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Ob auch auf manchem Tische
Ich Wein in Silber fand —
Küß' lieber dieses frische
Getränk aus hohler Hand.
Das ist ein Labetrank!
Mich lockt nicht Festgepränge
Hier in des Waldes Enge
In der gewölbten Nische,
Auf graubemooster Bank.
Wenn auch bethörend prächtig
Musik zu Tanz erklingt,
Schallt doch sie nicht so mächtig,
Als wenn man hier eins singt;
Von manchem krüft'gen Sang
Noch weiß der Wald zu künden,
Der einst in diesen Gründen —
Und oft. wenn's mondennächtig,
Als Geisterchor — erklang!
Wohin ich um mag schauen,
Gemahnt's mich früher Zeit.
Die Frömmste aller Frauen
Hat diesen Ort geweiht.
Sie wallte her von fern
Den schmalen Pfad zur Quelle,
Und wusch auf dieser Schwelle
In stillem Gottvertrauen
Der Armen Kleider gern.
Nun rauscht es in den Rüstern,
Der Wind durch Wipfel weht;
Ich hör' ein leises Flüstern:
Elisabeths Gebet.
Und wenn ins Dickicht sacht
Die Zapfen niedergleiten,
Die Fürstin hör' ich schreiten,
Im Tannengrün, im düstern,
Beim Schein der Sternennacht.
Du hast in Waldes Mitten,
O holdes Frauenbild,
Ein Denkmal Dir erstritten,
Wie Du, so hehr und mild.
Viel Heldenruhm verscholl -
Der Deine ist geblieben:
Gott und dein Volk zu liebe».
Hast Schmach und Not erlitten,
Und bliebest liebevoll!
■yaiilins Spangenverg.
Aus alter und neuer Zeit.
Die Gothaischen gelehrten Zeitungen
bringen in ihrem 27. Stück vom 6. September 1783
einen kurzen Bericht über die Feierlichkeiten
gelegentlich der Enthüllung des Denkmals des
darllals regierenden Landgrafen Fried
rich II. auf dem Friedrichsplatz zu Kassel. Die
Notiz erscheint uns interessant genug, um sie den
Lesern des „Hessenlandes" ihrem Wortlaut nach hier
mitzutheilen:
„Auszug aus einem Briefe aus Cassel,
den 17.. August 1783.
Den 14. dieses ist endlich die vom seel. Na hl
verfertigte schöne Statue des Herrn Landgrafen, die
die Hessen-Cassel'schen Landstände diesem Regenten
haben setzen lassen, enthüllt worden. Etliche Tage
vorher ward das breterne Haus, worin man sie ver
arbeitet hatte, abgenommen, und die Statue selbst in
einem mit Leinwand bezogenen Blindrahmen ein
geschlossen. An dem Tage der Ceremonie ihrer gänz
lichen Enthüllung, waren der Herr Landgraf nicht
zugegen, sondern zu Heydau, einem Lustschloß an der
Fulda. Allein Jhro Hoheit die Frau Landgräfin
beehrten die Feyerlichkeit mit Ihrer Gegenwart. Um
elf Uhr ward der Friedrichsplatz mit einem starken
Commando Soldaten zur Erhaltung der guten Ord
nung besetzt. Um elf Uhr marschirten alle Bürger
compagnien der Stadt in blauer Mondirung auf bcm
Platz auf; und formirten sodann einen Kreis. Um
1 Uhr kamen Jhro Hoheit mit dem ganzen Hof in
das Museum, wo alle Collegia versammlet ihre An
kunft erwarteten, und sich sodann auf den Platz be
gaben. Darauf kamen die sämmtlichen Landstände,
mit dem Herrn Erbmarschall an der Spitze Eine
Deputation von ihnen holte den Legatum Principis,
des Hrn. Etaatsministers von Bürgel Excellenz ab;
und sobald derselbe da war, ergrif der Hr. Erb
marschall das au dem Blendrahmen befestigte blaue
Band, da sodann die Arbeiter die Statue enthüllten.
Der Herr Erbmarschall hielt darauf eine Rede, die
auch schon gedruckt ist. Herr Professor Förster wird
für den Verfasser derselben angegeben. Auf diese
Rede antwortete der Herr Etaats-Minister von Bürgel.
Hiermit endigte sich die Ceremonie, und die Frau
Landgräfin begaben sich in die Aue, wo große Tafel
war, zu welcher sämmtliche Landstände gezogen wurden.
Am Abend war eine der Feyerlichkeit angenießene
Oper aufgeführt, unter dem Titel: Le Tenople de
la Posterite. Das Gedicht hatte der Hr. Marq. de
Luchet verfertigt; die Musik der Herr Kapellmeister
Rochefort; die Dekoration der Herr Jnspector Moretti.
Sie nahm sich sehr gut aus, und ward, weil sie die
Empfindungen der Unterthanen für ihren Fürsten
ausdrückte, mit vieler Theilnehmung angehört. Das
Schauspiel ward frey gegeben, und ohugeachtet des
großen Zudrängens, indem an 1000 Menschen im
Hause waren, ward so gute Ordnung gehalten, daß
nicht das geringste Unangenehme vorfiel. Den Abend
illuminirten viele Personen ihre Häuser. Die Ober
neustädter Bürgercompagnie illuminirte das Rathhaus,
und ließ ein kleines Feuerwerk abbrennen. Die Juden
schule war inwendig und auswendig erleuchtet, und