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Nach überlieferter Mittheilung (durch eine in hohem
Alter 1872 verstorbenen Frau von Zanthier, welche
die Familie Fransecky sehr wohl gekannt hat) lebten
die Eltern des verstorbenen Generals in sehr, be
drängten Vermögensverhältnissen; in Gedern wohnten
sie nur vorübergehend. Die Mutier Charlotte geb.
v. Preuschen, die Tochter eines hessischen Beamten
in Friedberg, gehörte einer noch jetzt blühenden
hessischen Familie an.
Die Akren der Bürgermeisterei Gedern enthalten
noch ein Dankschreiben des verewigten Generals an
seine Landsleute, das ein im Jahre 1870 nach er
kämpftem Siege übersandtes Begrüßungs- und Glück
wunsch-Schreiben des Ortsvorstandes von Gedern
erwiederte.- —
Laubach im Mai 1890.
Dr. August Röschen.
.Salomonisches Urtheil, eines wetterauer
Reichsgrafen im vorigen Jahrhundert.
Die Reichsgrafschaft Solms-Laubach in der
Wetterau (bestehend aus dem Städtchen Laubach, 10
Dörfern und 3 Höfen) wurde von 1738—84 vom
Grafen Christian August regiert, dessen zahl
reiche, nützliche Verordnungen zeigen, wie sehr derselbe
sich eine thatkräftige Ausübung seiner Regierungs
gewalt angelegen sein ließ. Besonderes Interesse
bietet eine Resolution vom 16. Febr. 1747, die hier
nach der Ortschronik der Pfarrei Gonterskirchen, S.
11—12, mitgetheilt sei. Der dasige Pfarrer G.
war in zahlreiche Streitigkeiten mit seiner Gemeinde
verwickelt. Wenn ihm auch von letzterer niedrige
Gehässigkeit und Rohheit entgegengebracht wurde, so
trug er doch auch durch sein unwürdiges Benehmen,
durch seine leidenschaftliche Ungeduld, Gleißnerei und
Hinterlist das Seinige bei. Derselbe Pfarrer hatte
auch viele ungehörige Zänkereien mit seinem Schul
meister. Wiederholte Warnungen fruchteten nichts.
Eines Sonntags schalt der Pfarrer von der Kanzel
herab den Schulmeister aus geringfügiger Veranlassung
überlaut. Da resolvierte der Graf, der Pfarrer solle
zur Strafe acht Tage lang statt des Schulmeisters
Schule halten und den künftigen Sormtag auch in
der Kirche des Schulmeisters Stelle (Orgelspiel u.s.w.)
versehen, statt seiner aber der Konrektor zu Laubach
(ein Theologe, der die erste Lehrerstelle an der Stadt
schule bekleidete) auf des Pfarrers Kosten die Predigt
halten. Ließe er sich auch dieses nicht zur Warnung
dienen, so solle er suspendirt werden. —
Dr. A. A.
Theodor Wachtel's Abgang vom Hof
theater in Kassel?) Das Theater in Kassel,
welches unter der Regierung des Kurfürsten Wilhelm II.
.*) Nach den hinterlassenen Aufzeichnungen der Schau
spielerin Henriette Schmidt, der Kollegin Wachtel's.
in den Jahren 1821 bis 1830 zu den angesehensten
Deutschlands gehörte, da es zu dieser Zeit Künstler,
wie Karl Seydelmann, Ludwig Loewe, Gerstäcker,
Wild, Sabine Heinefetter u. a. zu seinen Mitgliedern
zählte, war bis dahin unter der Regierung des
sparsamen Wilhelm I. ein vom Hofe nur mit
geringer Zubuße bedachtes Privattheater unter der
Direktion des Schauspielers Feige und des Kapell
meisters Guhr gewesen. Kurz vor dem Tode
Wilhelm I. und der darauf erfolgten Erhebung des
Theaters zum Hoftheater waren zwischen den beiden
Direktoren Differenzen eingetreten, welche Guhr ver
anlaßten, seine Stelle niederzulegen und die ihm
angebotene Stelle des Kapellmeisters in Frankfurt
a/M. anzunehmen. Dabei spielte er seinem früheren
Kollegen noch einen argen Streich.
Zu den talentvollsten jüngeren Mitgliedern des
Kasseler Theaters gehörte damals der später durch
seine längere Wirksamkeit am Hoftheater in Braun
schweig und sein intimeres Verhältniß zum Herzog
Karl bekannt gewordene Schauspieler Größer. Bei
ihm hatte Guhr eine treffliche Tenorstimme entdeckt
und sich große Mühe gegeben, ihn zu einem tüchtigen
Tenoristen auszubilden. Da er seine Mühe belohnt
sah, veranlaßte er Größer, seine Entlassung zu nehmen
und ihm nach Frankfurt zu folgen. Dem trat aber
Feige, der ein so brauchbares Mitglied nicht ent
behren wollte, entschieden entgegen. Größer sah sich
daher, um seine und Guhr's Absicht zu erreichen, zu
einer List genöthigt, die dann auch den beabsichtigten
Erfolg erzielte. Er meldete sich krank, hütete längere
Zeit das Bett und simulirte so geschickt einen Blut
husten, daß der Theaterarzt die Erklärung abgab, es
sei bei ihm eine so hochgradige Körperschwäche ein
getreten, daß für alle Zukunft nur noch wenig
Aussicht auf sein Wiederauftreten vorhanden sei.
Einige Tage, nachdem ihm in Folge dessen die Ent
lassung ertheilt war, trat er frisch und gesund sein
Engagement in Frankfurt an.
Als der sonst so kluge und umsichtige Feige dies
hörte, war er in hohem Grade über den ihm ge
spielten Streich empört und erließ zur Verhütung
eines ähnlichen Vorkommnisses folgenden für die da
maligen Verhältnisse der dramatischen Künstler be
zeichnenden Nachtrag zu den Theatergesetzen:
„Obgleich es zur Ehre des Schauspielerstandes
äußerst selten der Fall ist, daß ein Individuum es
wagt, längere Zeit hindurch mittelst einer verstellten
Krankheit sich von der Erfüllung seiner Pflicht zu
dispensiren, so lehrt doch die Erfahrung, daß un
moralische, sittenlose Subjekte da, wo sie die Direktion
entweder absichtlich in Verlegenheit setzen oder eine
augenblickliche Aufhebung ihrer Contraktsverhältnisse
erzwingen wollen, sich nicht entblödet haben, selbst er
fahrene Aerzte durch einen hohen Grad der Verstellung
und durch Anwendung niedriger, entehrender Hülfs
mittel eine Zeit lang zu täuschen. Für dergleichen