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Krenion.
Eine historische Skizze von Philipp Seb. Schol.
—
Die Theilnahme der Hessen an dem Nord
amerikanischen Unabhängigkeitskrieg ist gerade in
der letzten Zeit der Gegenstand mancher, zum
Theil vortrefflicher Arbeiten gewesen, durch welche
versucht wurde, den hessischen Namen von der
unverdienten Schmach, die ihm durch schnöde,
gehässiige Verleumder noch immer angethan wird,
zu reinigen. Auch wir haben, wie wohl jeder
echte Hesse, mit aufrichtiger Freude diesen Eifer
für unsere gute Sache bemerkt, wir sind aber
doch so pessimistisch zu glauben, daß diese unselige
„Verkaufs"-geschichte niemals ganz verschwinden
werde, wenigstens nicht aus den Köpfen derer,
die sich nicht belehren lassen wollen. weil sie am
liebsten das Schlechte glauben, und das ist leider
bei der Mehrzahl der Fall. Dazu spukt dies Lügen
gespenst zu lange und ist schon zu sehr „historisch"
geworden. So lange vor allem dies Märchen
in den Schulen gelehrt wird, oder wenigstens
sich in den dort gebrauchten Lehrbüchern vor
findet*), so lange ist unseres Erachtens ganz und
gar nicht daran zu denken, daß die Wahrheit
siegt. Doch hoffen wir das Beste! —
Wenn nun, wie oben erwähnt, über den
Subsidientraktat viel geschrieben ist, so ist dies
mit dem Kriege selbst, bezw. der Theilnahme
der Hessen an demselben, viel weniger der Fall,
und es herrscht daher im Allgemeinen eine große
Unkenntniß über diesen Krieg beim großen
Publikum, ein Umstand, der sehr zu bedauern
ist. Denn aus diesem Grunde werden so leicht
die Märchen geglaubt, welche amerikanische
Tendenzschriftsteller uns auftischen, wie z. B.
ein Cooper, der von einem großen Gefecht zu
erzählen weiß, in welchem ganze Schaaren
hessischer Soldknechte vor ein paar freien
Virginischen Wehrmünnern davongelaufen seien!
Solchen Leuten ist besonders der Ueberfall von
Trenton, der das so glücklich begonnene Jahr
1776 so unglücklich abschloß, Wasser aus die
Mühle. Aber auch bei dieser Gelegenheit zeigten
die hessischen Truppen ihre altgewohnte Tapfer
keit, und man kann den Soldaten ihr damaliges
*) Man vergl. z. B. den in den Schulen allgemein
verbreiteten „Auszug aus der Geschichte von K. Ploetz",
8. Ausl., pag. 367. — Rühmend zu erwähnen dagegen
ist der vor kurzem erschienene „Kurze Abriß der Geschichte
des Hessenlandes von C. Wagner", der neuerdings in den
hessischen Schulen eingeführt ist und hoffentlich viel zur
Aufklärung beitragen wird.
Unglück durchaus nicht zum Vorwurf machen. Sie
haben sich brav benommen, das wird eine
nähere Betrachtung des Ereignisses, die vielleicht
manchem Leser des „Hessenlandes" nicht unliebsam
ist, zeigen.
Das Jahr 1776, das Jahr, in dem die
hessischen Truppen zuerst den amerikanischen
Kriegsschauplatz betraten, war für die verbündeten
Waffen durchaus günstig. Man hatte große
Erfolge über die Aufständischen errungen, die
nicht zum wenigsten den Hessen zu verdanken
waren. Gleich bei ihrer Ankunft hatten dieselben
durch das siegreiche Gefecht bei Flatbush am
27. Aug. Longisland von den Empörern gesäubert
und denselben großen Respekt vor der hessischen
Tapferkeit beigebracht. Bald darauf wurde
New-Pork von den Verbündeten eingenommen
und die Amerikaner weiter den Hudson hinauf
zurückgedrängt. Hier wurden sie nochmals anl
24, Oktober in der blutigen Schlacht auf den
White-Plains aufs Haupt geschlagen, bei welcher
Gelegenheit sich wieder die hessischen Truppen
auszeichneten. Die letzte große Waffenthat der
selben in diesem Jahre war die glorreiche Er
stürmung des Forts Washington am 16. Nov.,
welches nun nach dem siegreichen hessischen
General „Fort Knyphausen" genannt wurde.
Durch alle die hier nur kurz angedeuteten
Ereignisse waren die Rebellen völlig entmuthigt
worden, und die meisten von ihnen gaben die
Hoffnung auf ein Gelingen des Aufstandes auf.
Anstatt, daß nun der britische Oberbefehlshaber
Lord Howe diese Erschöpfung und Muthlosigkeit
zu einer weiteren, völligen Niederwerfung der
Amerikaner benutzte, die bei der siegesstolzen
Zuversicht der Verbündeten und bei dem schlechten
Zustand der rebellischen Heere wohl kaum miß
lungen wäre, wurden - in diesem Jahre keine
weiteren Unternehmungen mehr ausgeführt und
die Truppen in die Winterquartiere gelegt.
Der Oberbefehlshaber selbst verließ überhaupt
in Begleitung von Lord Cornwallis den Kriegs
schauplatz, um sich in England einige Zeit von
den Strapazen etwas auszuruhen.
Im Staate New-Jersey kommandirte der
englische General Grant. Seine Truppen waren
in den Winterlagern folgendermaßen vertheilt.
Der größte Theil der nationalen britischen
Truppen lag in Princeton, wo sich auch das