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auch meist zuerst meine damals im Sturme veröffentlicht unb unserer würdigen Seniorin,
wechselnder Erlebnisse entstandenen Gedichte vor, Fräulein Eleonore Scheffer, gewidmet wurden,
die später unter dem Titel „Lieder der Zeit" (Fortsetzung folgt.)
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Dichters Uermiichtnitz.
Ich lag int Frühlingsblütenmeer,
Da kam der grinnne Charon her,
Zu holen mich im Nachen.
Ich aber sprach: Je nun, es sei!
Nur gieb mir der Minuten drei,
Mein Testament zil machen.
Mein Geld und Gut — v wär' es mehr!
Ein ehrlich Gut verdient sich schwer
In diesen harten Zeiten.
Doch Dichter stehn auf Königshöh';
So will ich denn, inbeiu ich geh,
Gleich einem König scheiden.
Da seht mein Reich ! Es geht so weit,
Als euch der Frühling Blumen streut
Und golden stralt die Sonne.
So weit als Nachts die Sterne glühn
Und Lieb und Lust im Herzen blühn,
Dem, der da lebt, zur Wonne.
Nehmt, Freunde! nehmt das alles hin!
Genießt cs, wenn ich nicht mehr bin;
Es wird euch froh gegeben.
Ihr seht die Welt so schön bestellt
Und keiner, dem sie nicht gefüllt,
Ist werth, darin zu leben.
Wenn Einen doch der Neid verzehrt,
Wer Gutes frech ins Auge kehrt,
Für den ein zähes Reißig;
Hub zählt ihm auf, doch zählt sie gut,
Mag's kosten auch ein wenig Blut,
Die alten Neununddreißig.
Doch Charon, sprich, was willst du mir?
Geh, Heide, geh und suche dir
Fern eines Heiden Kehle.
Ich aber sterbe wie ein Schwan,
Mein letzter Weg geht himmelan,
Zum Lichte steigt die Seele. —
Da ging beschämt der alte Gauch
Und Philomele sang im Strauch
Mit lautem Jubeltoue;
Goldregen neigte sich zu mir
Und sprach: Aus Blüten schling' ich Dir
Ins Haar die goldne Krone.
Noch sollst du leben frank und frei,
Noch soll dir blühen mancher Mai
So schön und hold wie heute. —
Da griff ich in die Saiten kühn
Und sang, umrauscht vom Waldesgrün,
Dies Lied der Lust und Freude.
Jt. tzravcrt.
Trerrmrng.
Und bist Du auch von mir geschieden.
So weilt mein Geist doch stets bei Dir.
Du bist mein Engel, bist mein Frieden,
Und bleibst cs immer für und für.
Du bist die Sonne mir bei Tage,
Du bist mein Stern in dunkler Nacht,
j Du bist die Hoffnung, wenn ich klage,
! Du hältst als Schutzgeist bei mir Wacht.
Hat uns das Schicksal auch geschieden,
Die Ferne trennt mich nicht von Dir,
Der Gott der Liebe giebt mir Frieden,
' Trost meinem Herzen für und für.
Earl Weber.
Wohl«?
Der Welt Gestalten gleiten
Vorüber wie ein Traum —
Die Wonnen und die Freuden
Vergeh'« wie Wellenschaum.
Auch was dich quält, dich ängstigt
Spült weg die Fluth der Zeit;
Dich selber treibt sie rastlos —
Wohin? — Zur Ewigkeit. —
Jos. chrinca».
Aus alter und neuer Zeit.
— Sprüche au Haus ern in Oberhessen.
Den in Nr. 21 v. I. (S. 332) dieser Zeitschrift
mitgetheilten Sprüchen fügen wir noch einige neue
aus verschiedenen Dörfern in Ober Hessen bei.
In Schwarz bei Alsfeld lesen wir:
„„Es gibt nichts schöneres auf der Welt,
Als daß der Tod ja nimmt kein Geld,
Sonst würden sich die Reichen zusammengesellen
Und die Armen auf die Spitze stellend “—