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am Abend zu seinen Ehren glänzend erleuchtet
war.') Am anderen Morgen erschien bei ihm
eine Deputation des akademischen Senats, welche
ihm mittheilte, daß er für den eben ausgeschriebenen
Landtag zum dritten Mal als Vertreter der
Universität gewählt worden sei. Die von Mar
burgs Bewohnern beabsichtigte Errichtung eines
Denkmals lehnte Jordan ab, nahm aber die zu
jenem Zweck gesammelte Geldsumme dankbar an
und kaufte mit derselben das Haus, welches jetzt
im Besitz des Sanitätsraths vr. Möller ist,
Nr. 1 der Nikolai-Straße.
In Folge der Wahl, durch welche der Senat,
obwohl er wußte, daß Jordan bei dem Landes
herrn und dessen Räthen in Ungnade stand, sein
festes Vertrauen zu seinem Vertreter aufs Neue
ausgesprochen hatte, reiste Jordan im Spätherbst
des Jahres 1832 wieder nach Kassel, um seinen
Platz in der Ständeversammlung einzunehmen.
Allein Minister Hassenpflug verweigerte ihm den
Eintritt und bedrohte ihn mit Geldstrafe, wenn
er nicht binnen 24 Stunden auf seinen Posten
als Professor zurückkehre. Er wendete nämlich
eine Bestimmung der Verfassung, daß Staatsdiener
zum Eintritt in die Ständeversammlung der vor
gängigen Genehmigung von Seiten der Staats
regierung bedürften, auch auf den Abgeordneten
der Universität an. Jordan blieb aber auf feinem
Platz, indem er die Beweisführung der Regierung
bestritt, vielmehr behauptete, daß für den Ab
geordneten der Universität ein Urlaub nicht er
forderlich sei, da der Senat verpflichtet wäre
einen Abgeordneten aus seiner Mitte zu wählen.
Auch erklärte das Obergericht zu Kassel, welches
von Jordan um Schutz angerufen worden war,
daß das Verbot des Ministers keine rechtliche
Wirkung haben dürfe, und nun entstand ein
monatelanger Streit über die Urlaubsfrage, der
im ganzen Land große Aufregung hervorrief und
sogar in mehreren Druckschriften verhandelt wurde.
Ob Jordan an den Berathungen für das Wohl
des Landes theilnehmen dürfe oder nicht, ward
in Kurhessen zur brennenden, politischen Frage.
Der akademische Senat trat für Jordan ein; die
Stände erklärten nicht nur durch feierlichen Be
schluß, daßJordan keiner Genehmigung vonSeiten
der Staatsregierung bedürfe, sondern waren auch
im Begriff den Minister Hassenpflug wegen seines
Verfahrens gegen den Abgeordneten der Universität
in Anklagestand zu versetzen — da wurde die
Versammlung durch landesherrliche Verfügung am
18. März 1833 abermals aufgelöst. Am folgenden
Tag that aber Hassenpflug einen Schritt zur Ver
söhnung. Er hatte eine Unterredung mit Jordan,
in welcher er diesem vorstellte, daß die Regierung
in ihm den Urheber des Streits mit den Ständen
erkenne und seine landständische Thätigkeit als
dem Landeswohl nachtheilig ansehe. Er möge
daher das patriotische Ofer bringen, auf die Wahl
des Senats freiwillig zu verzichten. Diesen Vor
stellungen entsprach Jordan, indem er wenige
Tage nachher den Prorektor der Universität von
seiner Verzichtleistung in Kenntniß setzte und
andere Wahlen, welche er nur mit Genehmigung
annehmen konnte, ablehnte. Er kehrte vielmehr
zu seinem akademischen Beruf zurück, in welchem
er der ungeschwächten Achtung und des vollen
Vertrauens der Landesbewohner sich erfreuend,
aber von der Staatsregierung beargwohnt und
zurückgesetzt, sechs Jahre hindurch ruhig verharrte.
Es wird angemessen sein, einen Augenblick hier
zu verweilen, um das Wesen des Mannes etwas
näher zu betrachten und uns dadurch seinen großen
Einfluß auf die Gemüther der Menschen zu er
klären. Jordan war, wie die meisten seiner Lands
leute, ein Gefühlsmensch. Heiter und offen trat
er jedem vertrauensvoll entgegen, machte schnell
Bekanntschaft und Brüderschaft und hoffte ohne
lange zu prüfen überall das Beste. Mit dieser
etwas träumerischen Gefühlsrichtung war aber
bei ihm auch eine abstrakte Verstandesrichtung
verbunden sowohl auf religiösem wie auf politischem
Gebiet. Er war kein praktischer Staatsmann,
aber ein Mann, der mit der Sprache voller Ueber
zeugung die Grundsätze des konstitutionellen Re-
giernngssystems, welches damals allgemein als das
einzige politische Heilmittel betrachtet wurde, bis
in die letzten Konsequenzen vertrat und durch seine
ganze Persönlichkeit, namentlich durch seine Rede
gabe, seine Umgebung für seine Ansichten gewann.
(Schluß folgt.)
') Die genauere Beschreibung findet sich r
S chriftchen „Marburgs feierliche Woche" betitelt.
Tu schmollt.
Novellekte von M. Friedrich st ein.
(Fortsetzung.)
Als der Hausherr das Zimmer verlassen hatte
um sich zur Bank zu begeben, blieben seine Frau
sowie deren Freundin, noch am Kaffeetisch sitzen.
„Jeannette! Ist dir gestern nicht etwas bei
meinem Mann und beinern Zukünftigen auf
gefallen?"