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lonrafc von Kemelberg, der kleine Keß,
der Mnösknechlsoberft.
Eine historische Skizze von <£. Stenü eil-
(Fortsetzung.)
IV.
Es war gut. daß der Kriegsrath und Oberst
Bemelberg dieses Werk in einer Zeit verfaßt
hatte, wo er noch nicht in die Wirren der Partei-
kämpfe verflochten war, denen sich damals kein
bedeutender Mann entziehen konnte und in denen
es nur wenigen vergönnt sein sollte, vor Ver
unglimpfung bewahrt zu bleiben. — Schon seit
lange lastete bange Gewitterschwüle, das untrüg
liche Anzeichen eines schweren Wetters, auf allen
Gemüthern, aber die Kriege im Osten und
Westen und Süden hatten noch immer eine
augenblickliche Ableitung gebracht. Doch war
Karl V. mit den Jahren nicht duldsamer ge
worden, der Einfluß der Spanier, eines Alba,
eines Avila j Zuniga, hatte ihn nur selbst
herrlicher und bigotter gemacht, als er in jungen
Jahren gewesen. Andererseits war die Sache
der Reformation in stetiger Zunahme begriffen;
sie konnte nunmehr als fest begründet gelten, da
seit dem Jahre 1539 auch der brandenburgische
Kurstaat für sie gewonnen war. Aber ein Zu
sammenstoß war unvermeidlich, das hatte man
hüben und drüben erkannt. Die Verhandlungen,
die gepflogen wurden, waren nur das Anzeichen
ängstlicher Gemüther auf der protestantischen
Seite, während sie von der anderen Seite so
eifrig, aber erfolglos betrieben wurden, um
Zeit zu Rüstungen zu gewinnen. Denn des
„hispanischen Karl" Sache stand zunächst recht
ungünstig. Unserm Konrad von Bemelberg ist
es gewiß schwer angekommen, in diesem unseligen
schmalkaldischen Kriege, dem trüben Vorspiel des
entsetzlichen dreißigjährigen Krieges, Partei zu
ergreifen; die Dienstverhältnisse drängten ihn
aber auf die kaiserliche Seite, auf der auch der
Herzog von Baiern zu finden war, und zwangen
ihn, alle Stimmen des Herzens zum Schweigen
zu bringen und, wenn essein müßte, gegen seinen
hessischen Lehnsherrn, Landgraf Philipp, auf
dessen Seite er seine Stammesvettern wußte,
das Schwert zu ergreifen. Wie so gern hätte
er das Aeußerste abgewandt! Mit welcher frohen
Zuversicht wird er sich dem Aufträge, den ihm der
Kaiser ertheilte, mit den Häuptern des schmal
kaldischen Bundes, die in Donauwörth versam
melt waren, zu verhandeln, unterzogen haben!
Er traf sie nicht mehr; auch wäre es nutzlos
gewesen: Kaiser Karl, dessen Gewissen von
Spaniern uttb Italienern unablässig geschürt
wurde, wollte ja keinen Frieden mit den Ketzern.
Der Krieg in Oberdentschland brach aus.
Herzog Wilhelm vou Baiern, der sich für neutral
erklärt hatte, übertrug Bemelberg das Amt eines
Pflegers in dem festen Städtchen Rain, das, am
Lech nur wenig über eine Meile östlich von
Donauwörth gelegen, 800 Landsknechte, die der
Kaiser geschickt, in seinen Mauern barg. Gerade
hier begann der augsburgische Feldhauptmann
Sebastian Schertlin, Bemelbergs alter Gegner,
ein ebenso geschickter wie entschlossener Führer,
die Feindseligkeiten; er besetzte die Lechbrücke bei
Rain und begann die Beschießung der Stadt.
Bemelberg, im guten Glauben, Herzog Wilhelm
sei und bleibe neutral, und nicht im Stande,
sich lange der Uebermacht gegenüber zu halten
— auch war ein Brief Herzog Wilhelms an
ihn, der ihm anbefahl, die Stadt unter allen
Umständen zu halten, von den Gegnern auf
gefangen worden — räumte den Platz, da ihm
und seinem Kriegsvolk freier Abzug mit allen
kriegerischen Ehren zugesagt wurde. Er ahnte
nicht, wie verhängnisvoll dieser Schritt für ihn
werden sollte; Herzog Wilhelm genehmigte zwar,
den Verhältnissen billig Rechnung tragend, die
Uebergabe; dagegen setzte der Kaiser, als er bald
darauf Rain einnahm, seinen Kriegsrath Bemel
berg gefangen und nahm ihm seine Aemter und
Würden. Bald aber sah er ein. welche Kränkung
er dem trefflichen Manne zugefügt; er gab ihm
Freiheit und alle seine Ehren zurück, ja schickte
ihn im November 1546 als Unterhändler zum
Landgrafen nach Kassel. Auch diesmal konnte
der wackere Konrad seinem angestammten Landes
fürsten wenig nützen; die Kriegsfurie war einmal
entfesselt, und welsche Hinterlist fand ihr Ge-