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Vor einigen Tagen brachten hiesige Zeitungen eine
sehr befremdliche Nachricht. Nach derselben soll vom
27. bis 30. d. M. in Köln eine Versteigerung von
Kunstsachen, Mobilien, Gemälden rc. aus dem Nach
lasse des Fürsten Moritz von Hanau stattfinden. Da
runter befinden sich auch Andenken an die Kurfürsten
Wilhelm II. und Friedrich Wilhelm I., so eine
komplete Uniform der hessischen Garde du Korps,
ein Militärrock mit Epauletten des hessischen Garde
regiments, welche der letzte Kurfürst getragen hat,
ferner Orden, die Kurfürst Wilhelm II. getragen hat,
sodann auch die Uhr, welche dem Kurfürsten Friedrich
Wilhelm I. in Prag von treuen Hessen zum Andenken
verehrt worden ist, u. s. w. Dem Vernehmen nach
läßt die Gräfin Bentzel-Sternau, Nichte des Fürsten
Moritz, Tochter der Prinzessin Alexandrine von
Hohenlohe-Oehringen, der zweiten Tochter des Kur
fürsten Friedrich Wilhelm, als testamentarisch ein
gesetzte Erbin, die Sachen zum Verkauf bringen. Ein
solches Verfahren, soweit es die persönlichen Erinne
rungsstücke betrifft, widerspricht den Begriffen von
Takt und Pietät, wie sie einmal bei uns auch in
bürgerlichen Kreisen bestehen. Hoffentlich gelingt es,
wenigstens die Orden und Uniformen, sowie die
'1869 dem letzten Kurfürsten gewidmete Uhr vor
den Händen der Trödler zu retten. In dieser Hin
sicht macht der „Kasseler Spaziergänger" in der
Sonntagsnummer des „Tageblatl's" bei Besprechung
der Angelegenheit einen Vorschlag, der sich u. E.
der Beachtung empfiehlt. Er schreibt: „Nun haben
wir hier ein von der Tochter Wilhelms II., der
Gräfin Bose, gestiftetes Hessisches Museum, welches
außer für Werke hessischer Künstler ganz speciell zur
Aufbewahrung hessischer Erinnerungen bestimmt ist.
Was in dem Gebäude bisher angesammelt worden,
hat die Oeffentlichkeit noch nicht beschäftigen können,
da der Weg zu demselben noch nicht allgemein zu
gänglich ist, bei dieser Gelegenheit aber dürfte wohl
das Hessische Museum ein Lebenszeichen nach außen
hin von sich geben und bei der Auktion diejenigen
Stücke, welche an das erloschene Regentenhaus er
innern, der Privatspekulation entreißen."
Vor einigen Wochen stand an dieser Stelle die
Mittheilung: daß der vor langen Jahren von Herrn
Oberstlieutenat a. D. I. von Bardeleben ge
gründete und bis jetzt geleitete „Lesekranz" sein
Ende finden müsse, weil der verehrte Herr, wegen
vorgerückter Jahre, Entlastung wünsche und keiner
der Theilnehmer sich geeignet fühle, ihn zu ersetzen.
Heute sind wir in der angenehmen Lage, melden zu
können, daß es den vereinten Bitten der vorwiegend
aus alten Hessen bestehenden Theilnehmer gelungen
ist, Herrn von Bardeleben, dem für die rein geschäft
lichen Vereinsangelegenheiten eine Stütze beigegeben
werden soll, zu bewegen, seines Amtes weiter zu
walten, wodurch der Fortbestand des Lesekranzes ge
sichert ist. Herr von Bardeleben, der den bekannten,
literarischen Sinn seines Vaters, des noch heute in seine/
Heimath unvergessenen Generallieutenants von
Bardeleben geerbt hat, erwarb sich im Laufe dieses
Jahres ein großes Verdienst dadurch, daß er durch
Ueberlassung des Briefwechsels des letzteren mit
Dingelstedt, an unseren Landsmann Rodenberg zur
Veröffentlichung, diesem sehr werthvolles Material zu
den in der deutschen Rundschau erschienenen Schil
derungen der Jugendjahre und der Thätigkeit des be
rühmten Intendanten des Wiener Hof-Burgtheaters
in Hessen, geliefert hat. v. L.
Friedrich Wilhelm H o f f m a n n f. Am
30. Oktober d. I. entschlief zu Homberg nach jahre
langen schweren, aber in Geduld ertragenen Leiden
im 87. Lebensjahre der Metropolitan Friedrich
Wilhelm Hoffmann, ein Mann, dem auch seine
zahlreichen Gegner auf politischem und kirchlichem
Gebiet die Anerkennung nie versagt haben, daß er
als ein ganzer Manu für feine Ueberzeugung einstand
und bereit war, lieber Alles zu leiden, als seinem
Gott und sich selbst untreu zu werden.
Er war am 6. Juni 1803 im Pfarrhause zu
Harmuthsachsen als dritter Sohn seiner Eltern ge
boren und seine ersten Jugenderinnerungen reichten
noch in die schmach- und drangsalvollen Jahre der
französischen Fremdherrschaft zurück. Er hatte aber
auch schon an der Freude seines Vaterhauses und
unseres ganzen Volkes Theil genommen, als das
Joch zerbrach.
Seine erste wissenschaftliche Ausbildung erhielt er
in der altberühmten Klosterschule der Lullusstadt und
bezog dann die Universität Marburg. Hier schloß
er sich mit jugendlicher Begeisterung der Burschen
schaft an, der auch seine älteren Brüder sowie die
Gebrüder August und Wilhelm Vilmar theils angehört
hatten, theils noch angehörten. Es konnte nicht fehlen,
daß der körperlich und geistig reich begabte, mit rück>
sichtslosem Muthe und scharfem Witz ausgerüstete
Jüngling, der mit diesen Vorzügen eine tadellos vor
nehme Haltung verband, zu hohem Ansehen unter
seinen Genossen gelangte und den Widersachern der
Burschenschaft ein sehr gefürchteter Gegner wurde.
Er hatte aber auch der Burschenschaft viel zu ver
danken, da sie ihn mit hohen Idealen erfüllte, die
ihm bei seiner aufs praktische Leben gerichteten Natur
anlage sonst fern geblieben wären.
Auf seiner ersten Pfarrstelle zu Sielen blieb H.