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wenig ein gutes Glas Wein und führte über
haupt in Trenton ein ziemlich vergnügtes
Leben, aus dem er später sp unangenehm auf
geschreckt werden sollte.
Unter seinen Untergebenen waren wohl viele
einsichtige Männer, die ihm sein unbesonnenes
Benehmen vorwarfen und ihm Vorstellungen
betreffs weiterer Sicherheitsmaßregeln machten.
Sie wurden aber alle meist in derber, über
müthiger Weise zurückgewiesen. Major von
Dechow, ein im Dienste ergrauter Offizier,
schlug vor, die Regimentsgeschütze, welche zweck
los vor dem Quartier des Obersten standen,
durch eine Schanze vor einem etwaigen feind
lichen Angriff zu sichern, sein Rath würde aber
von dem Obersten zurückgewiesen. „Laßt sie
nur kommen, die Rebellen!" war seine Antwort.
„Was Schanze! Mit den Bajonett wollen wir
sie zurückwerfen". In ähnlicher Weise lehnte
er alle anderen Vorschläge ab. Einer seiner
Offiziere schreibt über ihn: „Er glaubte, daß
der Name „„Rall"" furchtbarer und schrecken
erregender sei als alle Werke Vaubans und
Coehorns, und daß kein Rebell wagen würde,
sich ihm entgegen zu stellen ... Bei ihm geschah
Alles leichtsinnig und ohne Vorsicht".
Die Sorglosigkeit des Obersten ist ' um so
unbegreiflicher und tadelnswerther, als schon die
Leute im Orte von einem beabsichtigten Ueber-
fall der Amerikaner zu reden begannen. Ja
sogar ein amerikanischer Ueberläufer sagte aus:
Washington werde den Fluß überschreiten und
Trenton angreifen. Am Christsonnabend ließ
sich ein Trentoner Bürger namens Wahl bei
Rall melden und theilte ihm mit aller
Bestimmtheit mit, daß in der Nacht ein Hand
streich gegen die Hessen im Werke sei. Me
diese Warnungen wurden vom Obersten nicht
beachtet oder sogar mit Verachtung und Hohn
zurückgewiesen. Erst als Oberst von Donop
ihn von Burlington ans dringend ersuchte,
Schanzen auszuwerfen und Patrouillen gehen
zu lassen, ließ er sich bestimmen, am 21. Dez.
eine Rekognoszirung am Ufer des Delaware
bis nach Francfort hin zu unternehmen. Dieselbe
blieb jedoch ganz ohne Erfolg. Ebensowenig
konnte eine zweite 200 Mann starke Patrouille
unter Major Matthäus am 24. Dezember etwas
vom Feinde entdecken. Seit dem 23. wurde
auch tätlich ein Detachement mit 2 Kanonen
unter einem Stabsoffizier am Südende der
Stadt postiert. Da die Leute hierzu von den
Piquets der Nordseite genommen wurden, so
wurde diese Seite nach Princeton und Bennington
hin fast ganz von Vertheidigern entblößt. Und
von hierher sollte gerade später der verhängniß-
volle Angriff erfolgen!
(Forts, folgt.)
Kme Mtungsstuöie.
Von D. Saul.
Im ersten Jahrgange dieser Blätter ist ein
sehr interessanter Aufsatz erschienen, welcher die
Kasseler Zeitungen im vorigen Jahrhundert be
handelte. Er zeigte, welche reiche Ausbeute der
Kulturhistoriker aus der Tagespresse ziehen kann
und daß es doch nicht nur ein Augenblickswerth
ist, den sie besitzt. Wenn nun aber auch eine
Haupt- und Residenzstadt wie Kassel schon im
vorigen Jahrhunderte Blätter besaß, die, so
wenig sie unsern heutigen Anforderungen genügen
würden, doch in gewissem Sinn reichhaltig und
vielseitig waren, so sah es mit den in den
kleinen Landstädten erscheinenden Zeitungen, den
„Jntelligenzblättern", ungemein dürftig aus.
Ihr Inhalt zerfiel zumeist in zwei Theile, in
den unterhaltenden und den Anzeigen-Theil; wer
mehr verlangte, wer insbesondere von den
Welthändeln etwas wissen wollte, der nmßte
eine in der Residenz oder der nächsten größern
Stadt erscheinende Zeitung bestellen. Auf dieser
niedrigen Stufe verharrte die kleinere Presse im
Allgemeinen — von einzelnen Ausnahmen ab
gesehen — bis in die dreißiger Jahre dieses
Jahrhunderts, wo einerseits die politische
Gährung, anderseits große technische Erfindungen
für die gesammte Presse ein neues Zeitalter
anbahnten.
Vor mir liegt der Jahrgang des Hersfelder
Jntelligenzblattes vom Jahre 1832, ein
sehr mäßiger Band. Das Blatt erschien in
kleinem Quartformat, vier Seiten stark, einmal
in der Woche. Wir bemerken, daß das „Hers
felder Jntelligenzblatt" im Jahre 1763 gegründet
worden ist, zu jener Zeit also schon das
ansehnliche Alter von 69 Jahren erreicht hatte.
Es besteht heute noch-als „Hersfelder Zeitung",
die dreimal wöchentlich etwa in der vierfachen
Größe des Jahrganges von 1832 erscheint.