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Bemelberg das Kriegshandwerk erlernte;
aber glänzend hatte er in ihnen seine Befähigung
unter so erlauchten Führern, wie Frunds
berg und den beiden Grafen Friedrich und
Wilhelm von Fürstenberg, nachgewiesen;
und das war der größte Gewinn, den ihm diese
unruhvollen Jahre einbrachten.
(Fortsetzung folgt.)
rinnerung an
Von Isr. <£. von Hohenhausen.
Bei einem Ausflug nach Norddeutschland in
den sonnigen Tagen des Herbstes von 1878 ver
weilte ich kurze Zeit in Lübeck, um den Lieblings
dichter der Frauenwelt nach langer Zeit einmal
wiederzusehen. Als ich mich bei ihm melden ließ,
erfuhr ich. daß er noch leidender als sonst sei
und den Arzt erwarte, also keinen Besuch an
nehmen könne. Im Begriff fortzugehen, wurde
ich jedoch von seinem Diener zurückgerufen, mein
Name auf der abgegebenen Visitenkarte war dem
Dichter aus früherer glücklicherer Zeit bekannt,
was ihn bewog, mich trotz seines schlechten Be
findens anzunehmen. Sein Anblick erfüllte mich
mit Wehmuth! sein Haar war grau, sein Antlitz
bleich und mager, nur seine Augen leuchteten
in noch unveränderter Schönheit und die Worte,
die er mit zitternder Stimme zu mir sagte, be
wiesen, daß Geist und Herz gesund geblieben
waren. Er erheiterte sich zusehends, als ich seine
Klagen über sein hartnäckiges Magenleiden theil-
nahmsvoll anhörte. Als ich ihm dann mit Be
geisterung von dem Eindruck sprach, den die alte
schöne Marzipan-Stadt, Lübeck, auf mich gemacht
hatte, wurde er vollends ganz heiter und ge^
sprächig. Er erzählte, daß er sich wirklich glück
lich dort fühle und die ehrenvolle Stellung in
seiner Vaterstadt dankbar anerkenne, auch daß
seine einzige Tochter in seiner Nähe als glücklich
verheirathete Frau lebe, betrachtete er mit Recht
als eine schöne Lebensfreude, die ihm nach so
vielen Verlusten geblieben sei. Das Bild seiner
so früh verklärten Frau, seiner Amanda, die er
stets „Ada" nannte, stand in einer Nische, wie
auf einem Altar, von Kränzen und Blumen um
geben. Ich hatte sie leider nicht gekannt und be
trachtete nun andächtig die holde Gestalt im ein
fachen weißen Kleide, einen blühenden Rosen
kranz ohne Blätter auf dem glattgescheitelten
Haar; das kindliche reizende Gesicht sah so seelen
voll aus, daß ich es vollkommen begriff, wie
Geibel in diesem engelhaften Wesen, den Genius
seiner Poesie zu erblicken glauben konnte. Frei
lich war sein heißes Herz, nach Dichterart, schon
früher vom Zauber der Weiblichkeit tief bewegt
worden! Außer für Cäcilie Wattenbach, hatte
er auch für jenes liebliche Mädchen geschwärmt'
welches er in dem schönen Liede besingt:
Oh, sieh' mich nicht so traurig an.
Du Röslein roth, du junges Reh" —
Es war nämlich die Tochter des Baron Karl
von der Malsburg in Escheberg, wo Geibel so
gastliche Aufnahme gefunden hatte. Das Fräulein
verheirathete sich später mit dem bayerischen Grafen
Holnstein und kehrte nach dessen Tode wieder in
die hessische Heimath zurück. Meine Mittheilungen
über diese Ehe erregten Geibels lebhafte Theil
nahme. Auch machte es ihm viel Vergnügen,
daß ich das schöne Escheberg und seine früheren
Bewohner genau gekannt hatte. Die spanischen
Bücherschätze, welche Geibel dort zum Studium
benutzt hatte, waren durch den älteren Bruder
des Besitzers von Escheberg angesamnielt, welcher
sich als Uebersetzer von Calderon einen geachteten
litterarischen Namen erwarb. Dieser Baron Otto
von der Malsburg lebte zur Glanzzeit von Tieck
und Tiedge in Dresden als kurhessischer Gesandter;
er hatte nach dem Beispiele der oben genannten
beiden schönen Geister, auch ein Freundschafts-
bündniß mit einer schönen Seele geschlossen, näm
lich mit der Stiftsdame Philippine von Calenberg,
welche mit ihm gemeinschaftlich an den Ueber-
setzungen aus dem Spanischen arbeitete. Sie
war ein wahres Original, schon durch ihr Aeu-
ßeres, denn sie hatte einen starken Bart und eine
rauhe Stimme, wahre Weiblichkeit besaß sie aber
dennoch; ihren Schmerz um den frühen Tod ihres
Freundes hat sie in wirklich schönen, rührenden
Gedichten ausgesprochen. Sie starb hochbejahrt
1836 im Stifte Obernkirchen bei Bückeburg.
Geibel ließ sich alle Einzelheiten, auch manche
komische Anekdoten aus ihrem Leben gern.er
zählen und wurde selbst immer gesprächiger,
namentlich erwachten seine Erinnerungen an
Griechenland, wo er einst durch seinen Freund
Curtius eine Hauslehrerstclle erhalten hatte, sich
aber bald davon losmachte, um in vollen Zügen
aus der Quelle antiker Poesie sich zu erlaben.
Aus seinen Gedichten geht hervor, daß er damals
sich auch begeisterte für die schöne Frau auf