, voll deS Himmels
geistes werden."
I Hatto flehte nassen Auges: „Laß mich, Gott, Dich ewig
minnen,
! Dein sei was ich thu' und trachte, nimm mich hin mit
Sein und Sinnen."
Doch Rhaban mit Stab und Mitra schritt jetzt an des
Altars Stufen,
! Und gleich einer Weihrauchwolke stieg empor des Herzens
Rufen:
! '-„Heil Dir, Schöpfer und Erlöser, der Du unter Engeln
wohnest,
| Heil Dir, Gott des großen Weltalls, der Du in den Him
meln thronest.
Send' zur Erde Deinen Engel, daß er uns den Frieden
bringe
! Und zur finstern Hölle nieder Bruderzwist und Feindschaft
zwinge.
> Send'uns Deinen Engel nieder, daß er uns vor Frevel hüte
> llnd wir ewig Deinen Namen, ewig preisen Deine Güte.
! Raphael send' auf die Erde, daß er sieche Herzen heile
Und des Zweifels düst're Nebel durch des Glaubens Licht
zertheile;
i Daß er mit dem Flannnenschwerte unsern Erbfeind nieder
zwinge,
amit rings Dein Lob erschalle, rings ein Siegeshymnus
klinge.
! .. ..
> ') Nach einem lateinischen Hymnus des Heiligen.