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Nicht ohne Absicht hatte Washington gerade
das Christfest zu seinem Unternehmen ausersehen.
Er hatte gehört, daß die Hessen dasselbe durch
fröhliche Gelage und dergl. feiern würden, und
hoffte daher einen großen Theil der Truppen
im berauschten Zustande anzutreffen. Was die
Person des Obersten anlangt, so sollte er sich darin
auch nicht getäuscht haben. —
Wenden wir uns jetzt zu dem nördlichen
Außenposten, der wie erwähnt eine Verstärkung
erhalten hatte. Die Nacht war rauh und stürmisch,
ein dichtes Schneegestöber hinderte das Auge
weit zu sehen. Da man nichts mehr vom Feinde
bemerkt hatte, so ließ der kommandirende Offizier,
Lieutenant Wiederhold, seine Wachen einziehen.
Es war ganz in der Frühe des Christmorgens,
das Wetter wurde immer unerträglicher. Die
Soldaten hatten sich unter das schützende Dach
des Hauses geflüchtet, in dessen Nähe der Posten
seine Stellung hatte. Kein Mensch dachte bei
dem Unwetter- noch an die Amerikaner. Da
plötzlich ertönte der laute Ruf des Lieutenants:
„Der Feind! der Feind! Heraus!" Im selben
Augenblicke krachten auch schon die Büchsen der
von allen Seiten aus dem Wald anstürmenden
amerikanischen Bataillone. Durch den Schnee
begünstigt, der ihre Schritte unhörbar gemacht
hatte, waren sie ungesehen bis ganz in die Nähe
der Hessen vorgedrungen. Die Soldaten eilten
sofort zu den Waffen und warfen sich dem Feinde
entgegen, indem sie dessen Feuer erwiederten.
Lieutenant Wiederhold sah jedoch bald, daß
gegen die Uebermacht der Feinde kein Widerstand
möglich sei und gab, da er eine Einschließung
befürchtete, den Befehl, sich rasch aber feuernd
auf den Ort zurückzuziehen.
Dort hatten die Schüsse schon alles allarmirt.
Trommelgerassel und schmetternde Signalhörner
riefen die schlafenden Hessen zu den Waffen.
Kapitain von Altenbockum vom Regiment v.
Loßberg war mit seiner Kompagnie zuerst kampf
bereit. Er warf sich sofort den Amerikanern
entgegen und nahm das zurückweichende Piquet
auf. Unterdessen sammelten sich allmählich auch
die übrigen Kompagnien und das Regiment
Rall, welches heute du jour hatte und in den
Allarmhäusern lag, nur der Oberst fehlte. Sein
Adjutant, Lieutenant Biel, war sofort in sein
Quartier geeilt, hatte ihn aber nicht gleich aus
seinem tiefen Schlummer — er hatte, wie oben
erwähnt die Nacht durchschwärmt und fleißig
gezecht — aufzumuntern vermocht. - Endlich nach
einiger Zeit kam er hastig und aufgeregt auf
seinem Pferde herangesprengt.
Aus dem Schießen, das man vom Südende
des Ortes her hörte, entnahm man, daß auch
das dort. liegende Regiment von Knyphausen
angegriffen war und daß man schon fast völlig
vom Feinde eingeschlossen sei. Höchstens nach
Osten war noch an ein Entkommen zu denken.
Rall ließ jedoch sofort nach seinem Eintreffen
die Truppen vorrücken und suchte die Amerikaner
zurückzudrängen. Dies konnte natürlich bei dem
noch gar nicht völlig geordneten Zustande der
Kompagnien nicht gelingen. Die Verwirrung
der hessischen Truppen wurde noch vermehrt durch
das Herumgallopiren der britischen Dragoner.
Jetzt ließ Washington eine Batterie von 6 Ge
schützen unter Kapitain Forest auffahren und
auf die Hessen feuern. Die 4 Geschütze der
beiden Regimenter konnten, das Feuer nur
kurze Zeit erwiedern. Die Feinde rückten immer
mehr vor und richteten ihr Feuer besonders auf
die Bedienungsmannschaft der Geschütze, welche
bald zum Theil niedergeschossen, zum Theil schwer
verwundet und kampfunfähig gemacht war. Da
machten die Amerikaner noch einen wüthenden
Angriff und nahmen die Geschütze. Als Ralls
Grenadiere, dies sahen, stürzten sie nochmals
wuthentflammt auf den Feind los, warfen ihn
mit dem Bajonett zurück und holten sich^ihre
Kanonen wieder. Doch lange stonnten sie dem
übermächtigen Feinde hier nicht mehr standhalten.
Rall zog sich also mit seinem Regiment etwas
nach Osten zurück. Oberstlieutnant Scheffer folgte
ihm mit dem Regiment von Loßberg und beide
faßten nun Fuß in einem Obstgarten an der
Princetonerstraße. Anstatt sich nun nach dieser
noch einigermaßen freien Seite weiter zurück
zuziehen und so wenigstens die Truppen zu
retten, faßte der Oberst, dem es unerträglich
schien, vor den Rebellen zu fliehen und ihnen
die ganze im Orte zurückgebliebene Bagage zu
lassen, den tollkühnen Entschluß, die- Stadt
Trenton, welche schon ganz vom Feinde eingenom
men war wieder anzugreifen und die Amerikaner
heraus zu werfen. „Alle, die meine Grenadiere
sind, vorwärts!" rief er und stürmte an der
Spitze seiner Leute wieder dem Feinde entgegen.
Ein Kugelregen empfing die todesmuthig an
rückenden Hessen. Kartätschen und Büchsenkugeln
hagelten in ihre Reihen, und mancher brave
Sohn des Hessenlandes fiel da zu Tode getroffen
von dem Blei der amerikanischen Riflemen, welche
aus nächster Nähe im Schutze von Mauerwerk
und Gesträuch auf die Soldaten losknallten.
Dabei versagten noch die Gewehre der Hessen
bei dem Unwetter fast gänzlich, während das
Feuer der Amerikaner, die ihre Büchsen vorher
ausgeschossen hatten, immer lebhafter wurde.
Zu alledem kam noch, daß die Geschütze
des Regimentes von Loßberg im Schlamm
stecken blieben; die des Regimentes Rall hatten
ihr Feuer längst eingestellt, da ihre Bedienungs-