Hermann, Uanögraf zu Hessen, Wursiirst und Krzbischos
von Wöln.
Von Hugo Brunner.
(Fortsetzung.
Sechs Tage lang hielten die Neußer den Weerth
im Rheine besetzt, ohne daß die Burgunder von
neuem anzugreifen gewagt hätten. Dagegen be
schossen sie ihn so heftig, daß die dort Weilenden
kaum sich zu zeigen wagten.
Während dieser Frist kam den Belagerten
über die Rheininsel her noch eine Unterstützung
von 500 Mann Fußvolkes, welche die Stadt
Köln entsandte; auch Bonn schickte Unterstützung.
Allein alles dies genügte nicht, um die wichtige
Stellung zu behaupten, um welche sich der Erfolg
der Belagerung wesentlich zu drehen schien.
Hätten die von Köln in jener Zeit den Weerth
mit genügender Mannschaft besetzt, statt sich auf
kleine Einfälle in das burgundische Lager und
nutzlose Warnungen zu beschränken'), so würde
die Belagerung kaum so lange gedauert haben.
Statt dessen ging die Insel am 11. August
endgiltig verloren. Der Herzog ließ sie mit
überlegener Mannschaft besetzen und dann oben
und unten mit dem Festlande verbinden: nämlich
mit dem lombardischen Lager durch eine aus
leeren mit Ketten verbundenen Fässern und
darüber gelegten Brettern hergestellte Brücke;
mit dem Lager der Engländer durch einen aus
Holz und Erde aufgeschichteten Damm. Um aber
alle Zufuhr unmöglich zu machen, wurden aus
Holland und Geldern große Schiffe den Rhein
heraus gebracht und um die Insel herum ver
ankert und verkettet, so daß nun die Einschließung
endgiltig vollendet war.
Der niedrige Wasserstand des Rheines kam
den Burgundern dabei wohl zu statten a ). Waren
auch die Verluste, die Herzog Karl durch die
häufigen Ausfälle der Neußer und die steten
Beunruhigungen der Kölner erlitt — man be
zifferte sie Ende August schon auf 2000 Mann^) —,
nicht gering anzuschlagen, so durfte er doch jetzt
') Annalen 49, S. 18 (Nr. 31).
2 ) Basler Chroniken II, 108.
*) Annalen a. a. O. S, 23 (Nr. 40). Neujahrsbl.
f. G. Frankfurts a. a. O. S. 75.
S. Nr. 16.)
hoffen, vor dem Herannahen der Reichshilfe die
Stadt in seine Gewalt zu bekommen.
* -t-
*
Kaiser Friedrich weilte zu jener Zeit in Augs
burg; hier suchten ihn wiederholt Boten der
Stadt Köln auf, um ihn um schleunige Hilfe
zu bitten l 2 ). Er gab auch wiederholt tröstliche
Verheißungen von sich, wie er denn am 22.
August den Kölnern erlaubte, das Reichsbanner
auf ihrem Rathhause und wo es ihnen sonst
gut dünke, aufzupflanzen, und erließ endlich am
27. August das Aufgebot an die Reichsstände,
ihre Truppenkontingente auf Kriegsfuß zu
setzen *). Am folgenden Tage erließ er ein
kaiserliches Abmahnungsschreiben an alle mit
deni Herzog von Burgund zu Felde liegenden
Grafen, Ritter und Städte, nicht fürder dem
selben Beistand zu leisten, das zwar wohl keine
direkte Wirkung hatte, aber doch indirekt zeigte,
daß das Reich sich zu regen begann. Allein bis
zur wirklichen thatkräftigen Hilfe war noch ein
weiter Weg.
Am 26. September verließ der Kaiser nach
Entfaltung des Reichsbanners und Verkündigung
des Reichskrieges die Stadt Augsburg und begab
sich nach Würzburg, wo er die Sammlung des
Reichsheeres abwartete. Diese vollzog sich in
den Monaten Oktober und November allmählich
bei Koblenz nach Ueberwindung der üblichen
mannichfaltigen, im Einzelnen unbedeutenden, im
Ganzen unsäglichen Schwierigkeiten und Hemm
nisse, die sich der Bildung eines damaligen
Reichsheeres in den Weg stellten. Sind es doch
weniger die Fürsten und Reichsstädte als die
kleinen Leute, von denen die Weiterungen aus
gehen, und die ob ihrer steten Weigerung, der
Zahlung von Steuern oder der Stellung von
') Annalen a. a. O. S. 10, 15, 22.
2 ) Chroniken der d. Städte, X, 342.