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Gige«.
Wie die singende Nachtigall
Hat ihr eig'nes Gefieder,
So nur in eigenen Ton und Schall
Kleiden sich meine Lieder.
Darum vergleichet mein Gedicht
Nicht mit andern Poemen;
Denn was aus meiner Harfe spricht
Kehrt sich den Teufel um Schemen.
Eigen, wie meine Seele gestimmt,
Klingen die Saiten zusammen,
G'rad wie der Funke, der nicht verglimmt,
Zeugt seine eigenen Flammen.
Karl Arcser.
Arme Kinder !
O arme Kinder unsrer Zeit!
Sie kennen keine Jugend! Nein!
Man taucht sie tief, man taucht sie weit
In die Jahrhunderte hinein.
Sie liegen lachend nicht am Strand
Und schauen müßig in die Fluth.
Früh führt nian sie in fernes Land, —
Nicht Kraft — das Wissen ist ihr Gut!
Sie lernen Alles! Solon's Rath —
Und Platon's Weisheit, inhaltsschwer —
Ihr Geist thut todter Helden That,
Sich selber finden sie nicht mehr.
H. Kelter.
Aus alter und neuer Zeit.
Skizze« aus der Hessische« Kriegsgeschichte.
Von Freiherrn Maximilian von Ditfurth,
weiland kurfürstlich hessischem Hauptmann.
XV. Ueberfall auf Germantown 1777.
Als das englisch-hessische Korps unter General Howe,
welches Ende September 1777 nach der bewirkten
Einnahme von Philadelphia, bei Germantown ein
Lager bezogen hatte, durch mehrere Detachirungen
augenblicklich gerade sehr schwach war, benutzte General
Washington diesen ihm zur Kenntniß gekommenen
Umstand, um im Laufe des 4. Oktobers jene Stellung
in den Rücken zu fassen.
Obschon nur fünf Stunden von jenem Lager ent
fernt, gelang es ihm dennoch, gänzlich unbemerkt im
Thalgrunde des Skippach-Baches den größten Theil
seiner Streitmacht zusammen zu ziehen und sodann
mit Einbruch der Dunkelheit in vier Kolonnen der
gestalt von da aufzubrechen, daß drei Kolonnen längs
* des linken Ufers des Schuylkills gerade gegen die
Frönt der Stellung bei Germantown vorrückten, eine
vierte Kolonne aber längs des rechten Ufers dieses
Gewässers herab vorging, um zwischen Philadelphia
und Germantown dasselbe zu passiren. Zwar trafen
die täglich Morgens gegen 3 Uhr aus dem Lager
regelmäßig zur Absuchung des vorliegenden Terrains
entsendeten englischen und hessischen Kundschafts
Patrouillen demgemäß auch am Morgen des 5. Oktober
auf die heranrückenden Kolonnen der Amerikaner, ehe
solche noch die diesseitige Postenkette anzugreifen vermocht
hatten. Da jedoch diese Patrouillen nicht weit genug über
diese Postenkette vorzugehen pflegten, auch die Vor
posten selber viel zu nahe am Gros standen und
viel zu schwach waren, um einen irgend erheblichen
Widerstand leisten zu können, so wurden sie in einem
Augenblick überrannt und auf das Lager dergestalt
zurückgeworfen, daß das Korps des Generals Howe
völlig überrascht wurde. Obgleich nun zwar im
Lager gleich auf den ersten Lärm Alarm geschlagen
wurde, so vermochten die Truppen, bei der durch den
herrschenden dichten Nebel noch vermehrten Finsterniß,
aber doch nicht sich zeitig genug zu formiren. Sie
geriethen vielmehr dermaßen in Verwirrung, daß
General Howe bereits auf dem Punkte stand, Befehl
zum Antritt des'Rückzuges zu ertheilen, welcher unter
diesen Umständen wahrscheinlich mit einer völligen
Niederlage geendigt haben würde, als durch den Muth
und die Entschlossenheit des Obersten Musgrave vom
40. englischen Regiment die Lage der Dinge doch
noch eine andere Wendung nahm.
Derselbe war nämlich mit drei schwachen, zusammen
wenig mehr als hundert Mann zählenden Kompagnieen
seines Regiments, rückwärts von Tews Plantage, als
Rückhalt des rechten Flügels der Vorposten aufgestellt
und hatte ebenfalls kaum Zeit gefunden, in's Gewehr
zu treten. Erkennend, daß eine Vertheidigung an
Ort und Stelle nicht thunlich sei, daß jedoch, wenn er
weichen würde, der Feind ihm alsdann auf dem Fuße
folgen, und er kein Mittel finden würde, ihn noch
weiter aufzuhalten, entschloß er sich, demselben lieber
mit dem Bajonett entgegen zu gehen und sich
in der vorwärts seines Postens gelegenen massiv er
bauten Tews-Plantage festzusetzen und sich darin auf
das Aeußerste zu vertheidigen. Diesen Entschluß
eben so rasch zur Ausführung bringend als ihn er
fassend, gelang es ihm auch wirklich, sich nach jenem
an der Hauptstraße liegenden Gebäude Bahn zu
brechen, solches zu besetzen und alle Eingänge, so gut
es sich in der Eile bewerkstelligen ließ, mit dem
darin befindlichen Hausgeräthe zu verbarcikadiren
und daraus ein so fabelhaftes Feuer auf die inzwischen
herangekommene Hauptkolonne der Amerikaner zu
richten, daß solche zu stutzen begann und Washington
sich verleiten ließ, hier Halt zu machen, Geschütz vor
zubringen und einen förmlichen Angriff auf jenes
Gebäude einzuleiten.
Da hierdurch allmählich aber auch das rasche Vor
rücken der übrigen Kolonnen der Amerikaner etwas
ermäßigt wurde, gelang es auch dem hessischen Leib-
Regiment (nachh. 2 Batl. 1. Jnftr.-Rgts.), welches
den äußersten linken Flügel der Stellung einnahm,
ebenwohl eine feste Stellung einzunehmen, so daß