94
rinnerung an Kloster Kornberg
Von H- Keflerhelö.
Möge es dem Schreiber dieser Zeilen vergönnt
sein, die Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf eine
Gegend in unserm schönen Hessenland lenken zu
dürfen, welche bis jetzt noch nicht so allgenicin
bekannt ist, als sie es wohl verdient. Treten
uns auch nicht mächtige Berge, große Flüsse oder
felsige Thäler und Schluchten gleich wie im
Thüringer Wald oder in der sächsischen Schweiz
entgegen, so bieten doch die grünen Wiesen, die
fruchtbaren Felder und die waldreichen Berges-
höhcn jedem Beschauer das anziehendste Bild.
Mehr aber soll es dem noch sein, dem dieses
Land die Heimath ist. Wie der Baum mit
allen seinen Wurzeln im Boden haftet, soll auch
der Mensch gebunden sein an seine Heimath, an
sein Land, und dem Boden gleichen, dem er
entsprossen ist. So ist es in unserem Hessen-
land bestellt. Seine Geschichte wird für alle
Zeiten ihre Bedeutung behalten. Ich wage nicht
zu sagen, in Nachfolgendem einen Beitrag dazu
zu liefern, ich will nur in Erinnerung bringen,
was schon ein Berufenerer als ich über Kloster
Cornberg geschrieben hat.
Kaum 1 Stunde von der alten Bergstadt
Sontra, nahe dem sagenumwobenen Bergsee
von Dens und dem waldgrünen Gipfel des
aussichtsreichen Ahlheimer, liegt hart an der
alten Heerstraße nach Bebra—Cornberg mit der
gleichnamigen Station der Bebra - Göttinger
Eisenbahn. Dieses Cornberg war früher ein
Kloster. Nach den vorhandenen Urkunden*) wird
Cornberg zum erstenmal im Jahre 1296 erwähnt,
nachdem frühere Schriften, die älteste von 12.90
auf Kloster Bubenbach, '/ t Stunde von Cornberg
in einem umwaldeten Wiescngrunde gelegen, hin
weisen. Hier zeigt uns auch jetzt noch ein freier,
großer Platz mit Resten von Mauerwerk, einem
großen Teiche und einem gemauerten Brunnen
das frühere Dasein eines Dorfes oder Klosters
an. Seit einigen Jahren ist daselbst ein hübsches
Försterhaus gebaut und da, wo früher die weiten
Hallen eines Gotteshauses dem herbeiströmenden
Volke offen standen, zieht heute der Pflug seine
Furchen, um den Segen des Himmels in reifenden
Ernten hervorzubringen. Auch in diese Einsam
keit sind die Pioniere der Neuzeit gedrungen,
das Dampfroß bringt Leben und freudiges
Schaffen in die Wälder.
Es läßt sich nicht genau feststellen, in welchem
Jahr die Verlegung des Klosters Bnbcnbach
nach Cornberg stattfand, zwischen 1292 und 1296*).
Cornberg wird schon früher ein Hofgut gewesen
sein und wie Merlan in seiner Topographia
Hassiae noch 1655 sagt, daß Kloster „Cörnberg"
wegen seines Fruchtwachsthums bekannt sei, so
wird wohl dieses und die wärmere Lage des
Ortes auch den Umzng von Bubenbach nach
Cornberg verursacht haben. Die Klostergebäude,
insofern sie heute »och erhalten sind, bilden die
Form eines Vierecks. Auf der einen Seite liegt
die Kirche mit dem Thurm, während die drei
andern Wirthschaftsgcbünde oder Zellen der
Nonnen gewesen sind. Ein kleiner Hof im
Innern war der Begräbnißplatz des Klosters.
Der Hauptbau, die sogenannte Propstei ist ein
großer, düsterer Ban von zwei massigen Thürmen
flankirt, die nach der Gartenseite dicht mit Epheu
und wildem Wein bewachsen sind, rankend bis
znm Thurmknopf. So stehen die Gebäude, von
kleinen Sandsteinen und eisenhartem Mörtel er
baut schon 590 Jahre da und machen noch
immer den Eindruck von Festigkeit und vor
aussichtlich langer Dauer. Ihre dunkeln Mauern
kontrastiren seltsam mit den in neuerer Zeit ans
schönen Quadersteinen aufgeführten landwirth-
schaftlichen Bauten: einem Brennereigebäude und
einem großen Kuhstall. Nachdem ein früherer
Bau, der sich durch eingchanene Zeichen: „L. J.
1620." als ans der Zeit der Landgräfin Juliane,
Gemahlin des Landgrafen Moritz, erwies, abge
rissen, bilden diese neuen Bauten mit einigen
älteren den eigentlichen Wirthschastshof der heutigen
Domäne. Dem Gut gegenüber liegt das Wirths
haus, das 1615 von der Landgräfin Juliane
für 300 fl. der Familie Thon verkauft wurde,
Schmincke sieht darin das frühere Siechenhaus
des Klosters. In jüngster Zeit haben auch diese
alten Mauern einen Verjüngungsprozeß, die
dritte Metamorphose, erlebt, sowohl äußerlich
durch Restauration, als auch in ihrer inneren
Bestimmung, denn ein Schild mit dem deutschen
Reichsadler sagt uns, daß hier die kaiserlich deutsche
Post ihren Sitz genommen hat. Außer einigen
Oekonomiegebäuden, stehen noch 6 Arbeitshäuser
an der Straße, die mit dem Gute das Ansehen
eines kleinen Dorfes haben, welchem der in
flottem Betrieb stehende Steinbruch ein noch
lebhafteres Aeußeres giebt. —
Die Reformation griff auch in die Geschicke
von Cornberg ein. Durch die Wirren derselben
) Urkunden von Kloster Cornberg von I. Schmincke.
•) nach Schmincke, Geschichte von Cornberg.