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Aufsuchung zurückgelassenen Gepäckes aufhielten und
es versäumten, gegen die, etwa auf Kanonenschußweite,
davon entfernte Landwehr vorzugehen und solche zu
besetzen.
Als daher die Spitzen der Kolonnen die Höhe
erreicht und sich jener Landwehr auf gute Schußweite
genähert hatten, sahen sie sich von daher Plötzlich
höchst überraschend mit einem mörderischen Geschütz
feuer begrüßt.
Der Feind hatte nämlich während der Nacht aller
dings seine Lagerstellung vom vorigen Abend verlassen,
sich aber nur hinter jene 10—12 Fuß hohe, ihn
den Blicken der Verbündeten gänzlich entziehenden
Landwehr (ein altes auch unter dem Namen des
Pfahlgrabens bekanntes Römerwerk) zurückgezogen, und
hier sämmtliches Geschütz in sehr vorteilhafter Weise
aufgestellt, auch um die Verbündeten noch mehr zu
täuschen, auf dem alten Lagerplatz absichtlich einige
Bagage zurückgelassen.
Zwar ließ der Erbprinz, um das feindliche Feuer
zu erwidern, ebenfalls Geschütz auf die Höhe vor
bringen, da jedoch dieses wegen des steilen Hanges
nur mühesam und vereinzelt geschehen konnte, so
gelang es dem Feinde unschwer, wo solches zum Vor
schein kam, das Feuer des seinigen dagegen in über
legener Weise zu konzentriren und es zu demontiren.
Namentlich wurden in dieser Weise 3 hessische
Geschütze gänzlich zusammengeschossen und auch der
Hauptmann Eitel und Lieutenant Hansen der hessischen
Artillerie gelobtet, sowie noch zwei Offiziere verwundet.
Nachdem die Kanonade in dieser Weise eine Zeit
lang fortgedauert und der Erbprinz von Braunschweig
sich überzeugt hatte, daß die feindliche Stellung nur
mit großen Opfern erzwungen werden könnte, gab
er Befehl den Rückzug anzutreten und nahm hierauf
hinter der Wetter bei Kloster Arensburg eine
Stellung ein.
Die unzureichende Auskundschaftung des Geländes
und die unrichtigen Meldungen, waren schuld daran,
daß das Korps des Erbprinzen einen ziemlich be
deutenden Verlust erlitten hatte. Derselbe belief sich
auf mehr als 100 Getödtete und Verwundete, deren
Mehrzahl der hessischen Artillerie und dem Regiment
Erbprinz (nachh. I.Batl. Kurfürst) angehörten. Von
letzterem Regiment war namentlich der Hauptmann
von Hanstein schwer verwundet worden. Ebenso
mußten die demontirten 3 hessischen Regimentsgeschötze,
weil deren Räder und Lafetten gänzlich zerschmettert
worden waren, zurückgelassen werden.
Ein Gedankenleser vor mehr als hundert
Jahren in Kassel. Im Jahre 1777 hatten die
Bewohner Kassels Gelegenheit, die Künste des be
rühmtesten Zauberers des vorigen Jahrhunderts be
wundern zu können. In der Fürstlich Hessen-
Kasselischen „Staats- und Gelehrte-Zeitung" kündigte
der im Jahre 1758 und 59 in dem gelehrten
englischen Magazine „angerühmte" Amerikaner
Jakob Philadelphia denen Liebhabern mathe
matisch - physikalischer Klinste und dem geehrten
Pnblika überhaupt an, daß er am 3. und 8. Februar
im großen Saale des neuen Posthauses am Königs
platze seine den menschlichen Verstand fast übersteigende
Geschicklichkeit, welche er auf seinen Reisen durch
alle vier Welttheile erlernt habe, aus freier Hand
mit einer ungesehenen Genauigkeit und Geschwindigkeit
vorzuzeigen, die Ehre haben werde. Der Preis des
Billets, ein Thaler, war für damalige Zeit ein sehr-
hoher, er wurde aber von Philadelphia in seiner An
kündigung dadurch gerechtfertigt, daß er die hohe
Gnade gehabt habe, seine Künste nicht ohne Beifall
an den Höfen von England, Frankreich, Rußland,
Oesterreich und auch in Konstantinopel dem Groß-
Sultan vorzuzeigen.
Der im Anfang des vorigen Jahrhunderts in
Philadelphia von jüdischen Eltern geborene Zauber
künstler hatte bei seinem Uebertritt zum Christenthum
den Namen seiner Vaterstadt angenommen und ver
stand sich auf eine seinem Vaterlande noch jetzt
würdige Reklame, indem er dafür gesorgt hatte, daß
die unglaublichsten Kunststücke von ihm verbreitet
waren, so u. a. daß er in ein und derselben Minute
durch sämmtliche Thore Berlins nach Meldung der
Thorwachen hinausgefahren sei. Viel wirksamer, als
solche Erzählungen aber war die Ankündigung von
vier seiner Zauberkünste, welche noch niemals gesehen
waren und auch nach ihm niemals gesehen worden
sind.
Diese Stücke waren:
1) Nimmt der Künstler Sand von vier verschiedenen
Farben, schüttet solches zusammen in ein steinernes
Gefäß, gießt Wasser darauf und rüttelt alles durch
einander , alsdann greift er eine Hand voll Sand
von derjenigen Farbe heraus, welche die Gesellschaft
verlangt, ohne daß ein einziges Sandkorn von einer-
andern Farbe darunter ist.
2) Nimmt er eine Medaille, welche ihm von einer
Person in der Gesellschaft gegeben wird, die von
jedermann besehen und gezeichnet werden kann, ladet
selbige in eine Muskete und schießt sie aus dem
Fenster. Alsdann läßt er einen von seinen Vögeln
fliegen, welcher die Medaille wieder holen muß.
3) Hat der Künstler eine mathematische Uhr, setzt
selbige auf den Tisch, alsdann entfernt sich die Ge
sellschaft und stellt ihre Uhren auf welche Stunde
ein jeder von ihnen beliebt. Wenn solches geschehen,
so wird die mathematische Uhr einem jeden nach der
Reihe anzeigen, auf welche Stunde und Murrte
seine Uhr gestellt ist.