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Hoffman» und Escher von der Linth schickten sich
zu ihrer sicilianischen Reise an und versuchten
den jungen Kollegen zu überreden, mit ihnen zu
gehe». Philippi lehnte ab; die bekannten, zwin
genden Gründe, ließen ihn seine Rückkehr nach
Deutschland vorbereiten, um dort endlich mit
seiner medicinischen Praxis den wünschenswerthen
Anfang zu machen. Doch die andern Beiden
drangen im Verlaufe etlicher Tage wiederholt
in ihn. Schließlich, um der Sache ein Ende zu
machen, theilt Philippi ihnen mit, daß nicht so
wohl der unbändige Drang als Arzt zu prakti
zieren, wie die zwingende Nothwendigkeit eines
schwindsüchtigen Geldbeutels ihn zur Heimreise
bestimme. „Wenn's weiter nichts ist", meinten
die andern, „wir haben Geld genug für uns
Dreie. Können Sie uns später einmal unsere
Auslagen zurückerstatten, so wird es uns freuen,
als ein Zeichen, daß es Ihnen gut geht; wenn
aber nicht, dann verschlügt es uns auch noch
nichts." Philippi nahm endlich an und ging mit.
Von da ab, bekennt er selbst, fühlte er in sich,
daß er für die Medicin verloren war; es be
seelte ihn nur noch der Wunsch, ein Naturforscher
zu werden.
Nur kurz ist die Zeit, während welcher er,
aus Italien zurückgekehrt, sich in Deutschland
dem ärztlichen Berufe widmete. Denn schon im
Jahre 1835 sehen wir ihn als Lehrer ins
Kollegium der Höheren Gewerbeschule zu Kassel
eintreten, deren Direktor er schließlich bis zu
Ende des Jahres 1850 blieb. — In den Jahren
1838—1840 lebte Herr Dr. Philippi zum zweiten
Male aus Gesundheitsrücksichten in Italien,
diesmal in Begleitung seiner Familie; und in
Neapel war es, wo ihm damals sein einziger
noch lebender Sohn, der heutige Professor an
der Universität und Direktor des botanischen
Gartens zu Santiago, geboren wurde.
In Kassel wurde Philippi einer der Gründer
des heute noch eristirenden dortigen Vereins
für Naturkunde und während seines ganzen
Kasseler Aufenthaltes blieb er Präsident und
Direktor desselben. Philippi ist übrigens von
den damaligen Stiftern des Vereins der einzige
noch lebende.
Im Revolutionsjahre 1848 wurde es ihm zur
Pflicht gemacht, kurhessischer Staatsbürger zu
werden; er wurde bald darauf in den städtischen
Ausschuß und im folgenden Jahre in den Stadt
rath gewühlt. Die folgende Besetzung Hessens
durch österreichische und bayerische Truppen führte
bekanntlich den Sieg der Reaktion herbei. Es
folgte jene traurige Zeit unter Hassenpflug. Da
litt es unsern Mann nicht mehr im Hessen
lande. Er nahm seinen Abschied ans dem
Staatsdienste und siedelte nach Karlshütte bei
Delligsen in Brauschweig über, wo ihm sein
treuer Freund Dr. Koch eine Wohnung einge
räumt hatte. Schon im Jahre 1851 wanderte
er nach Chile aus. Damals war sein Bruder
Bernhard Philippi, der schon anfangs der vier
ziger Jahre ausgewandert war, von der chile
nischen Regierung als Generalagent nach Hamburg
gesandt worden, um eineregelmäßigeEinwanderung
deutscher Elemente einzuleiten. Bei der großen
Unzufriedenheit des deutschen Volkes mit den
damaligen Zuständen im Vaterlande gelang es
dem Abgesandten auch eine erhebliche Zahl ehr
barer deutscher Familien mit sich nach Chile ;u
führen, unter ihnen diejenige seines Bruders,
unseres Dr. R. A.Philippi. Leider sollte Magallanes
in dem neuen Vaterlande ein widriges Geschick
ihm und den Seinigen bald einen schweren
Schlag versetzen. Man hatte nämlich den Bruder-
Bernhard Philippi nach seiner Rückkehr aus
Hamburg als Gouverneur von Magallanes nach
Punta Arenas gesandt, wo die Kolonie durch
Patagonier kurz vorher zerstört war. Indische
List und Verschlagenheit heuchelte jedoch bald
Freundschaft. Sie kamen sogar und machten
einen feierlichen Besuch beim Gouverneur, ihn
freundschaftlichst zur Erwiderung desselben in
ihem Lager einladend. Als nun dies im November
des Jahres 1852 geschah, wurde der Gouverneur
nächtlicherweile mit fast allen seinen Begleitern
erschlagen und die Leichname durch Dick und
Dünn hinter den Pferden hergeschleist. An
scheinend fiel Bernhard Philippi als ein Opfer
der Blutrache, immerhin aber als ein Pionier
der Kultur. Niemals ist von ihm wieder eine
Spur entdeckt worden; obwohl es nicht an ge
wissenlosen Schwindlern gefehlt hat, welche
in gewissen Zeitintervallen versucht haben, der
Familie Philippi Geld unter dem Vorgeben ab
zuschwindeln, daß der Gouverneur noch als Ge
fangener unter den Patagoniern lebe und man
seinen Aufenthalt kenne.
Zuerst lebte der Dr. Philippi auf seiner Be
sitzung in San Juan, Provinz Valdivia; aber
im Juli 1853 wurde er zum Rektor des Lyceums
von Valdivia, der im Aufblühen begriffenen
deutschen Kolonie, ernannt. Zwar hatte schon
vordem in Valdivia ein Lyceum bestanden, doch
war dasselbe wieder eingegangen. Dasjenige
welches jetzt daselbst existirt, ist von Philippi
durchaus neu eingerichtet worden. Schon im
Oktober desselben Jahres wurde er zum Direktor
des Nationalmuseums in Santiago, sowie zum
Professor der Botanik und Zoologie an der
Universität von Chile ernannt. Es ist das ein
wichtiges Ereigniß insofern, als, wenn einmal
die Geschichte der chilenischen Pädagogik ge
schrieben werden wird, man wird berichten müssen,