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kommen war *). Ein vierter Bruder, der erst
17jährige Karl, Lieutenant in dem 1. west
phälischen Regimente, machte in diesem den
Feldzug unter Macdonald in Kurland mit;
am 17. Januar rückte das Regiment in Danzig
ein, wo der junge Offizier infolge der außer
ordentlichen Anstrengungen des Rückzuges
erkrankte und starb.
Mit innigem Danke erkannten die drei
Wiedervereinigten die Gnade der göttlichen
Vorsehung an, welche in wunderbarer Weise sie
erhalten und wieder zusammengeführt hatte, als
das furchtbare Unglück die Hunderttausende des
mächtigen Heeres vernichtet hatte, — vielleicht
ein allein dastehendes Beispiel, welches eine
in jenem Schreckensjahre betheiligte Familie
betraf.
Nach einigen Tagen Rast und Erholung in
Thorn traten die Brüder die Reise nach Kassel
an. —
*) Heinrich v. B., geb. 22. Juni 1783 zu Holzhausen,
war 1812 Kapitain im 5. westphälischen Jnfanterie-Regi-
mente. Er trat später in Kurhessischen Dienst und starb
am 13. Januar 1836 als Oberstlieutenant zu Fulda.
Ludwig v. B., geb. 20. August 1787 zu Holzhausen, war
1812 Kapitain im 3. westph. Jnf.-Reg. Auch er trat in
Kurhessischen Dienst und starb am 17. Dezember 1858
als Oberst a. D. zu Kassel. Der fünfte und jüngste Sohn
aus dieser Soldatenfamilie befand sich 1812 noch auf der
westphälischen Kriegsschule zu Braunschweig.
Trauer herrschte hier am Hofe wie in der
Stadt, der König hatte alle Festlichkeiten ein
stellen lassen, suchte den von seinem unter
gegangenen Heere Heimkehrenden durch Fürsorge
und Gnade einigen Ersatz für das in diesem
Kriege Ausgestandene zu gewähren. Unserem
Freunde wurde der Orden der westphälischen
Krone und auf den Antrag des Königs von
denr Kaiser Napoleon der Orden der Ehren
legion verliehen.
Nach Erledigung der nächsten Dienstgeschäfte
eilte er gen Soest zu seiner Familie: doch wer
wollte es unternehmen, das Wiedersehen mit
der Lebensgefährtin zu schildern, welche sich vor
vielen Tausenden glücklich preisen mußte, den
Gatten aus dem ungeheuern Unglücke gerettet
in die Arme zu schließen. Es war die Zeit,
die ihnen schon einmal aus finsterem Gewölk
Sonnenstrahlen des Glückes hervorbrechen ließ,
sie gedachten jenes 25. Januars von 1811, an
welchem ihnen ein Kind entrissen wurde, zu
dessen Ersätze Frau Konradine am selben Tage
dem Gatten ein anderes Kind schenkte (wie
jenes ein Mädchen und mit dem Namen der
Heimgegangenen getauft), und welcher Tag dann
noch ihm die Beförderung zum Oberstlieutenant
brachte.
(Fortsetzung folgt.)
Hfc-i
Episoden aus der Geschichte des KauernKrieges in hm
Mifislanöen von Uulöa und Kersfelö.
Mitgetheilt von % 5 toeng er.
Es sind Auszüge aus einer wissenschaftlichen
Arbeit des Professors I. Gegenbaur über den
Bauernkrieg, die wir hier veröffentlichen. Schon
vor längerer Zeit hat uns Professor Gegenbaur
dieselbe bereitwilligst zur Benutzung in unserer
Zeitschrift „Hessenland" zur Verfügung gestellt.
Wenn wir uns heute dazu entschließen, Episoden
aus der Geschichte des Bauernkriegs in den
Stiftslanden Fulda und Hersfeld auf der Grund
lage jener Arbeit unsern Lesern vorzuführen, so
leitet uns dabei nicht allein das Interesse, welches
der Gegenstand an sich selbst bietet, wir möchten
damit auch das Andenken an den am 17. Sep
tember v. I. in Fulda entschlafenen Historiker
erneuern, der sich um die Erforschung unserer
vaterländischen, namentlich suldaischen Geschichte
die größten Verdienste erworben hat und unserer
Zeitschrift stets ein treuer Freund und Berather
war.
Wir wollen hier noch bemerken, daß in den letzten
beiden Jahren von hessischen Autoren zwei treff
liche Schriften erschienen sind, welche den Bauern
krieg in unserem Heimathlande behandeln, deren
Forschungen aber in mancher Beziehung von den
jenigen Gegenbaur's abweichen. Es sind: „Philipp
der Großmüthige im Bauernkriege" von Dr. W.
Falckenh einer in Marburg und „Die Chronik
des Apollo von Vilbel" von Dr. I. Rübsam
in Regensburg. Wir werden in unserer Dar
stellung die abweichenden Ansichten derselben in
Anmerkungen anführen. Dies vorausgeschickt,
wenden wir uns nun zu unserer Aufgabe selbst.
Es war Ostern des Jahres 1525. Das waren
nicht die Klänge, mit denen die Glocken des
Hochstistes Fulda zum feierlichen Hallelujah des
Auferstehungssestes einluden; das waren nicht
die Gesänge, die rings umher laut wurden, wie man
sie am Paffahfeste anzustimmen gewöhnt war;