131
des Fehlens des billigen Wasserweges znm großen
Theile ungehoben bleiben. Insbesondere in Ver
bindung mit der in der Ausführung begriffenen
Korrektion der Unter Weser erscheint die Ver
längerung der Wasserstraße der Weser bis nach Kassel
zugleich geeignet, ein gewisses Gegengewicht zu Gunsten
des deutschen Handels gegen die natürliche Überlegenheit
und die dadurch bedingte erdrückende Konkurrenz der
holländischen und belgischen Handelshäfen zu gewähren,
indem die Ausführung beider Projekte eine Verkürzung
des Eisenbahnweges zwischen dem Seeschiffe und dem
hinter Kassel belegenen Binnenlande um reichlich
85 Km. zur Folge haben wird.
Nach dem superrevidirten Bauprojekte soll die etwa
28 Km. lange Flußstrecke welche ein Gesammtgefälle
von 17 Mt. hat, vermittelst der Anlegung von sieben
Schleusen kanalisirt und dadurch beim kleinsten Wasser
stande eine Tiefe von 1 Mt. erzielt werden, welche
mit Rücksicht auf die Tiefenverhältnisse der Oberweser
als zweckmäßig erscheint. Bei Kassel ist die Er
baun g eines Sicherheits- und Handels
hafens beabsichtigt, welcher für 50 Schiffe Raum
gewähren und mit der Eisenbahn in Verbindung ge
bracht werden soll.
Die Kosten des Baues sind auf 3,348,250 Mark
veranschlagt. Die Stadtgemeinde Kassel hat sich in
Anerkennung der aus der Anlage für sie zu erwartenden
großen Vortheile verpflichtet, die für ihre derzeitige
Leistungsfähigkeit sehr erhebliche Summe von 750,000
Mark als Beitrag zu den Kosten zu leisten, so
daß auf die Staatskasse ein Baukostenbctrag von
2,618,250 Mark entfällt. Die Ausführung des
Unternehmens wird einen Zeitraum von fünf Jahren
beanspruchen. Im Etatsjahr 1. April 1890/91 sollen
neben etwaigen kleineren Bauausführungen die speziellen
Vorarbeiten für den Bau vorgenommen werden, zu
welchem Zwecke die Bereitstellung eines Betrages von
100,000 Mark in Vorschlag gebracht ist. —
Universitätsnachrichten. Der Konsistorial-
rath Professor Dr. tbeol. et pbil. GeorgHeinrici
in Marburg hat den an ihn ergangenen Ruf an
die Universität Bonn abgelehnt. — Der Privatdozent
in der juristischen Fakultät zu Marburg Dr. Rein
hard Frank ist an Stelle des Prof. Dr. B enne ke,
welcher einem Rufe nach Breslau gefolgt ist, an die
Universität Gießen berufen worden.
Als Nachfolger des am 12. April verstorbenen
Geheimen Rathes Dr. K. F. A. Grebe, dessen
Nekrolog wir in der vorigen Nummer unserer Zeit
schrift gebracht haben, ist der bisherige Dozent für
die naturwissenschaftlichen Disciplinen, Forstkommissar
Casselmann, ebenso wie sein Vorgänger ein ge
borener Kurhesse, zum Direktor der Forstakademie in
Eisenach ernannt worden.
Todesfälle. Am 7. Mär; starb zu Hanau
im Alter von 61 Jahren Landgerichtsrath Karl
Friedrich Reinhard, ein anerkannt tüchtiger
Jurist und ein wegen seiner vortrefflichen Charakter
eigenschaften allgemein hochgeachteter und beliebter
Beamter. Nach absolvirtem Studium der Rechts
wissenschaft an der Landesuniversität Marburg, war
Reinhard Referendar an dem kurhessischen Ober
gerichte zu Fulda, wurde dann, nachdem er kurze
Zeit die Stelle eines Unterstaatsprokurators in Schmal
kalden bekleidet hatte, 1861 zum Amtsassessor daselbst
ernannt und 1865 zum Justizbeamten in Langen
selbold befördert; 1873 wurde er an das Kreisgericht
in Hanau versetzt und am 1. Oktober 1879 trat er
als Landgerichtsrath an das neuernchtete Landgericht
zu Hanau. Ueberall, wo der Verblichene gelebt und
gewirkt, hat er das beste Andenken hinterlassen und
sein Hinscheiden wird von allen, die ihn kannten,
aufrichtig und lebhaft beklagt.
Am 8. April verschied zu Wien an einem Herz
schlage der in den Gelehrtenkrcisen wohlbekannte
Dr. phil. Joseph Kreß. Derselbe war 1840 zu
Dietenhausen bei Fulda geboren, absolvirte zu Ostern
1860 das Fuldaer Gymnasium und widmete sich
dann auf den Universitäten Marburg und Erlangen
dem Studium der Philologie. Nach Wien über
gesiedelt war er zuerst als Professor an einem
Pädagogium, später als Leiter des k. k. Schulbücher
verlags thätig; in dieser angesehenen und einflußreichen
Stellung fand er noch Muße zu schriftstellerischen,
namentlich kulturgeschichtlichen und sprachwissenschaft
lichen Arbeiten. Dr. Kreß war ein Mann von
gründlichem Wissen, bescheiden in seinem Auftreten
und liebenswürdig im persönlichen Umgänge. Friede
seiner Asche. ~
Am 24. Februar 1890 starb in Frankfurt
a. Oder der Oberregierungsrath Karl K n a tz,
geboren zu Kassel am 2. Februar 1842, als Sohn
des kurfürstlichen Oberappellationsgerichtsrathes gleichen
Namens. Er war einer der ersten hessischen jungen
Juristen, der sich nach der Einverleibung Kurhessens
in Preußen der neuen Laufbahn bei den General
kommissionen zuwandte. Er hat in Gelnhausen,
Hanau, Marburg, Schleswig, Stargard, Bromberg
und Frankfurt a, Oder zuerst als Spezialkommissar
und dann als Regierungs- und Oberregierungsrath
durch Tüchtigkeit sich ausgezeichnet und würde es bei
seinem Talent noch weiter gebracht haben, wenn ihn
nicht in verhältnißmäßig noch jungen Jahren eine
tückische Krankheit dahin gerafft hätte. — In allen
den genannten Orten hat er sich durch seine gesell
schaftlichen Gaben zahlreiche Freunde erworben, welche
seinen frühen Hingang ebenso wie seine Verwandten,
darunter namentlich seine fünf jetzt doppelt verwaisten
Kinder, betrauern. K.
Am 28. April starb zu Fulda im 68. Lebens
jahre der Gymnasialoberlehrer a. D. Prof. Dr. Petrus