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Mitarbeiter nicht fehlen. Wir finden in den
Jahrgängen 1841 nnd 1842 viele größere Ar
tikel über Kunst, die ihn zum Verfasser haben.
Eines Aufsatzes wollen wir hier besonders ge
denken : „Ueber Malerei" ist derselbe betitelt
und hat zum Inhalte eine Besprechung der drei
großartigen Schöpfungen christlicher Kunst, der
Gemälde „Jüngstes Gericht von Cornelius,"
„Triumph der Religion in den Künsten von
Overbeck" und „Einführung der Künste durch das
Christenthum in Deutschland von Veit."
Kein Anderer war.mehr berechtigt, gerade über
die Bilder dieser berühmten Meister ein Urtheil
zu fällen, als Professor Friedrich Müller.
Sie hatten sich seiner liebevoll angenommen,
als er zum erstenmal als jugendlicher Maler
nach Rone kam. Sie hatten ihn eingeführt in
jene Vereinigung deutscher Künstler, die im Kloster
S. Jsidoro ihre Heim aufgeschlagen hatten und die
„Klosterbrüder" oder „Nazarener" genannt
wurden.*) Peter Cornelius war ihr „Haupt-
mann." Sie huldigten der religiös-romantischen
Kunstrichtung, welche W. H. Wackenrvdcr in
seinem Buche „Herzensergießungen eines Kloster
bruders" als die allein richtige und erstrebeus-
werthe hingestellt hatte; sie waren das in der
Kunst, was die Romantiker Tieck, Novalis, die
Schlegel in der Literatur waren. Bei ihnen
herrschte der Katholicismus vor. Viele Mitglieder
dieser Vereinigung, früher Prvtestautcn, waren
zu demselben übergetreten. Friedrich Müller
fühlte sich mächtig von ihnen angezogen, auch er
that diesen Schritt. Ganz besonderen Einfluß
hatte auf ihn der berühmte Throler Maler
Joseph Anton Koch, der Begründer der historischen
Landschaftsmalerei; dieser diente ihm als Vor
bild, und wenn Nagler in seinem Künstlerlerikvn
dem Bilde Friedrich Müller's „Jakob lind Rahel"
das vollberechtigte Lob einer glücklichen Ver
bindung des Historischen mit dem Landschaftlichen
spendet, so verdankt der Künstler diesen Vorzug
wohl ganz besonders der Kvch'schen Schule. Ein
gewisser romantischer Zug ist übrigens dem Pro
fessor Friedrich Müller bis an sein Lebensende
eigen geblieben.
Im Jahre 1844 brachen anläßlich der Aus
stellung des heiligen Rockes zu Trier religiöse
Wirren aus, die, angeregt durch Johannes
Ronge, zu in Abfall von der alten Kirche
und zur Gründung deutsch - katholischer Ge
meinden führten. Gegen diese Strömung erhob
Professor Friedrich Müller seine Stimme in der
*) Hochinteressante Mittheilungen über diese Ver
einigung gibt Professor H. Knacksuß in seinem aus
gezeichneten Werke „Deutsche Kunstgeschichte," Bd. II.,
428 flgg.
Broschüre „Friedenswort zur Lösung der reli
giösen Streitfrage." Der Zweck dieser Schrift
geht ans dem Schlußworte derselben hervor:
„Katholiken und Protestanten sind gleichmäßig
berufen, deutsche Ehre, deutsches Wissen, deutsche
Kunst, deutsche Treue und deutsche Frömmigkeit
zu pflegen. Im gemeinsamen Streben nach
diesen Gütern muß alle Zwietracht aufgegeben
werden, dainit der Dom deutscher Freiheit, an
welchem unsere edelsten Fürsten, unsere größten
Geister und alle wahrhaften Patrioten bauen,
noch vor dem Hereinbrechen anderer Stürme
unter Dach und Fach gebracht sei, und die In
schrift seines Giebels der deutschen Eintracht ge
denken mag, welche allein so Großes vollendet!"
— König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen,
der Romantiker auf dem Throne, ließ den Ver
fasser dieser Schrift ob der darin kundgegebenen
Gesinnung durch seinen Gesandten am kurhes
sischen Hofe, General von Thun, beglückwünschen.
Professur Müller entwickelte eine ebenso emsige
wie gediegene schriftstellerische Thätigkeit. Seine
meisten Schriften, namentlich diejenigen über
Kunst, veröffentlichte er unter dem Pseudonym
Federigo. Daneben schrieb er noch viele historische
Abhandlungen, politische Aufsätze für Zeitschriften
und Zeitungen, und nicht nur für deutsche, son
dern auch für Französische nnd italienische, be
herrschte er doch diese Sprachen ebenso wie seine
Muttersprache. Er verband scharfe Beobachtungs
gabe mit sicherem Urtheil und war daher den
Zeitschriften seiner Richtung ein sehr willkvm-
mener und geschätzter Mitarbeiter. Es würde
zu weit führen, wollten wir seine Schriften einzeln
aufzählen, nur seines Hauptwerkes wollen und
müssen >vir hier gedenken. Es ist: Kassel seit
siebenzig Jahren, zugleich auch Hessen unter vier
Regierungen, die westfälische mit einbegriffen,
geschildert auf Grund eigener Erlebnisse. Der
erste Band erschien 1876, der zweite 1879 im
Verlage der E. Hühn'schen Hofbnchhandlung.
Dieses Werk umfaßt die Geschichte Kassels vom
Anfange dieses Jahrhunderts bis in die 70er
Jahre. Es liefert ein treues Bild des Lebens
in unserer Vaterstadt, es stellt eine sorgfältige
Chronik der denkwürdigen Ereignisse nicht nur
Kassels, sondern Kurhessens überhaupt während
dieses Zeitraums dar, und sollte in keiner hes
sischen Familie fehlen. Sein Werth wird ein
dauernder bleiben.
In hessischer Zeit stand Professor Müller
in nahen Beziehungen zu den auswärtigen Ge
sandtschaften am kurfürstlichen Hofe, nicht nur
zu der österreichischen nnd französischen, sondern
auch zu der preußischen. Durch seine genaue
Kenntniß der hiesigen Verhältnisse, durch seine
Gewandtheit, seine Diskretion und stete Bereit-