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In dem Schaufenster der Hofbuchhandlung von
Gustav Klaunig in Kassel ist gegenwärtig eine Skizze
des rühmlichst bekannten Malers Th. Matthei aus
gestellt, welche eine Anzahl Schwälmer Bauern darstellt,
die ausziehen, um sich an dem Dörnbcrg'schen Aufstande
gegen die westphälische Regierung am 22. April 1809
zu betheiligen. Das geschickt komponirte und wir
kungsvoll gemalte treffliche Bild erregt besondere
Aufmerksamkeit.
— Die „Hanauer Zeitung" schreibt: Bei den
Kanalisationsarbeitcn ist am 12. März zu Hanau
zwischen der Kesselstädtcr Kirche und dem Schwanen
garten die Südfront des römischen Kastells in
der Lage und Richtung, wie sie von Professor Dr.
Georg Wolfs bei den früheren Ausgrabungen an
genommen wurde, aufgedeckt worden. Dieser Fund
ist um so wichtiger, weil von den 4 Fronten des
Kastells nur diese sich bei den Ausgrabungen nicht
genau hatte bestimmen lassen, namentlich da hier die
Philippsruher Allee und eine Reihe von Gebäulich
keiten ein großes Hinderniß bildeten. Die Bestimmung
der Südfront beruhte bisher nur auf den Schluß
folgerungen, die theils aus der angenommenen
quadratischen Form des Kastells, theils aus der Be
schaffenheit des alten Mainufcrs gezogen wurden.
Die nunmehrige Auffindung der letzten bisher noch
dunklen Seite des alten Römcrkastells ist um so er
freulicher, als nunmehr Herr Dr. Wolfs in seinem
demnächst erscheinenden Werke über dieses Kastell den
wichtigen Schlußstein einfügen kann.
Universitätsnachrichten. Marburg. Der
außerordentliche Professor der Philologie Dr. phil.
Wissowa ist zum ordentlichen Professor in der philo
sophischen Fakultät ernannt worden. — Der Professor
der Philosophie Dr. Bergmann hat den an ihn
ergangenen Ruf nach Breslau dem Vernehmen nach
abgelehnt. — Der Professor der Geschichte Dr. Varren -
trapp hat dem an ihn ergangenen Ruf an die
Universität Straßburg Folge gegeben. An seine
Stelle tritt der seitherige außerordentliche Professor
Dr. K. G. L a m p r e ch t in Bonn unter Ernennung
zum ordentlichen Profesior in der philosophischen
Fakultät. —
Gießen. Der Professor der Jurisprudenz Freiherr
Dr. v o u S t e n g e l in Breslau ist an die hiesige
Universität berufen worden. — An Stelle des
nach Königsberg berufenen Geheimen Medizinalraths
Prof. Dr. von Hippel ist Dr. V ossins, seither außer
ordentlicher Profesior in Königsberg, zum ordentlichen
Professor der Augenheilkunde und Vorstand der
Augenklinik ernannt worden. — Der Professor des
Strafrechts Dr. Ben necke hat einen Ruf an die
Universität Breslau erhalten und angenommen. —
Der Privatdozent Dr. Dümmle r dahier ist zum
außerordentlichen Professor für Archäologie ernannt
worden.
Leipzig. An hiesiger Universität hat sich Dr.
Walther Lotz aus Kassel als Privatdozent für
Nationalökonomie habilitirt.
N e k r o l o g. Wie bereits in der vorigen Num
mer gemeldet, ist am 1. März zu Bonn a. Rh.
der Konsistorial-Präsidcnt und Professor der Theologie
Dr. Wilhelm Mangold gestorben. Derselbe
war geboren am 20. November 1825 zu Kassel
als der Sohn des daselbst im Jahre 1881 ver
storbenen Obermedizinalrathes Dr. Karl Mangold;
er besuchte von 1836 bis Ostern 1845 das Gym
nasium seiner Vaterstadt und widmete sich dann auf
den Universitäten Halle, Marburg und Göttingen
dem Studium der Theologie. Nachdem er einige
Zeit als Erzieher am Kurfürstlichen Hofe gewirkt
hatte, wurde er >851 Repetent an der Stipendiaten-
Anstalt zu Marburg, rehabilitirte sich 1852 als
Privat-Docent in der dortigen theologischen Fakultät,
wurde 1857 außerordentlicher und 1863 ordentlicher
Professor der Theologie in Marburg und folgte 1872
dem an ihn ergangenen ehrenvollen Rufe an die
Universität Bonn. Sein Lehrgebiet war die neu-
testamentliche Exegese, doch beschäftigte er sich auch
eifrig niit kirchcngeschichtlichen Studien. Schon sein
Erstlingswerk, womit er 1852 die Licentiatenwürde
erwarb, schlägt in dieses Gebiet ein, es handelt von
der Entstehung des Mönchthums, und 1852 ver
öffentlichte Mangold zugleich mit Semisch eine
Untersuchung über Julian den Abtrünnigen. Die
Anregung dazu gab David Strauß' Buch „Der
Romantiker auf dem Throne der Cäsaren". Man
gold war ein eifriger Gegner von David Strauß,
gegen den er 1877 in einer akademischen Rede einen
„Mahnruf" erhob. Einzelne seiner Schriften sind
nicht nur für seine Fachgenosien bestimmt, so „Jean
Calas und Voltaire" und „die Bilder aus Frank
reich" (1869). Von seinen theologische» Schriften
sind die wichtigsten „Die Jrrlehrer der Pastoral
briefe" (Marburg 1856), „der Römerbrief und die
Anfänge der römischen Gemeinde (1866), „äseoolesia
primaeva“ (1881), „der Römerbrief und feine ge
schichtlichen Voraussetzungen" (1884). Sodann
bearbeitete er auf's Neue „Bleek's Einleitung in das
Neue Testament" und war Mitarbeiter an Herzogs
Real-Encyklopädie und an Schenkel's Bibel-Lexikon.
Von seinen Schriften erwähnen wir noch diejenige
über ,E. L. Th. Henke", welche 1879 erschien und
dem Andenken seines Marburger Kollegen gewidmet
ist. Professor Mangold war bis zu seinem Tode
thätig. Er las in dem letzten Semester noch über
die Bergpredigt, die synoptischen Evangelien und
über die biblische Theologie des Neuen Testamentes.
Seiner Richtung nach war er ein sog. Vermittelungs
theologe. Ausgestaltet mit den trefflichsten Gaben