71
Artillerie, sammt Ammonition auf Hanau transpor
tieret. 70 deren schwersten Kanonen logen hinter
der französischen Kirche auf der Erde benebst einer
Menge Kugeln und Bomben, allwo ich sie selbst mit
größter Betrübniß benebst meinem Sohn den 7. No
vember gesehen babe. Der Neustädter Markt stunde
auch voller Kanonen. Herr sende uns doch die Er
lösung aus Zion und gebe uns Gnade zu wahrer
Buße. Bei dem Allein thut der Herr Wunder, denn
die Früchte sind sehr wohlfeil. Zu Kesstlstadt im
Schloß, in der lutherischen Kirche, in der Remiß und
im großen Wirthshaus *) haben die Franzosen Laza-
rethe angelegt und es liegt Alles voller Kranken.
Merkwürdigerweise thut Creß der Schlacht bei
Bergen (1759), welche doch ganz in der Nähe statt
fand und in welcher Generallieutenant Prinz Isenburg
an der Spitze der hessischen Grenadiere den Heldentod
starb, keine Erwähnung, sondern beschreibt nur noch
die Verwüstungen, welche die nach bcm Rückzug aus
Hessen im Jahre 1762 bei Bergen lagernde Fran
zösische Armee unter Soubise sowie das vom Nicder-
rhein zugezogene Condäsche Hülfskorps im Felde an
richtete.
1763 berichtet er: Den 3. November 1762 wurden
dem barmherzigen Gott sei Dank die Friedenspräli
minarien zwischen England und Frankreich zu Fon
tainebleau unterzeichnet und darauf den 15. November
1762 der Waffenstillstand bei Amoenebnrg ans der
Brücke zwischen beiden Feldherrn Prinz Ferdinand
von Brannschweig und Prinz Soubise unterzeichnet,
weniger nicht sogleich bei beiden Armeen proklamiert,
infolge unsrer bisherigen Noth und Elend ein
wünschenswerthcs Ende gemacht.
A. M. Z.
Aus Hcimath und Fremde.
In der M o-natsversa m in l n n g des Vereins
für hessische Geschichte und Landeskunde hielt am
vorigen Montag Bibliothekar Dr. Brunne r den
angekündigten Vortrag über »Hermann, Landgraf
von Hessen, Erzbischof und Kurfürst von Köln
(1442—1508).“ Dr. Brunner versteht rs, seine
Vorträge anziehend und fesselnd zu gestalten. Er be
herrscht meisterhaft Sprache und Stoff, seine Vor
träge zeugen von gründlichen Studien, sie sind stets
vom wissenschaftlichem Geiste getragen; nicht in alt
hergebrachten Geleisen bewegen sich dieselben, die
neuesten Forschungen, znm großen Theile seine eigenen,
liegen ihnen zu Grunde, dadurch sind sie nicht blos
unterhaltend, sie sind auch, was solche wissenschaftlichen
Vorträge immer sein sollen, lehrreich. Der Beifall,
den Herr Brunner für dieselben erntet, ist sonach
ein wohlverdienter. Ueber den Inhalt des letzten
Vortrags werden wir in einer späteren Nummer
unserer Zeitschrift ausführlicher berichten.
Moritz von Baumbach. Am 23. Februar
d. I. waren 100 Jahre seit der Geburt eines Mannes
vergangen, welcher unter den bedeutendsten hessischen
Juristen dieses Jahrhunderts mit an erster Stelle
genannt wird, der sich aber vor allem in seiner Stel
lung als Minister der Justiz und in den ersten
Jahren der landstündischen Verhandlungen als Präsi
dent der Stände durch seinen edlen, mannhaften
Charakter in den Kämpfen für eine wahrhaft konsti
tutionelle Regierung die Hochachtung Atter, selbst
seiner politischen Gegner, erworben hat.
Es war dies Moritz von Baumbach aus
b c m Hause Kirchhei m.
Er war geboren zu Maestricht, wo sein Vater
als Rittmeister in einen: holländischen Dragoner-
Regiment in Garnison stand, erhielt aber seine Jugend
erziehung in Hessen, da der Vater bald nach seiner
Geburt in sein Vaterland zurückgekehrt war. Im
Jahre 1805 bezog er die Universität Marburg, um
sich dem Studium der Rechtswissenschaft zu widmen
und erhielt schon im Jahre 1808 unter König
Jvrüme, als er seine Studienzeit kaum beendet hatte,
seine erste Anstellung als Assessor bei dem Distrikts
tribunal in Hersfeld. Im Oktober 1810 wurde er
in gleicher Eigenschaft an das Tribunal in Kassel
versetzt und im Jahre 1813 auf Vorschlag des
Justizministers Simeon, welcher ihn zu gesetzgeberischen
Arbeiten verwendete, zum Staatsanwaltsauditor er
nannt.
Nach der von ihm sehnlichst gehofften Rückkehr
des Kurfürsten in sein Land trat er bei dem Bataillon
freiwilliger Jäger ein und erwarb sich als Oberjäger
in dem Feldzug des Jahres 1814 den Orden vom
eisernen Helm. Nach Beendigung des Feldzugs er
hielt er seine erste Anstellung im kurhessischen Staats
dienst als Justizrath bei der Regierung in Kassel.
Bei Errichtung der Obergerichte .sin: Jahre 1821
wurde er Rath bei dem Obergericht zu Kassel, worauf
in: Jahre 1825 in Anerkennung seiner außer
ordentlichen Befähigung seine Ernennung zum Ober-
appellationsgerichtsralh erfolgte.
In: Jahre 1831 hatte ihn die Ritterschaft des
Fuldastroms zu ihrem Vertreter auf den: Landtag
berufen unb wurde er von: Landesherr:: erst zn dessen
Vicepräsidenten und später zu dessen Präsidenten er
nannt. Nach Auflösung des Landtags war er Mit
glied des permanenten Ausschusses.
Als Hassenpslng im Jahre 1831 Minister der
Justiz und des Innern wurde, war eine seiner ersten
*) Zum Schwanen.