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von Frankenberg genannt, dessen sich der
Kurfürst zur Ausführung dieser Arbeiten bediente.
Allgemein war die Trauer bei dem Hinscheiden
dieses Friedensfürsten und echten geistlichen Ober
hirten, dem das Erzstift zu großem Danke ver
pflichtet war. Vielleicht werden wir später seiner
Verwaltung auf weltlichem wie geistlichem Ge
biet , namentlich der von ihm begonnenen
Reformation der Klöster des Erzstiftes an dieser
oder einer anderen Stelle näher treten ‘). Er
war, um unser Urtheil zum Schlüsse zusammen
zu fassen, einer jener hessischen Fürstencharaktere,
wie wir ihnen in unserer Geschichte, namentlich
der späteren, zahlreich begegnen, in denen sich
vorzügliche Regentengaben mit der Liebe zur
Kunst, besonders der Lust am Bauen vereinigen;
die von Natur zuiü Frieden gestimmt in gefahr
voller Stunde aber auch das Schwert mit Nach
druck zu führen wissen.
') Vergl. Rommel III Anm. S. 260 und Ennen,
III, 768.
Lebensbilder von Aarburger Wrosessoren
Von Friedrich Münscher.
(Schluß.,
In dem beschriebenen stillen und einförmigen
Leben, welches Jordan seit dem Frühjahr 1833
führte, trat im. Sommer 1839 plötzlich ein über
raschender Wechsel ein. Am 18. Juni verbreitete
sich in Marburg das Gerücht, am Morgen sei
das Haus des Professors Jordan von Gendarmen
und Polizeibeamten umstellt worden, Land
gerichtsrath Wangemann habe Haussuchung
gehalten und habe dem Professor Stadt-Arrest
auferlegt. Auch sei demselben jede Amtsthätigkeit
untersagt worden. Und in der That verhielt es
sich so. Jordan war wegen Theilnahme an hoch-
verrätherischen Unternehmungen in Anklagestand
versetzt worden und wurde sogar einige Monate
später als Gefangener auf das Marburger Schloß
in den nach ihm benannten Jordansthurm ab
geführt, wohin ihn die allgemeine Theilnahme
der Bewohner Marburgs begleitete. Es war
das Frankfurter Attentat von 1833, an welchem
er betheiligt gewesen sein sollte, und von welchem
deshalb hier eine kurze Schilderung folgen muß.
— Die Unzufriedenheit, welche nicht lange nach
den Freiheitskriegen bei allen deutschen Vater
landsfreunden darüber herrschte, daß die seit der
Zeit des vaterländischen Aufschwungs genährten
Wünsche unerfüllt geblieben seien, daß namentlich
weder eine wahrhafte Einigung dem Deutschen
Bundesstaat Sicherheit und Achtung nach außen
verbürge, noch daß ein Maß größerer politischer
Freiheit im Innern gewährt worden sei, äußerte
sich begreiflicher Weise am lebhaftesten bei der
studierenden Jugend. Eine Anzahl studentischer
Vereine auf mehreren vorzugsweise süddeutschen
Universitäten faßte sogar den Entschluß, es nicht
bei Worten und Wünschen bewenden zu lassen,
sondern durch Thaten eine Aenderung herbeizu
führen. Zu dem Ende wurde in aller Stille in
den ersten Märztagen des Jahres 1833 zu Groß
gartach bei Heilbronn eine Versammlung ver
anstaltet. Hier stellte ein junger Advokat aus
Frankfurt am Main Namens Gärth den An
wesenden vor, daß das Unternehmen von vielen
deutschen Männern, namentlichJordan, Welcker
Jtzstein gebilligt werde, die sich nach dem Sturz
des Bundestags an die Spitze der Bewegung
stellen würden, daß die Truppen in Württemberg,
in Frankfurt am Main und in anderen benach
barten Staaten für die Sache der Freiheit ge
wonnen seien, daß «schaaren von Polen, welche sich
in der Schweiz und in Frankreich als Flüchtlinge
aufhielten, bereit ständen sich anzuschließen und
führte so den, man kann sagen: wahnsinnigen
Beschluß herbei, in den ersten Tagen des kom
menden Monats in Frankfurt loszuschlagen.
Man wollte sich der Stadt bemächtigen, den dort
weilenden Bundestag auseinander sprengen und
alsdann eine Deutsche Republik errichten. Dabei
wurde ganz übersehen, daß mit der Einnahme
Frankfurts für die Errichtung einer Republik
gar nichts erreicht sei. Denn die Kraft und
Stütze des deutschen Bundes lag nicht in der
Versammlung der Gesandten, sondern in den
beiden Großstaaten Oesterreich und Preußen, welche
mit ihren Heeren jeder Störung bald ein Ende
machen konnten. Gemäß dem in Großgartach
gefaßten Beschluß versammelten sich nun in den
ersten Tagen des April 50 bis 60 Studenten
in Frankfurt und führten mit einer etwa gleich
großen Anzahl junger Leute aus der Stadt und
Umgegend und mit einigen polnischen Offizieren
am 3. April Abends 9'/z Uhr den geplanten
Angriff aus. Zu gleicher Zeit und ohne eigent