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als Artillerie - Offizier im Innern des Landes,
in der den Weißen sonst unzugänglichen Haupt-
und Residenzstadt „Sanssouci".
Ein kurzer Rückblick auf die Geschichte von
„Haiti" möge uns hier gestattet sein. Die Insel,
nach Cuba die größte unter den großen An
tillen Westindiens, wurde am 3. Dezember 1492
von Columbus entdeckt, der ihr den Namen
Hispaniola gab und die erste spanische Nieder
lassung darauf gründete. Die unter fünf Kaziken
stehenden indianischen Ureinwohner, an Zahl etwa
eine Million betragend, waren schon 1533 durch
die harten Arbeiten, welche die Spanier ihnen
auferlegten, fast gänzlich aufgerieben, sodaß man
Neger einführen mußte. Es wurden mehrere
Städte gegründet, namentlich San-Domingo, nach
welcher auch die Insel lange benannt wurde.
Die Flibustier setzten sich 1630 auf ihr fest und
veranlaßten französische Niederlassungen auf dem
westlichen Theile, der 1697 förmlich an Frank
reich abgetreten wurde. Dieser französische Theil
entwickelte sich im 18. Jahrhundert zu hoher
Blüthe, erzeugte aber auch in der ungeheueren
Neger- und Mulattenbevölkerung sehr gefährliche
Elemente, welche zum Ausbruche kamen, als die
Revolution von 1789 ihren Gährungsstoff in
den leicht entzündbaren Boden brachte. Neger
und Mulatten machten erst gemeinsame Sache gegen
die Weißen und spalteten sich dann unter einander.
Nach mancherlei Parteiungen und Unruhen brach
am 23. August 1791 der Aufstand der Farbigen
von Kap Frankens aus, der sich, unter den greu
lichsten Metzeleien und Verwüstungen und nach
dem am 23. Juni 1793 Kap Fran?ais erobert
worden war, über die ganze Kolonie verbreitete.
Gegen die Engländer und Spanier aber, welche
seitdem die Kolonie angriffen, kämpften Franzosen
und Neger gemeinsam. 1795 trat Spanien auch
den östlichen Theil an Frankreich ab. Der Neger
Toussaint l'Ouverture war 1794 zum französischen
Obergeneral auf der Insel ernannt worden und
hatte 1797, mit Rigaud, die Engländer vertrieben,
suchte sich aber unabhängig zu macken und gab
am 9. Mai 1801 der Insel eine eigene Verfassung.
Gegen ihn wurde von Frankreich der General
Leclerc mit 25000 Mann entsendet. Toussaint
wurde verhaftet und nach Frankreich gebracht,
wo man ihn in der Festung Joux bei Besan^on
1803 todt fand. Auf der Insel brach unter dem
Neger Dessalines von neuem der Aufstand aus
und im November 1803 mußte der französische
General Rochambeau mit dem Rest der Franzosen
abziehen. Dessalines ließ sich am 8. Oktober
1804 als Kaiser Jakob I. von Haiti ausrufen,
gab dem Staate am 20. Mai 1805 eine Ver
fassung, kam aber am 17. Oktober in einem Auf
stande um, den der Neger Heinrich Christoph und
der Mulatte Alexander Pstion geleitet hatten.
Diese kämpften nun um die Herrschaft, bis der
spanische Theil 1808 von Spanien wieder in
Besitz genommen, im französischen Theile aber
sich im Süden eine Mulattenrepublik unter Potion
und im Norden eine Negerrepublik unter Chri
stoph bildete. Dieser, mit welchem wir es hier
zu thun haben, ließ sich im Jahre 1811 als
Heinrich I. zum Könige von Haiti krönen.
Er wird von Trost als ein kräftiger, breitschul
teriger, ebenholzschwarzer Mann geschildert, welcher,
eine stattliche Erscheinung, in goldbetreßter Uni
form, auf dem mächtigen Dreimaster die landes
herrlichen blau-roth-weißen Federn, häufig im
Geleite seiner Adjutanten und Großwürdenträger
des Reiches inmitten zweier Kavallerie-Abthei
lungen dahinsprengte. Als Freund ceremoniellen
Pompes erfand er noch ein berittenes Amazonen
korps, bestehend aus den Damen der Würden
träger, welches mit Federn und Flitterwerk auf
geputzt und mit buntbemalten Bogen, Köchern
und ellenlangen vergoldeten Pfeilen ausgerüstet,
lustig dahinraste. Daß er nach des Kaisers
Napoleon Vorbild sich auch mit neukreirteni
Adel umgab und sogar Herzoge von Limonade
und Marmelade schuf, ist bekannt. Die nach
französischem Muster uniformirte Armee blieb
indessen ohne Schuhe und Sold und erhielt nur
eine sehr nothdürstige Verköstigung. Der schwarze
König hatte sonderbare Passionen, von denen
wir nur diejenige für Katzen anführen wollen.
Da erzählte man sich, daß er einst eine seiner
Lieblingskatzen, welche es gewagt Hatte, sein Lieb
lingsgericht vorwegzumausen, durch einen Adju
tanten auf 14 Tage auf die Festung verbringen
ließ.
Trotz des europäischen Firnisses blieb König
Heinrich doch ein schwarzer Barbar und Despot.
Er ließ alle aus Europa kommenden und dahin
abgehenden Briefe untersuchen, bezw. unterschlagen,
damit keine Kunde über die inneren Zustände
seines Reiches in das Ausland gelangte. Kein
Europäer, der in seine Dienste getreten war, sollte
je wieder das Land verlassen. So kam es denn
auch, daß Trost, als er ohne Kenntniß dieser
Verhältnisse, nach fast vierjähriger Dienstzeit um
seine Entlassung und die Erlaubniß zur Rückkehr
in sein Vaterland einkam, in Ungnade fiel und
in Untersuchung gezogen wurde. Die Folge davon
war, daß Trost mit seiner Familie nach Fort
Royal verbannt wurde mit dem an den dortigen
Kommandanten gerichteten Befehle: „Ils sont lä
pour crever!“ Der Aufenthalt daselbst galt für
gesundheitsgeführlich, ja todbringend, so daß der
König hoffen konnte, der dort internirten Deutschen
auch ohne Prozeß und Urtheil ledig zu werden.
Im Uebrigen bekümmerte sich Niemand um die