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Schon liegen an dem Fuß der Eichen
Verwundete bei blut'gen Leichen;
Den andern Räubern aber grauet.
Als fort und fort das Schwert mit Wucht,
Wer sich noch wehret niederhauet,
Entsetzt ergreifen sie die Flucht.
Der Ritter beugt die Knie im Staube,
Und dankt dem Himmel, der's gefügt.
Daß er im heißen, blut'gen Kampfe
Den meuchlerischen Feind besiegt,
Vom jähen Tod den Greis gerettet.
Drauf hat der Ritter ihn gebettet
Auf weiches Moos und Rasendecken,
Sein Haupt sanft in den Schoß gelegt.
Als sich der Greis erholt vom Schrecken,
Spricht er zum Ritter tief bewegt: '
„O unbekannter Jüngling heische
Von mir, kein Lohn ist mir zu groß,
Die Biederthat dir zu vergelten,
Kein Dank sagt von der Schuld mich los!"
Der Jüngling spricht: „Der Ritterehre
Geziemt's nicht, daß sie Lohn begehre;
Doch muß ich eine Bitte wagen.
Zwar ist sie kühn, allein ich weiß,
Ihr werdet sie mir nicht versagen:
Gebt eure Tochter mir als Preis!"
Nicht eingedenk, was er beschlossen
Ob seiner einz'gen Tochter Hand,
Nicht prüfend lang des Ritters Ford'rung,
Ruft er: „Dich hat mir Gott gesandt!
Das höchste Kleinod meiner Gaben,
Du, edler Fremdling, sollst es haben,
Sollst haben sie und meinen Segen,
So du von edlem Blute bist!"
„Das bin ich!" ruft mit Stolz der Degen,
„Wenn das allein Bedingung ist!"
Aufschloß er das Visier des Helmes —
Des Marschalls Antlitz hoch erglüht
Von Scham und Reu', als er betroffen
Ins treue Aug' des Mannes sieht,
Der jetzt der Reiter seines Lebens,
Und der zu ihm so lang vergebens
Gefleht der Lieb' sich zu erbarmen.
Es war ein sel'ger Augenblick.!
Der Jüngling lag in seinen Armen,
Berauscht vom nahen Liebesglück.
Nicht Worte schildern Glück und Wonne
Der Jungfrau, tief war sie gerührt,
Als unerwartet ihr der Vater
Den Heißgeliebten zugeführt. —
Der Landgraf aber ließ zur Stelle
Zur Trauung schmücken die Kapelle;
Es zierten Myrtekranz und Schleier
Bald Margarethens goldnes Haar,
Am Tage der Vermählungsfeier
Der Landgraf selbst Brautführer war. *)
Kart Kinck.
Airs dp Schirl.
(Schwälmer Mundart.)
Ins ähler Kanter wor gescheit
O wetzig owedrenn. 4 )
En harre gärn wüll alle Leiht, 2 )
Die Große ö die Kenn. 8 )
Em 4 ) wor nur — ö dos wor net schie, 5 )
Dr Mettelbollidan net grie. 6 )
Dr Mettelbollidan üerbott 7 )
De Stacke 8 ) i dr Schul. —
Eenst drew nü inner 9 ) immersott
Domm Zeihk") o Kanters Stuhl.
Dr Kanter äwwer, ll ) de greff zü.
Ö schüff 12 ) sich met demm Stacke Ruh.
Off eemol gong die Schüldähr") off. —
Dr Mettelbollidan! —
Doch weihrer H ) schlühk dr Kanter droff
Ö säht") da: „Hör mich an,
Du sagst der Mutter ganz genau,
Daß ich dich schlug heut blitzeblau!" —
Demm Mettelbollidan bie Höh 16 )
Komm detz Benamme ver.")
Hä räsbert l8 ) sich ö svroch da: «So! —
Wer hat den Stock erlaubt, Herr, wer?
Die Mutter kommt gewiß und klagt.
Was thu ich dann, wenn sie das wagt?»
„Dann schmeißen sie sie nur heraus." —
«Das wär' ein schön Geschäft!
Dann kommt der Vater mir ins Haus
Und schwadroniert und kläfft
Und droht mit den Gerichten. Mann,
Der Vater kommt. Was thu ich dann?»
*) Aus dieser Ehe Hermanns und Margarethens
stammt die ganze jetzt blühende Familie der Freiherren
von Niedesel zu Eisenbach ab, so wie die meisten Güter,
welche dieses altadelige Haus noch jetzt in Hessen und
Franken besitzt und die durch Margarethe an dasselbe ge
kommen sind. Margarethe starb 1455, Hermann im hohen
Alter 1463.
C. W. Zusti's Hessische Denkwürdigkeiten.