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Freitreppe, an deren Aufgang zwei in Marmor aus
geführte geharnischte Ritter zu Pferde Wache halten.
Rechts und links vom Eingang werden zwei Thürme
erbaut, deren einer zur Wohnung des Kastellans
und der andere zum Wachtlokal zu dienen bestimmt ist.“
ZS. It.-L.
Eine Anekdote aus dem Leben des letzten
Kurfürsten.
Der leider zu früh Heimgegangene Oberstallmeistcr
und Flügeladjutant Hermann von Eschwege
gehörte, wie sich die älteren Leser dieser Zeitschrift
wohl erinnern werden, zu den Menschen, von denen
man zu sagen pflegt: „©te haben keinen Feind.-
Die Biederkeit seines Charakters und die Liebens
würdigkeit seines Wesens machten ihn zu einer der
geachtetsten und populärsten Persönlichkeiten Kassels,
auch bei denen, die politisch seine Gegner waren.
Diese Eigenschaften, wie die Entschiedenheit seines
Auftretens da, wo es nöthig war, erklären auch zur
Genüge die einflußreiche Stellung, die sein kurfürst
licher Herr ihm gewährte. Niemals aber hat er
seinen Einfluß zu Ungunsten eines Menschen benutzt,
im Gegentheil that er Gutes, wo er konnte und
insbesondere lag ihm das Wohl seiner Untergebenen
unablässig am Herzen. Die hübsche Art und Weise,
wie er diese zu vertreten wußte, dürfte aus einer
kleinen harmlosen Erzählung hervorgehen, die ich
einem mir befreundeten, nun auch schon seit vielen
Jahren, verstorbenen Beamten des kurfürstlichen
Hofes verdanke, die also wohl zweifellos den Anspruch
auf Wahrheit erheben darf. Zugleich aber dürfte
sie einen Beweis liefern für die Herzensgüte des
Kurfürsten, die sich wohl selten verleugnet hat,
wenn ihm nur eine Sache in der richtigen Weise,
d. h. ehrlich und ohne Umwege, vorgelegt und vor
gestellt wurde.
Eines Tages hatte bei seinem regelmäßigen Vor
trage der Oberstallmeister einen Marställer, der
lange Jahre treu gedient hatte, nun aber alt und
gebrechlich geworden war, zur Pensionirung vor
geschlagen, der Kurfürst aber, der den Mann noch
diensttauglich hielt, schlug das Gesuch ab. Eschwege
sagt kein Wort, nimmt seine Papiere ruhig zusammen,
behält aber die Sache fest im Auge. Nun ließ be
kanntlich der Kurfürst — gewiß ein echt fürstlicher
Zug — die Leibreit- und die Wagenpferde, die
lange Zeit zu seinem persönlichen Gebrauche gedient
hatten, niemals verkaufen, sondern, wenn sie abständig
geworden waren und soweit sie nicht das Gnadcn-
brod in Beberbeck erhalten konnten, durch den Wasen
meister Rathemann in Dettenhausen erschießen.
Bei dem nächsten Vortrag hatte Eschwege die Liste
der Pferde vorzulegen, welche ausrangirt und erschaffen
werden sollten und wer malt das Erstaunen des
Kurfürsten, als er unter den Namen der zu
erschießenden Pferde auch den jenes Marställers
findet. Scheinbar aufbrausend fordert er Erklärung,
aber ruhig, als wenn es sich um die allcrnatürlichste
Gcschäftssache handele, sagt Eschwege: ,Euer König!.
Hoheit haben die Gnade, die altgcdienten Pferde
todtschießen zu lassen, um sie im Alter nicht dem
Elende preiszugeben und dieselbe gnädige Fürsorge,
die einem Pferde zu Theil wird, darf wohl auch
ein alter, treuer Diener in Anspruch nehmen."
„Eschwege immer dummes Zeug", sagte der Kurfürst,
der Marställer aber erhielt noch an demselben Tage
eine gute Pension. S.
Aus Heimath und Fremde.
Kürzlich ist der neue Jahrgang der Zeit
schrift des Vereins für hessische Ge
schichte und Landeskunde, neue Folge fünf
zehnter Band (der ganzen Folge 25. Band), im Kom
missionsverlage von A.Freyschmidt in Kasselerschienen
und an die Mitglieder des Vereins vertheilt worden.
Der uns vorliegende Band enthält folgende Auf
sätze: I) Zur Geschichte des Gerichts Viermünden
und seiner Geschlechter. I. Die Vögte von Keseberg.
Mit einer Stamm- und Siegel-Tafel. Von August
Heldmann, Pfarrer in Michelbach. II. Die
Schanzen in Hessen. Von Oskar Vug in
Halbendorf bei Grottkau in Schlesien. Mit einer
Karte. III. Zur Geschichte des dreißigjährigen
Krieges, insbesondere des Jahres 1631. Von
Hugo Brunner. IV. Aufzeichnungen des Pfarrers
Johann Christoph Cuntz zu Kirchditmold aus der
Zeit des siebenjährigen Krieges (1757—1762),
herausgegeben von Hugo Brunner. Mit einer
Karte. V. Das Damenstift Wallenstein zu Hom
berg unter Jvrüme. Von Arthur Kleinschmidt.
— Gleichzeitig gelangten noch zur Vertheilung an
die Mitglieder des Vereins für hessische Geschichte
und Landeskunde: der Jahrgang 1889 der „Mit
theilungen^ des Vereins, I.—IV. Viertcljahrsheft,
sowie „Systematisches Inhaltsverzeichnis zu dem
von dem Verein für hessische Geschichte und Landes
kunde herausgegebenen ersten 24 Bänden der Zeit
schrift nebst den 20 Supplementbänden re., auf
gestellt von W. Rogge-Ludwig, z. Z. Biblio
thekar des Vereins.
Die s. Z. von uns angekündigte Komposition
des tiefempfundenen Liedes „Wenn Du das Lied'
mir singst" von D. Saul ist jetzt für eine
mittlere Singstimme mit Klavierbegleitung von
Johann Lew alter, op. 25, I. im Verlage von
Otto Kuprion zu Kassel erschienen. Ueber das
Gedicht selbst brauchen wir uns weiter nicht zu ver
breiten, wir haben es in Nummer 4 unserer Zeit
schrift vom 15. Februar d. I. veröffentlicht und
können mit Genugthuung sagen, daß es die vollste