206
Ein Jüngling lief zu der Schwester sein
Und wollte sie zieh'n aus dem wilden Reih'n,
Da folgten ihm nur ihre Arme —
Sie ließ nicht vom tanzenden Schwarme.
Bei Hitz' und Kälte sie tanzten fort,
Ob Regen fiel, ob stürmte der Nord,
Nicht Speise, noch Trank sie begehrten,
Sie tanzten bis tief in die Erden. —
Als wieder kam die heilige Nacht,
Ward ihnen erst Erlösung gebracht.
Als leuchtend in der Kapelle
Ergoß sich der Kerzen Helle.
Der Priester löste den strafenden Ban»,
Die Tänzer stockten und sahen sich an,
Aufathmcnd sanken sie nieder, —
Erstanden ist Keiner wieder.
Wtlhklm Mennecke.
Ans Heimath und Fremde.
Etwas vom Dom zu Fulda. Wie geschrieben
wird, beabsichtigt die Stadt Weilburg a. d. Lahn
die Errichtung eines Monumentes für König
Konrad I., den Franken, und soll der rühmlichst
bekannte Bildhauer Prof. Cüuer in Berlin bereits
mit dem Entwurf beauftragt worden sein. Wir
wollen bei dieser Gelegenheit daran erinnern, daß
auch den Dom zu Fulda, der bekanntlich dieses
ebenso thatkräftigen als hochherzigen Königs letzte
Ruhestätte ist, ein Gedenkzeichen an ihn schmückt,
nämlich eine einfache, aber würdige Sandsteintafcl
Nlit der Königskrone, unter welcher in goldenen Buch
staben eine aus des Fuldaischen Geschichtsschreibers
Marianus Scotus Chronik entnommene Inschrift
steht. Der HcssischeGeschichtsverein war es,
der diese Gedenktafel auf Antrag des verstorbenen
Professors Gegenbaur im Jahre 1878 errichtete.
Neben diesem pietätvollen Kaiserdenkmal neuesten
Datums hütet jedoch Fuldas Domkirche auch noch
ein zweites von recht ehrwürdigem Alter. Es ist
dies ein halberhabenes, buntbemaltes Bild Karl's
des Großen, der ja bekanntlich ebenso zu den
besonderen Gönnern des Klosters Fulda zählte wie
Konrad, der Franke. Man nimmt an, daß dieses
Alterthum aus dem 14. Jahrhundert stamme, denn
es ist noch einer der wenigen künstlerischen Ueberreste,
die bei Abtragung der alten Stiftskirche in die jetzige
Kathedrale mit herüber gerettet worden sind. Doch
waren auch einzelne Architekturiheile von dem früheren
romanischen Prachtbau stehen geblieben, welche den
Schöpfer des Neubaues, den genialen fränkischen Bau
meister J o h. Di e ntzenhof er, so wesentlich beein-
flnßt haben, daß sich noch immer der romanische
Grundplan nicht verkennen läßt. Die Schönheit des
Fuldaer Domes, — dessen Restauration' ja nun
nicht mehr in der Ferne zu liegen scheint —
ist von den hervorragendsten Kunstgelehrten her
vorgehoben worden, und besonders ist es Cornelius
Gur litt, der voll wärmster Anerkennung in seiner
,Geschichte des Barockstyls und des Rokoko in Deutsch
land^ (Stuttg. 1869) u. A. sagt: „Joh. Dientzen-
hofer's Dom zu Fulda gehört zu den
edelsten Bauten der Periode des Barock
styls. Hier liegt eine romanische Basilika
u n v e r k e n u b a r z u G r u n d e, die Hauptverhalt
nisse sind durch diese bestimmt. Die Wandlung hat
aber nicht im Anheften einzelner Ornamente, sondern
in einer ebenso vornehmen als verständigen
architektonischen Gliederung der Massen
ihren Ausdruck gefunden" u. s. w.
Demgemäß ist Bischof und Domkapitel mit Sorg
falt darauf bedacht, daß bei der geplanten künstlerischen
Ausgestaltung des Domes nicht nur der gegebeue
Charakter gewissenhaft festgehalten werde, sondern daß
er sogar noch verstärkter durch die Dekoration hervor
trete, und auch die Königliche Regierung gibt dieser
kunstverständigen Auffassung ihre Zustimmung.
Hoffen wir nur, daß das pietätvolle schöne Unter
nehmen noch recht thatkräftige Unterstützung bei allen
dankbaren Verehrern des Apostels der Deutschen
finden möge, denn bis jetzt ist erst die Summe von
ungefähr 22,500 Mark zusammengeflossen, die
wohl bedeutend vermehrt werden muß, bevor an
eine würdige Ausführung gedacht werden kann.
Auch ist bereits feit einigen Wochen in der
Bonifatiusgruft mit verschiedenen Arbeiten be
gonnen worden, die immerhin wenigstens einen An
fang der Sache bezeichnen, wenn sie auch vorläufig
sich nur darauf beschränken, die gleichfalls der vorigen
Stiftskirche entstammenden kolossalen Sandsteinfiguren
wie auch die Säulen und Pilaster von Bronze bezw.
Tünche zu befreien, das hohe Rundbogenfenster im
Westen zu gliedern und die Einrichtung der Gas
beleuchtung herzustellen.
Fulda. I. Hr.
Am 20. Juli vollendete der älteste Bürger Mar
burgs, der Aktuar a. D. Ka?l Friedrich
Christian Sold an, sein 90. Lebensjahr. Im
verflossenen Jahre war es dem sich bei seinem hohen
Alter ganz erstaunlicher Rüstigkeit des Körpers und
Frische des Geistes erfreuenden Greise noch vergönnt,
mit seinem Zwillingsbruder, dem ehemaligen Pfarrer
von Wittelsberg, Friedrich Ludwig Soldan, das Ge
burtsfest zu Großenwieden in der Grafschaft Schaum
burg gemeinschaftlich zu feiern. Diesmal mußte er
es ohne seinen Bruder begehen, da derselbe, wie wir
s. Z. mitgetheilt haben, inzwischen am 17. April das
Zeitliche gesegnet hat. Die Zwillingsbrüder sind zu
Winnen bei Treis an der Lumbda am 20. Juli 1801