Mein Liebchen.
Ein Antlitz kenn' ich, bleich und fein,
Von zartem Rot durchhaucht,
Wie wenn des Mondes Silberschein
In Rosenkelche taucht.
Zwei Aeuglein weiß ich, blau und mild
So hold und liebestraut,
Die tiefste Sehnsucht ward gestillt,
Da ich sie angeschaut.
Doch schelmisch wohl der Liebesgott
Im blauen Auge schlief,
Bis um der Lippen süßes Roth
Ein Lächeln wach ihn rief.
Da springt er auf, sein Bogen klirrt,
Frohlockend drückt er los
Und tief ins wunde Herz mir schwirrt
Sein goldenes Geschoß.
Sank Stefan.
Das fünfzigjährige Stiftungsfest deß Corps
Hasfo-Rasfovia zu Marburg.
(Schluß.)
Die Fuchschokolade ist eine Eigenthümlichkeit der
Marburger Korps. Auf dem Marktplatz sitzen an
langen, mit allen möglichen Süßigkeiten bedeckten
Tischen Fuchsmajor und Füchse und trinken Chokolade.
Früh schon um 7 Uhr beginnt diese originelle Kneiperei.
Allmählich finden sich auch die Korpsburschen und
alten Herren ein. Zur Stärkung solcher, welche vom
vorhergehenden Abend einen ganz verhärteten Kater
mitbringen, bietet ein schnell errichtetes Büffet Port
wein und Liqueure. Doch wird meistens Chokolade
vorgezogen. Daß bei dieser stets von zahlreichen
Neugierigen umgebenen Tafelrunde der Humor die
tollsten Blüthen treibt, läßt sich denken. Hierauf
näher einzugehen fehlt Raum und Zeit. Zum Schluß
findet gewöhnlich eine Speisung der umstehenden
Jugend mit den Resten statt, was stets viel Gelächter
erregt. Die Einladung zu dieser Chokolade ergeht
alljährlich für den Morgen des eigentlichen Stiftungs
tages, des 15. Juli, seitens des Fuchsmajors, welcher
auch die Kosten zu tragen hat, zunächst an die Füchse
— daher der Namen — und alsdann an die übrigen
Korpsangehörigen.
Wie immer war die Fuchschokolade auch diesmal
sehr besucht und fidel.
Ein Stiftungsfest ist zwar.hauptsächlich dem Ver
gnügen, zum Theil aber auch ernster Arbeit gewidmet,
zumal ein so seltenes wie das fünfzigjährige. Daher
begab man sich um 9 Uhr zum feierlichen Konvente
nach dem Korpshause. Wichtige Angelegenheiten
waren zu ordnen. Die Berathungen währten lange.
Erst nach 12 Uhr zog unter den Klängen der Musik
das Korps zu „ ÜRortfe“, seinem langjährigen Bier
lieferanten, ulu bei dessen unter Gesang und
Scherz den Frühschoppen einzunehmen. Das solenne
Festessen im Saalbau, welcher kaum die Teilnehmer
fassen konnte, vereinigte späterhin sämmtliche bis dahin
angelangte Korpsbrüder. Wenn eine reichhaltige
Speisefolge, gute Weine, witzige Toaste und Musik
die Stunden eines Festmahles dahinfliehen zu lassen
geeignet sind, so läßt sich dies mit Fug und Recht
von jenem Stiftungsfestessen behaupten. Es schien
allen zu früh, als Festordnung und deren gewissen
hafter Ueberwacher, der erste Chargirte, gegen 6 Uhr
zum Aufbruch mahnten.
Der Festzug sollte sich ordnen. Ein solcher bildet
das der Marburger Einwohnerschaft interessanteste
Schauspiel eines Stiftungsfestes. Aus der mehr oder-
minder zahlreichen Betheiligung der alten Herren am
Zug entnimmt dieselbe das Interesse der früheren
Marburger akademischen Bürger an ihrer alten Hoch
schule und ihrem Korps. Je mehr alte Herren im
bunten Band und Mütze durch die engen Straßen
ziehen, desto großartiger dünkt dem Marburger das
Stiftungsfest. Darum bemüht sich wer nicht an einer
vom Zug berührten Straße wohnt, bereits Tage vor
her um einen Platz, damit ihm das schon so oft,
aber immer mit gleicher Freude gesehene Schauspiel
nicht entgeht. Kopf an Kopf gedrängt erwartet man
auf der Straße und in den Fenstern den Zug. Was
man diesmal zu sehen bekam, lohnte allerdings die
Neugier. Mußte sich doch gewissermaßen das Korps
für die ihm seitens der Bevölkerung entgegengebrachte
Huldigung dankbar erweisen. Darum war der ganze
studentische Pomp eines Festzuges entfaltet worden.
Voran ritt in Koller und Kanonen, die breite drei
farbige seidene Schärpe über der Brust, den gezogenen
Schläger in der Faust, im Cerevis, der Zugführer.
Im folgte, geleitet von Füchsen in voller Kouleur,
ebenfalls mit gezogenen Schlägern, die neue prächtige
Fahne. Stolz saß ihr Träger auf dem muthigen
Rappen. Die Jägerkapelle in Uniform ließ den
Hessen-Nassauer-Marsch ertönen. Die Chargirten,
ebenfalls hoch zu Roß, die Vertreter der befreundeten
Korps, begleitet von den Korpsburschen, die Aktiven,
die alten Herren, ein zweites Musikkorps, immer
wieder alte Herren, eine schier unübersehbare Anzahl,
endlich kamen die Füchse in den kleidsamen grünen
Kneipjacken, Koller, Kanonen und Cerevis, eine der
Tete entsprechende Reiternachspitze, so bewegte sich der
Zug durch die Hauptstraßen der Stadt, überschüttet
mit einem Blumenregen, überall mit lebhaften
Ovationen begrüßt. Es mochte wohl einer der statt
lichsten studentischen Aufzüge sein, den Marburg bis
dahin gesehen.
Ein allem Vorangehenden entsprechender Kommers
schloß den Haupttag des Festes. Nicht ohne Be--
sorgniß hatte der Festausschuß erwogen, ob der
weite, prachtvoll dekorirte Raum des Saalbaus für
alle Erschienenen ausreichen werde. Das Korps