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Haupttruppe ebenfalls ein und besetzte, ehe noch der
mindeste Allarm sich auszubreiten vermocht hatte
alle Hauptpunkte der Stadt.
VI.
Gefecht bei Neu morschen 1762. Nach dem
unglücklichen Ausgang der Schlacht von Wilhelms
thal für die Franzosen, hatte die französische Armee
sich über die Fulda zurückgezogen und im Monat
Juli in mehreren getrennten Korps eine von Münden
über Kassel und Melsungen bis Altmorschen hin sich
erstreckende Aufstellung genommen. Die Armee der
Verbündeten lagerte ihr gegenüber in ähnlicher Weise,
so daß die Fulda beide Theile von einander trennte.
Namentlich hatte der General Freitag gegenüber dem
bei Altmorschen stehenden Stainville'schen Korps,
seinerseits eine Stellung auf den Höhen von Neu
morschen eingenommen und die zu seinem Korps ge
hörigen hessischen Jäger unter dem Major von
Winzingerode *) nach letzterem Ort vorgeschoben,
um längs des linken Fuldaufers eine Postenkette zu
bilden.
Hierbei war dem Major von Winzingerode
die strengste Weisung ertheilt worden, sowie er be
merken würde, daß das gegenüber lagernde Stain-
ville'sche Korps seinen Abzug nehmen möchte —
welcher, wie zu vermuthen wäre, sehr bald erfolgen
dürfte sogleich über die Fulda zu gehen und dem
selben auf dem Fuße nachzufolgen.
Sei es nun, daß die Franzosen hiervon Wind be
kommen, oder überhaupt auch schon in Absicht hatten,
im Falle ihres anzutretenden Rückzuges ihre Gegner
gleich von Haus aus von einer allzu eifrigen Ver
folgung abzuschrecken, genug, sie trafen zu diesem
Zwecke folgende Anstalten: Nachdem sie schon im
Laufe des 26. Juli allerlei sehr sichtbare, auf einen
nahen Abzug deutende Maßregeln getroffen hatten,
brachen sie auch in der That in der Nacht zum 27.
ihr Lager ab, traten unter Zurücklassung einer
schwachen Nachhut jedoch nicht den wirklichen Rückzug
an, sondern nahmen nur eine zum Voraus aus
gesuchte, sehr vortheilhafte und versteckte Stellung
auf den Höhen bei Heina und Eubach ein. Major
von Winzingerode, welcher auf Alles sehr aufmerksam
gewesen war, glaubte, zumal, als plötzlich eben mit
Tagesgrauen die jenseitigen Posten sich eiligst abzu
ziehen begannen, nichts anderes, als daß der Feind
wirklich seinen Rückmarsch angetreten habe. Somit
hatte er auch nichts eiliger zu thun, als sofort,
um des Gegners Spur nicht zu verlieren, mit seinen
Jägern über die Fulda zu setzen und in aller Hast
*) Wilhelm Ernst Levin von Winzingerode, ein sehr
tüchtiger leichter Truppenführer, ward nach beendigtem
7 jährigen Kriege Forstmeister zu Spangenberg, trat jedoch
1768 als Oberstlieutenant in das Wolj'sche Kürassier-Regi
ment und starb 1781 als Oberst und Kommandeur des
Karabinier-Regiments.
den Abhang des Frauenbergs hinan zu rücken; war
jedoch nicht wenig überrascht, plötzlich von mehreren
Seiten her heftig mit schwerem Gesütz beschossen zu
werden. Glücklicherweise für ihn und die Seinigen
war dieses Feuer seitens der feindlichen Artilleristen
viel zu früh und eher eröffnet worden, als er bis
dahin vorgedrungen war, wohin man ihn hatte locken
wollen, und woselbst eine Abtheilung Husaren im
Hinterhalt lag, um über ihn herzufallen.
So gelang es den Jägern, als letztere zum An
griffe vorbrachen, in raschem Laufe noch glücklich sich
nach Altmorschen wieder hinein zu retten, von wo aus
dieselben alsdann, unter dem Schutze einiger ihnen zu
Hilfe geschickten Verstärkung, sich glücklich wieder über
die Fulda zurückzogen.
Rechtspflege unter Landgraf Philipp von
Hessen. Der hessische Chronist Wigand Lanze aus
Homberg erzählt in seiner Schrift „Leben und Thaten
des Durchleuchteten Fürsten und Herrn Philippi
Magnanimi, Landgraffen zu Hessen" unter dem
Titel „Straffe zweyer Schultheisten": „1526 worden
die zween Schultheissen Curt widekind zu Nawen-
kirchen vnd Fischer Hans zu Schwartzenborn am
Leben zu Marpurg gestrafft, dorumb, das sie einen
armen Menschen, one des Landgraffen vorwissen,
peinlich halten verhören vnd füttern lösten. Damit
anzuzeigen, was sich in kunfftiger zeit die alle sotten
zu versehen haben, so dergleichen an Iren Emptern
begehen wurden. Denn es seind gantz böse Hüter
und verwerer, welche die Schaffe selbs zerreissen und
fressen. Dorumb hat man diese also losten Mal
zeichen, das sich andere an Inen zu bespiegeln hetten,
auffrichtig mit Ihren Emptern vmbzugehen. Vnd ob
wol etlicher Tucke eine zeit lang zugedeckt vnd dohinden
Im verborgen bleiben, so schicket es doch Gott ge
meineglich also, das vntugend vnd boßheit offenbaret
und endtlich gestrafft wirdet." —
Aus Heimach und Fremde.
Am 12. Mai hat zu Döberitz bei Bautzen die
Vermählung des Für st enWilhelmvon Hanau,
Majoratsherrn zu Horovic, mit der Gräfin
Elisabeth zuLippe-Biesterfeld-Weißen-
feld, stattgefunden. Der feierliche Einzug des
fürstlichen Ehepaares in Hoi-ovie soll am Himmel
fahrtstage, 15. Mai, erfolgen.
Im Maiheft der „Deutschen Rundschau" beschäftigt
sich Julius Rodenberg in Fortsetzung seines
Estay's „Franz Dingelstedt. Blätter aus
seinem Nachlaß" mit dem „Ausgang von
Dingelstedt's Stuttgarter Zeit". Dieser verdanken
wir „Das Haus des Oldenbarneveldt, Trauerspiel in
fünf Aufzügen". Es ist das einzige dramatische