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unter der Direktion des bekannten Schriftstellers,
Konsistorialraths August Gottlieb Meißner stehende
Lyzeum zu Fulda berufen und int folgenden Jahre
auch zum Pfarrer der' von demselben Fürsten am
I. Dezember 1802 gestifteten evangelischen Pfarrei
daselbst bestellt. Auch vertraute ihm der Fürst den
Unterricht seines zweiten Sohnes, des Prinzen Friedrich,
an. Nach der Schlacht von Jena am 14. Oktober
1806 kam das Fürstenthum Fulda unter französische
Verwaltung; die Besoldungen blieben fast bei allen
Angestellten aus, so daß z. B. Petri einen neun
monatlichen Rückstand zu fordern hatte, während
Kontributionen und Einquarkirungcn kein Ende
nahmen. Seine Gewandtheit in der französischen
Sprache und seine bekannte Schlagfertigkeit im Ant
worten verschafften ihm die Zahlung jenes Rückstandes.
Als nämlich der französische Generalintendant Gentil
der Erinnerung Petri's mit Lobeserhebungen über
besten Predigten ausweichen wollte, gab dieser zur
Antwort: Mais, Monsieur, pöur precber il saut
diner. — Im Jahre 1810 verheirathete sich Petri
mit Julie Amalie Fischer, der Tochter des Musik
direktors Fischer zu Dresden. 1813 erhielt Petri
den Titel Kirchenrath, nachdem er bereits vom Groß
herzog von Frankfurt, Karl von Dalberg, dem da
maligen Fürsten von Fulda, zum Provinzialkommistar
der beiden evangelischen Konsistorien zu Fulda und
Hanau und zum Inspektor der evangelischen Kirchen
und Schulen im Departement Fulda ernannt worden
war. Im Jahre 1816 weihte Petri auf dem Dom
platze zu Fulda die Ehrmstandarte des fünften
schlesischen Landwehr-Kavallerieregiments ein, welche
diesem der König Friedrich Wilhelm HI. von Preußen
wegen der an der Katzbach und später in Frankreich
bewiesenen Tapferkeit verliehen hatte. Das Regiment
verehrte dem Kirchenrath Petri für jenen Akt einen
silbernen Becher. — Bei der Reorganisation der
höheren Studienanstalten zu Fulda im Herbste 1835
trat Petri als Profestor in den Ruhestand und
ebenwohl wurde er am 6. Mai 1839 unter der
Verleihung des Prädikats „Konsistorialrath" von
seinem Amte als Seelsorger entbunden. Petri hat
eine überaus fruchtbare Thätigkeit als Schrift
steller auf geschichtlichem und sprachlichem Gebiete
entwickelt. Sein Hauptwerk aber ist sein „Fremd
wörterbuch", das 1806 zum erstenmal erschien und
bis jetzt 13 Auflagen erlebt hat. Er war Mitglied
vieler gelehrten Gesellschaften, die einzeln anzugeben
zu weit führen würde. Vom König von Preußen
erhielt er 1839 nebst einem eigenhändigen Schreiben
die goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft.
Mit der niederländischen Königsfamilie, dem Hause
Oranien-Nassau, das einst (1602 — 1806) über
Fulda herrschte und dem er seine Berufung hierher
verdankte, blieb er in fortwährender Verbindung.
Als einst (1846) sein früherer Schüler Prinz
Friedrich der Niederlande durch Fulda kam und
Petri unter den Spazierengehenden bemerkte, sprang
er alsbald aus. dem Wagen, umarmte ihn und
erinnerte sich, mit ihm gehend, dankbar der Zeit,
wo er sein Schüler gewesen. Petri starb nach
kurzen: Krankenlager am 11. Juni 1850 an Alters
schwäche. Sein Grab auf dem vorstädtischen Fried
hof schmückt ein einfacher Denkstein mit der In
schrift: „Non omnis moriar". — Petri war ein
freundlicher, gutmüthiger Mann von untersetzter,
kurzbeiniger Figur und von derber Gesichtsbildung.
Er war allzeit zu munteren Scherzen aufgelegt, be
saß einen unerschöpflichen Anekdotenvorrath; seine
Impromptus durchliefen die Stadt, auch nahm er
die Neckereien munterer Bekannten niemals übel.
Das machten sich die Herren Studiosen, seine
Schüler, wohl zu Nutze; und gingen auch die Posten,
welche sie ihm spielten, oftmals über das Maß des
Erlaubten weit hinaus, so trug er cs ihnen doch
nicht nach^ „aldenn* er schien Gefallen daran zu
haben. Wenn heute noch ehemalige Fuldaer Lyzeisten
zusammentreffen und die Erinnerung an ihre Studien
zeit auffrischen, so kann man darauf wetten, daß die
muthwilligen Streiche, die sie gegen die „Bautz"
oder den „Fapi" — diese Beinamen hatten sie dem
Herrn Kirchenrath gegeben — verübt, das Haupt
thema der Unterhaltung bilden. Das hindert aber
nicht, daß seine Schüler auch der Achtung und Liebe
Ausdruck geben, welche sie für ihren früheren Lehrer-
ob seiner aufrichtigen und stets wohlwollenden Ge
sinnung hegen. . A. A.
Aus Aeimath und Fremde.
Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß, wenn
von den hervorragendsten hessischen Dichtern und
Schriftstellern die Rede ist, in erster Linie Dr. Julius
Rodenberg genannt zu werden verdient. In der
soeben erschienenen Schrift „Berliner Autoren" von
Ernst Wechsler widmet ihm der Verfaffer eine be
sondere Besprechung, und wenn dieselbe sich zunächst
auch nur auf Julius Rodenberg's bekanntes neueres
Werk „Berliner Bilder" beschränkt, so ist damit doch
eine so liebevolle, treue und wahrhafte Schilderung
der Persönlichkeit unseres gefeierten hessischen Lands
mannes verknüpft, daß wir es uns nicht versagen
können, unsere Leser auf jene Schrift von Ernst
Wechsler aufmerksam zu machen. Julius Rodenberg
ist am 26. Juni 1831 zu Rodenberg in der Graf
schaft Schaumburg geboren, in wenigen Tagen wird
er sonach seinen 60. Geburtstag feiern. Indem
wir ihm, in dem wir einen Freund und Gönner
unserer Zeitschrift „Hessenland" verehren, im Voraus
unseren herzlichsten Glückwunsch darbringen, behalten
wir uns vor, bei anderer Gelegenheit uns ausführ
licher mit seinem Leben und Wirken zu beschäftigen.