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zu begehen? Der König von Sachsen zeichnete ihn
durch Verleihung des Komthurkreuzes I. Klasse mit
Stern zum Albrechtsorden aus, die philosophische
Fakultät der Universität Leipzig ernannte ihn zum
Ehrendoktor der Philosophie, die Stadt Leipzig ver
lieh ihm das Ehrenbürgerrecht, die „Medizinische
Gesellschaft- in Leipzig ernannte ihn znm Ehren-
mitgliede. Eine Deputation hessischer Landsleute,
vertreten durch die Herren Pastor Dreydorff, Pro
fessor Pfeffer, von Meyer, Fleischhauer, A. Siebert,
begrüßte ihren Landsmann durch Ueberreichung eines
Lorbeerkranzes mit Schleifen in den hessischen Landes
farben. Bei dem Festmahle im Kaufmännischen
Vereinshause brachte Rector magnificus Geheim
rath Professor Dr. Wundt den Trinkspruch auf den
Jubilar aus. Er gab eine treffliche geistreiche
Charakterisirung von Professor Ludwig's Eigenschaften
als Menschen und Gelehrten, von dessen segensreicher
Thätigkeit auf physiologischem Gebiete. Er schloß
seine Rede mit den Worten: „Wenn in der Wissen
schaft wie in der Kunst der höchste Ehrentitel, den
ein Mann sich erringen kann, der ist, ein Meister
zu heißen, so hat sich der Jubilar diesen Titel vor
allen anderen verdient. Darum lassen Sie unsere
Verehrung und Wünsche heute in den einen Ruf
zusammenfassen: „Hoch lebe unser Meister Lud
wig!- Die Studenten der Medizin und Natur
wissenschaften brachten dem Jubilar einen Fackelzug,
worauf dann der Kommers im Krystallpalaste folgte.
— Professor Ludwig steht gegenwärtig in seinem
74. Lebensjahr, — er ist am 29. Dezember 1816
zu Witzenhausen geboren —, seine Gymnasialstudien
machte er zu Hanau, wohin sein Vater als Ober
rentmeister versetzt worden war. Er studierte hier
nach in Marburg und Erlangen Medizin. In
Marburg war er Mitstifter des Corps Ha880-
Nassovia (15. Juli 1839), welches ihn bei seinem
Abgänge zum Ehrenmitgliede ernannte. Im Jahre
1842 habilitirte er sich als Privatdocent in Mar
burg, erhielt daselbst 1846 die außerordentliche Pro
fessur für vergleichende Anatomie, wurde 1849 als
Professor der Physiologie und Anatomie an die Uni
versität Zürich und 1855 von da uls Professor der
Physiologie an das Josephinum in Wien berufen.
Am 31. Januar 1865 folgte er dann dem an ihn
ergangenen ehrenvollen Ruf nach Leipzig. Sein
Hauptwerk ist das „Lehrbuch der Physiologie des
Menschen-, das zuerst in zwei Bänden 1852—1856
in Heidelberg erschien und epochemachend wirkte. —
In seinem Heimathlande Hessen steht Professor Lud
wig noch im besten Andenken, wir nennen ihn mit
Stolz den „Unsern" und freuen uns seiner ruhm
vollen Thätigkeit, die noch recht lange eine gleich
segensreiche, wie seither, bleiben möge.
Die Henschelsche Maschinenfabrik in
Kassel hat am- l. d. M. ihre 3000. Lokomotive
fertig gestellt. Bei dieser Gelegenheit hat Geheimer
Kommerzienrath Oskar Henschel in seinen Werkstätten
folgende höchst anerkennungswerthe Bekanntmachung
erlassen: „Zur Erinnerung an die Ablieferung der
3000. in meiner Fabrik fertig gestellten Lokomotive
beabsichtige ich etwa 50 gesund gelegene Familien
wohnungen zu bauen, indem ich glaube, damit den
Wünschen vieler Arbeiter der Fabrik entgegen zu
kommen. Die Wohnungen sollen möglichst bald in
ähnlicher Größe, wie die in der Magazinstraße be
findlichen, ausgeführt und trotz der bedeutend höheren
Kosten zu denselben billigen Preisen an aktive Arbeiter
der Fabrik vermiethet werden. Ein Theil der Woh
nungen wird voraussichtlich noch in diesem Jahre
beziehbar sein und können Reflektanten dafür sich auf
meinem Comptoir melden. Außerdem habe ich eine
Summe von Zehntausend Mark bestimmt, welche an
die 5 Jahre und darüber in meinen Fabriken thätigen
Arbeiter als Anerkennung in Beträgen, deren Höhe
nach dem Dienstalter sich bemißt, heute zur Aus
zahlung kommt.-
Am 16. Januar starb zu Kassel der Geh.
Justizrath Karl Grandidier. Geboren am 26.
Sept. 1807 als Sohn des Leibarztes und späteren
Obermedizinaldirektors Dr. Cornelius Grandidier und
dessen Ehegattin Jeannette, geb. Du Ry — Tochter
S. L. Du Rys — studierte er zu Marburg und
Göttingen die Rechte und wirkte dann an den Land
gerichten zu Cassel und Fulda, an den Obergerichten
zu Kassel, Rinteln und Fulda, wo er Vorsitzender
des Kriminalsenats war, und wieder zu Kassel, wo
er den Vorsitz im Anklagesenate führte. 1867 trat
er als Rath bei dem neu eingerichteten Appellations
gericht zu Kassel ein Am 1. Oktober 1879 trat
er in den Ruhestand. Mit ihm ist die seit 1663 zu
Kassel ansässige Refugie - Familie Grandidier im
Mannesstamm erloschen. ch. H.
Karl Finck Am 17. Januar verschied zu
Kassel im 76. Lebensjahre der Maler und Dichter
Karl Fin.ck. Ausgezeichnet durch hervorragende
Gaben des Geistes und Gemüthes, hat er sich in
den Herzen derjenigen, welche ihn persönlich oder
aus seinen Werken kannten, ein bleibendes Denkmal
gesetzt. Seine Gedichte, welchen vor allem Ein
fachheit, Gedankentiefe und Innigkeit nachzurühmen
ist, sind ja in nicht geringer Zahl den Lesern des
„Hessenland- bekannt. In kurzen Worten soll der
Lebensgang des Künstlers hier geschildert werden.