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Aus Heimach und Fremde.
In der am Montag den 25. November dahier abge
haltenen Monatsversammlung des Vereins für hessische
Geschichte und Landeskunde berichtete der Vorsitzende
Major von Stamford, daß der Vorstand den bei
ihm eingegangenen Antrag, betr. die Einfriedigung
und bessere Erhaltung des Denksteins auf dem Forste
für die während der Fremdherrschaft unter König
Jerome erschossenen treuen Hessen, dem hiesigen
Stadtrathe unterbreitet und von diesem bereits eine
zustimmende Antwort mit dem Bemerken erhallen
habe, daß eine entsprechende Vorlage dem Bürger
ausschusse gemacht werden solle. Die Namen der
dort gefallenen Hessen sollen nach dem Antrage des
Vorstandes des Geschichtsvereins dem Denkstein ein
gefügt werden. — Hiernach hielt Oberstlieutenant
a. D. von Stamford von Detmold den ange
kündigten Vortrag über den Rachekrieg des Ger-
manicus im Jahre 16 n. Chr. Der Vortrag wurde
von den Zuhörern beifällig aufgenommen.
Im historischen Verein für das Großherzogthum
Hessen hielt zu D arm stad t am 18. November
der Archiv-Direktor Dr. Freiherr von Schenk
einen Vortrag, in welchem er eingehende Mit
theilungen über Hessische Heraldik auf Grund
neuerer Veröffentlichungen machte. Freiherr von
Schenk ist bekanntlich eine Autorität auf diesem
Gebiete, und da seine Mittheilungen für uns
Hessen von besonderen Interesse sind, so lassen
wir hier den Bericht der „Darmstädter Zeitung"
über den Vortrag folgen:
Freiherr von Schenk legte zunächst das Werk von
O. Posse: Die Siegel der Wettiner bis 1324 und
der Landgrafen von Thüringen bis 1247 vor, das
zum ersten male eine sichere Grundlage auch für die
älteste Heraldik des hessischen Wappens bietet. De?
Löwenschild erscheint danach zuerst 1182 im Siegel
Landgraf Ludwig's III.
Der Vortragende bekämpfte die Annahme Posse's,
daß die Erwerbung der Sächsischen Pfalzgrafschaft
der Beweggrund zur Annahme des Löwenwappens
gewesen sei, und erwähnte eine Lücke des Werkes, die
sich bei Benutzung des Großh. Hausarchws hätte
vermeiden lassen. Es fehlt nämlich das Siegel des
Landgrafen Hermaun II., des Sohnes der heiligen
Elisabeth, des ersten selbstständigen hessischen Fürsten,
das an einer Urkunde von 1238 hängt. Es zeigt
das Bild des jugendlichen Landgrafen zu Pferd auf
der Falkenjagd, die Umschrift bezeichnet ihn als
Hermann, Sohn des Landgrafen von
Thüringen.
Uebrigens finden sich in dem Werke auch die bis
1273 reichenden schönen Siegel der Herzogin Sophie
von Brabant, der späteren Erbin des Fürstenthums
ihres Bruders.
Der Vortragende besprach sodann das Werk von
F. Warnecke: Die mittelalterlichen heral
dischen Kampfschilde in der St. Elisabeth-
Kirche zu Marburg. Er weilte besonders bei
den sorgfältig beschriebenen und abgebildeten beiden
ältesten Schilden des Landgrafenhauses, deren ältester
zweifellos dem Deutschmeister Landgrafen Konrad von
Thüringen zuzuschreiben ist, während der sehr reich
ausgestattete jüngere recht wohl dem ersten hessischen
Landgrafen aus dem brabantischen Herzogshause zu
geschrieben werden kann.
Freiherr von Schenk stellte einige irrthümliche Be
stimmungen der Schilde hessischer Adelsfamilien
richtig, und wendete sich dann gegen die Annahme
Warneckes, daß man es hier durchgängig mit eigent
lichen Kampfschilden zu thun habe. Es seien
vielmehr in der Hauptsache Totenschild e, die über
den Gräbern der in der Kirche beigesetzten Stifter
von Seelenmessen aufgehangen worden seien. Eine
hessische Urkunde von 1382 zeigt, daß das häufig erst
lange nach dem Tode des Stifters seitens des be
dachten Klosters geschah. Der Umstand, daß bei
einigen Schilden die Rückseite ein anderes
Wappenbild als die Vorderseite zeigt, dürfte be
weisen, daß mau alte Totenschilde von der Wand
abnahm, um sie neuerdings zu verwenden.
Hierauf zirkulierte die Photographie eines Gewebes
des 14. Jahrhunderts mit den vereinigten Hessischen
und Cleve'schen Wappen mit der Umschrift „Elizabet
van Cleve, Lantgrevinne van Hessen", welches Kabinets-
bibliothekar Dr. Sahl im Germanischen Museum
bemerkt hatte. Der Vortragende legte ein Original
siegel ihres Gemahls, des Landgrafen Otto (des
Schützen) vor, und beschrieb dessen Wappen, das sich
in dem werthvollen Werke von V. Bouton, Wapen-
boeck ou Armorial de 1334 a 1372 par Gelre
heraut d’armes (Paris 1886) findet.
Zum Schlüsse verwies Freiherr v. Schenk warm
empfehlend auf das Werk G. Seylers, Geschichte der
Heraldik, welches seines Erachtens einen großen Fort
schritt bedeute, und besprach im Ganzen zustimmend
die Ausführungen des Autors über die Heraldik des
12. Jahrhunderts.
Aus Horowitz ist uns folgende vom 25. Novbr.
datirte Mittheilung zur Veröffentlichung zugegangen:
„Die Nachricht von einer bevorstehenden Versteigerung
das Andenken unseres hessischen Fürstenhauses be
rührender Gegenstände hat in Hessen eine Erregung
hervorgerufen, die einen vielseitigen und lebhaften Aus
druck auch durch Zuschriften, namentlich an Seine
Durchlaucht den Fürsten Wilhelm von Hanau in
Horowitz gefunden hat. Diese Kundgebungen haben