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Wagen und dgl. nachzukommen, unendliche
Schreibereien veranlassen *).
Um die Mitte des Oktober wollte der Reichs
marschall Rudolf von Pappenheim die in Koblenz
bis dahin vereinigten Reichstrnppen den Rhein
hinab und den Neußern zu Hilfe führen. Allein
die Hauptleute der einzelnen Kontingente weigerten
sich dessen, indem sie das kaiserliche Mandat
vorzeigten, das ihnen nur befehle, eine Zeit lang
im Felde zu sein, nicht aber sich nach Köln
führen zu lassen, worauf Herr Rudolf zornig
von dannen ritt^).
Nicht anders erging es Landgraf Heinrich,
der am 5. November den Ritter Diether von
Rolfshausen nach Koblenz schickte und als kaiser
licher Hauptmann den Truppen befehlen ließ,
ihm nach Köln zu folgen^). Er erhielt eine
ähnliche Antwort: lauter Weitläufigkeiten, welche
den Kaiser veranlaßten, am 11. November einen
Befehl an den Rath zu Frankfurt zu richten,
seinen Söldnern einzuschärfen, daß sie dem Kaiser
zu gehorchen und nicht erst die Befehle des
Rathes einzuholen hätten 3 4 ). Am 25. November
langte Friedrich selbst zu Frankfurt an.
*
*
Bis dahin hatten die Belagerten manche harte
Stürme auszuhalten gehabt. Einer der heftigsten
Stürme, welche die Stadt Neuß auszustehen
hatte, war der vom 9. September. Siebenmal
führte der Herzog an diesem Tage seine Schaaren
zum Angriff auf die Bollwerke an der Rhein
seite, doch wurden sie jedes Mal blutig zurück
geworfen. Er selbst war an einer Hand ver
wundet worden. In Folge dieses Mißerfolges
entstand schon bei vielen seiner Söldner, die auf
einen schnellen Ausgang des Feldzuges gerechnet
hatten, namentlich bei den Engländern, Murren
und Unzufriedenheit. Der Herzog hatte Mühe,
sie zur Ruhe zu bringen; er vertröstete sie auf
den unzweifelhaften Erfolg des nächsten Sturmes,
der am Sonnabend darauf stattfinden sollte.
Aber als man sich zur festgesetzten Stunde zum
Angriff anschickte, da schossen die Neuster so
dräftig in die dicht heranwogenden Schaaren,
^raß der Herzog, namentlich erschreckt durch den
Tod zweier ihm nahe stehender Hauptleute, das
Stürmen wieder einstellte.
So wurde das Selbstvertrauen der Belagerer
von Tag zu Tag schwächer. Gegen Ende Oktober
zählte Karl seinen Verlust schon nach Tausenden.
Am 14. d. M. sah er einen Theil seines Lagers
') Vgl. z. B. Neujahrsblatt a. a. O. S. 35 ff.
*) Das. S. 76.
3 ) Vgl. S. 36.
4 ) Ebenda, S. 36, 70.
in Brand aufgehen; das Feuer, durch eine aus
der Feste geschlenderte Brandkugel entzündet,
wüthete vom Abend bis in die Nacht gegen 2
Uhr und legte einen großen Theil der leichten
Hütten in Asche. Auch ließ sofort am anderen
Morgen Landgraf Hermann eine Schaar von
2000 Mann ausrücken, um die allgemeine Ver
wirrung im Lager zu einem kühnen Handstreich
zu benutzen. Der Erfolg war glänzend.
Der Herzog, angesichts der Unmöglichkeit, die
Stadt mit stürmender Hand zu nehmen, änderte
seine Angriffsweise, zumal auch die anfangs
November neu eingetroffenen Fläminger und
Brabanter keinen anderen Erfolg gehabt hatten
(den 4. November) als die entmuthigten alten
Söldner. Durch eine scharfe Beschießung sollten
alle Thürme niedergeworfen, die Mauern und
Bollwerke in Trümmer gelegt werden. Er wollte
durch endloses Feuern die Belagerten so ermüden,
daß sie endlich auf jeden Widerstand verzichten
müßten. Dann sollten zur Vollendung des
Zerstörungswerkes verschiedene Minen gesprengt
und brennende Theertonnen und Fässer mit
Schwefel nach allen Richtungen in die Stadt
geschleudert werden.
Landgraf Hermann erhielt durch den Rath
von Köln Kunde von diesem Vernichtnngsplan.
Besatzung und Bürgerschaft waren entschlossen,
dem drohenden Angriffe mit der äußersten Kraft-
anstrengung zu begegnen. Am 11. November
begann der Herzog die Ausführung seines Planes
mit einem Sturme gegen die Festungswerke am
Oberthor. Aber nirgends zeigt sich Widerstand;
die Besatzung, die wohl vorbereitet war, ließ
den Feind ruhig bis über den ersten Wall vor
dringen: da erst eröffnet sie, aber nun um so
heftiger, ein verheerendes Feuer und zu wildem
Kampfe stürzen die Neußer sich den Burgunder»
entgegen. Das Ringen ist kurz und blutig, der
Feind wird zurückgeschlagen und läßt 300 Todte
auf dem Platze. Landgraf Hermann hatte
erreicht, daß die allgemeine Bestürmung für's
erste weiter hitzmnsgeschoben wurde.
In Neuß hatte man dennoch wohl Grund,
mit ängstlicher Besorgniß dem drohenden Angriff
entgegen zu sehen. Zwar fehlte es nicht an
Muth und Kampflust; aber man hatte Mangel
an Pfeilen und Schießpulver. Eine längere
Vertheidigung wäre unmöglich gewesen, wenn
die Stadt Köln der hart bedrängten Feste nicht
600 frische Kämpfer, „harte Gesellen", mit
Salpeter und Schwefel und anderer Munition
zugeschickt hätte. Diese Schaar, die glücklich
durch das feindliche Lager hindurch gelangte, gab
der verzweifelnden Stadt wieder frischen Muth.
Herzog Karl aber erkannte, daß, wenn er in
den Besitz der Stadt gelangen wollte, dies nur