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Grafschaft Schaumburg, die weit ablag, und das
bequem liegende Stift Hersfeld, nahm Cchaum-
burg-Lippe zu Lehen und eröffnete durch einen
Erbvertrag mit Hanau Aussichten auf ihre
eigenen Stammlande. Bis zu dieser Erbschaft,
die 1736 erfolgte, blieb Hessen-Kassel unver
ändert, denn die Nebenlinien Hessen-Philipps
thal und Hessen-Philippsthal-Barchfeld wurden
nicht nennenswerth mit Land ausgestattet.
Wie schon erwähnt, war Hanau, das durch
Darmstädter und Fuldaer Gebiet vom Haupt
lande getrennt lag, bis 1785 nicht einmal durch
Personalunion mit Hessen-Kassel verbunden, in
dem 1738 - 1751 Prinz Wilhelm für seinen König
lichen Bruder und 1754—1785 dessen Enkel Wil
helm, zuerst unter seiner Mutter Maria regierten.
Dies und das folgende zeigt uns Karte Nr. 5.
Der Reichsdeputations-Hauptschluß von 1803
brachte Hessen für den Verlust von Rheinfels
neben der Kurwürde das Stift Fritzlar, die
Reichsstadt Gelnhausen und das Reichsdorf Holz
hausen, die sich gar wohl in die Erblande ein
fügten. Der allzugenaue Landgraf Wilhelm IX.
hatte nicht genug Goldfüchse springen lassen und
war bei Napoleon zu wenig beliebt, sonst wäre
damals mehr Gebiet zu erjagen gewesen. Miß
glückt war ihm vorher 1787 die Annexion von
Lippe-Bückeburg.
Nach kurzer Zeit brach dann das Verhängniß
herein und Napoleon dekretirte 1806: La nmison
de Hesse a cesse de regner. Kartographisch
wäre nun auf Blatt 6 darzustellen, wie Knr-
hessen in das Königreich Westphalen eingefügt
ward, während Hanau zum Großherzogthum
Frankfurt geschlagen wurde.
Die Befreiungskriege führten Kurfürst Wil
helm I. nach siebenjähriger Verbannung nach
Hessen zurück und ist diesen 53 Jahren das
letzte (7.) Kartenblatt gewidmet; abgesehen von
kleineren Grenzberichtigungen erhielt, 1813 - 1866,
Kurhessen für Abtretung von Exklaven wie
Niederkatzenellnbogen, Plesse, Neuengleichen,
Uechte, Auburg, Freudenberg u. f. w. zugewiesen
neben der Grafschaft Menburg, der Stadt Volk
marsen u. a. m. fast das ganze Bisthum Fulda,
Gebiete, die sich trotz der Stammesgemeinschaft
ob ihres katholischen Bekenntnisses und ihrer
dadurch gesonderten Geschichte ungern an das
protestantische Kurhessen anschlossen, worüber
man bei Treitschke, Band III. Ergötzliches nach
lesen kann. Somit hatte Kurhcssen seine ab
schließende eigenthümliche Gestalt erreicht,
um das großherzogliche Oberhessen herumge
lagert, die man gern mit einem antiken Helm-
busch verglich. Denn 1822 erhielt nur die
Ouartlinie persönlich von Preußen Ratibor und
Corvey, die auch an die Fürsten von Hohen
lohe 1834 übergingen.
Endlich wären auf dieser Karte die geringen
Gebiets-Umwälzungen des Jahres 18v6 noch
nachzutragen. Der Verlust einiger oberhessischer
Exklaven mit Nauheim wurde reichlich ausge
wogen durch die Angliederung von Vöhl, Orb
und Gersfeld.
Also lebt das Gebiet des ehemaligen Kur-
sürstenthums Hessen fast ungeschmälert fort im
Preußischen Regierungs-Bezirk Kassel.
Denselben Gang, den wir, geehrte Anwesende,
im Kartenbilde verfolgten, lehrt uns auch die
geschichtlicheBetrnchtungdesKurhessischen Wappens
kennen, wobei ich jedoch auf Hoffmeisters Ab
handlung (in Zeitschrift, Bd. VI) verweisen kann.
Bei der Gebietsentwickelung der Landgrafschaft
Heffen-Darmstadt können wir uns um deswillen
kurz fassen, da eine gute Territorialübersicht
nebst Karte von Ewald (1862) vorliegt, die
jedoch wieder abgetretenes Gebiet leider nicht
bezeichnet. Eine zweite Auflage von 1872 kam
mir trotz allen Suchend nicht zu Gesicht.
Die Darmstädter Nebenlinie Butzbach starb
bald aus, dafür aber dauerte mit wechselndem
Gebiet die Landgrafschast Hessen-Homburg von
1622 bis 1806, um 1»l6 nach 10 Jahren der
Mediatisirung, um Meisenheim vermehrt, für
fünfzig Jahre wieder als souveräne Landgraf
schast aufzuleben. Als der letzte männliche Sproß
dieser Linie 1866 starb, fiel das Land an das
Großherzogthum zurück, das es jedoch nach
wenigen Monaten an Preußen wieder abtreten
mußte. Auch dieses Ländchen wäre endlich ein
mal kartographisch zu behandeln.
Zuerst erwarb Darmstadt einen bedeutenden
Theil der Marburger Erbschaft von Kassel, nach
dem es einige Zeit lang das Ganze beansprucht
hatte, und erhielt dann aus der Hanauer Erb
schaft nach langem Streiten die Lichtenberger
Hälfte, welche zum Theil im Elsaß gelegen unter
französischer Oberhoheit stand. Dann aber ist
in Darmstadt meist Schmalhans Küchenmeister
gewesen bis 1803. Für viele Abtre.ungen er
hielt damals Darmstadt überreiche Entschädi
gungen in kurmainzischen und pfälzischen Aemtern,
in der Reichsstadt Friedberg und dem Herzog
thum Westfalen. 1806 wurde der neue Rhein
bundssürst Großherzog, und Ludwig I. sonnte
sich völlig in dem Glanze Napoleons, der ihm
viele Reichsunm ttelbare unterordnete und ihn
sonst bei jeder Gelegenheit reich ausstattete.
1813 zur rechten Zeit noch abgefallen, er
lauscht das Großherzogthum Hessen für Süd-West
falen, Theile des französischen Departements
Donnersberg mit Mainz, sodaß Ludwig sich
fortan nennt: Großherzog von Hessen und bei